Die heutige Premiere von Giuseppe Verdis erster Oper "Oberto conte di San Bonifacio" ist der Startschuss für einen neuen Zyklus mit Verdis Frühwerk, der das künstlerische Profil der Heidenheimer Opernfestspiele weiter schärft. Es kommen nicht nur alle frühen Verdi-Opern in chronologischer Abfolge zur Aufführung. Festspieldirektor Marcus Bosch verfolgt mit dieser Reihe auch die dezidierte Idee, den speziellen Aufführungsbedingungen der Verdi-Zeit mit einem internationalen Sängerensemble und der von ihm gegründeten "Cappella Aquileia" nachzuspüren und in die Wiedergabe einfließen zu lassen.
Während die Hauptproduktion mit Opernklassikern open air im Rittersaal von Schloss Hellenstein das große Publikum bindet, wendet sich die Verdi-Reihe an Neugierige und interessierte Opernspezialisten. Das speziell auf das Festspielhaus zugeschnittene Produktionskonzept mit jungen Sängern und Regisseuren gibt den Opernfestspielen einen zusätzlichen Akzent, mit dem die Heidenheimer ihr Renommee als eines der ältesten Opernfestspiele Deutschlands weiter ausbauen. Die Präsentation von "Wiederentdeckungen" verfolgt in den kommenden Jahren eine zusätzliche Linie im Festivalangebot, zu dem auch Jazz, Chor-, Kammermusik- und Orchesterkonzerte zählen. Woong-jo Choi singt die Titelrolle des Oberto. Adrian Dumitru ist als Riccardo zu erleben. Anna Princeva gibt die Rolle der Leonora, Katerina Hebelkova den Gegenpart Cuniza. Daniela Baňasova übernimmt die Rolle der vertrauten Imelda. Mit dem Tschechischen Philharmonischen Chor Brünn steht ein auf höchstem Niveau agierender Opernchor zur Verfügung.
Als musikalischen Partner hat Marcus Bosch die "Cappella Aquileia" zur Verfügung. Seit der Gründung 2011 wird vielfach attestiert, dass das Orchester als Botschafterin der Festspiele für außerordentliches künstlerisches Niveau steht. Die Bedingungen der Entstehungszeit haben die "historisch informierten" Musiker immer im Blick. Bei den Verdi-Opern kommen Nachbauten historischer Instrumente wie Ventilposaunen zum Einsatz. Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, hinsichtlich Besetzung, Instrumentarium, Fragen der Phrasierung und Artikulation etc. die Musizierweise der Uraufführung zu reflektieren und dem Werkstatt-Gedanken der neuen Verdi-Reihe Rechnung zu tragen.
Verdi komponierte seinen Opernerstling "Oberto" mit 23 Jahren und riskierte eine wirtschaftlich nicht abgesicherte Existenz in Mailand, um als Opernkomponist zu reüssieren. Drei Jahre später kam der "Oberto" schließlich an der Mailänder Scala heraus. Mit 14 Vorstellungen und einer Wiederaufnahme sowie dem Auftrag für die Komposition von drei weiteren Opern war dem jungen Verdi sein Einstieg ins Operngeschäft gelungen. Der Weg, der bedeutendste italienische Opernkomponist des 19. Jahrhunderts zu werden, war frei. Das Ritterdrama "Oberto" mit seiner typischen Vater-Tochter-Beziehung ähnelt jenen Konstellationen späterer Verdi-Opern: Eine rein empfindende junge Frau verliebt sich in den politischen Feind. Oberto will diese Schmach rächen, was tödlich endet. Regisseur Tobias Heyder sieht im dominanten Vater Oberto eine Mischung aus Rigoletto und Amonasro. Trotz der wahrnehmbaren Vorbilder Bellini und Donizetti bezeugen schnelle Stimmungswechsel und dramatische Zuspitzung, wie auch spannungsgeladene Chöre und schlichte, doch emotional aufgeladene Gesangskantilenen bereits den späteren Meister. Der Ton des "Oberto" ist unverkennbarer Verdi.
Deutschlandradio Kultur sendet die Premiere zeitversetzt am Samstag, 6. August ab 19.05 Uhr. Ein weiterer Aufführungstermin ist am Samstag, 6. August - ebenfalls um 20 Uhr im Congress Centrum Heidenheim.