Das Beethoven-Archiv im Bonner Beethoven-Haus hat einen weiteren Band der Gesamtausgabe vorgelegt. Er erschließt die Studienarbeiten, die Beethoven als Schüler von Haydn, Albrechtsberger und Salieri verfasste.
In der Neuen Gesamtausgabe der Werke Beethovens ist mit den „Kompositionsstudien bei Joseph Haydn, Johann Georg Albrechtsberger und Antonio Salieri“ ein weiterer Band erschienen. Die von Julia Ronge, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsstelle Beethoven-Archiv, vorlegte Ausgabe in drei Teilbänden nimmt in der Gesamtausgabe eine Sonderrolle ein: Es handelt sich nicht um eine Werk-Edition im herkömmlichen Sinne, sondern um die historisch-kritische Erschließung der Studienarbeiten Beethovens. Beethoven bewahrte das Material aus seiner Lehrzeit trotz seiner manchmal chaotisch anmutenden, mit etwa vierzig Wohnortwechseln verbundenen Lebensführung recht sorgfältig auf. Sicherlich schätzte er es als Selbstdokumentation eines offenbar prägenden Lebensabschnitts, als Zeugnis der Wertschätzung seiner Lehrer und nicht zuletzt auch als wertvolles Lehrkompendium, das ihm später potenziell für seinen eigenen Kompositionsunterricht didaktische Orientierung bieten konnte.
Diese komplexen Quellen werden nun erstmals in einer wissenschaftlich-kritisch kommentierten Edition der Öffentlichkeit vorgestellt. Eine in der Forschung bislang wenig durchleuchtete Lebensphase und deren schöpferisch lebendige Spuren werden hier nun vollständig zugänglich gemacht. Die Editionsarbeit wurde durch die Fritz Thyssen Stiftung, der Druck durch die VG Musikedition gefördert. Der Band wird am 19. August um 18 Uhr im Rahmen der nächsten "Editoren-Werkstatt", die gleichzeitig die Vernissage zur neuen Sonderausstellung ist, von der Herausgeberin Julia Ronge vorgestellt.
Obwohl Beethoven schon einige eigenständige Kompositionen vorgelegt hatte, unterzog er sich 1793–1795 und 1801 einer Ausbildung bei den seinerzeit besten, über die Grenzen Wiens hinaus hoch geachteten Lehrern Joseph Haydn (1732–1809), Johann Georg Albrechtsberger (1736–1809) und Antonio Salieri (1750–1825). Entgegen den gängigen Beethoven-Legenden bezeugen die Quellen aus Beethovens Wiener Lehrzeit seinen großen Eifer, seinen Fleiß und sein Engagement bei der Bewältigung der ihm gestellten Aufgaben. Auch die angeblichen Spannungen zwischen Lehrern und Schüler sind aus den Quellen nicht abzuleiten.
Alle Quellen (307 Seiten Notentext) wurden lückenlos übertragen, und wo die Lehrerhand korrigierend eingriff, mit einer zusätzlichen Farbe versehen, um die Korrektur transparent zu machen. Ein umfangreicher Abbildungsteil (201 Seiten) ermöglicht es, die Übertragungen nachzuvollziehen. Schließlich liefert der Kritische Bericht einen ausführlichen wissenschaftlichen Kommentar.
Die Neue Beethoven-Gesamtausgabe erscheint im G. Henle Verlag in München und ist über den Buch- und Musikalienhandel zu beziehen.
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