Die Nachfrage nach Live-Aufführungen klassischer Musik wird in den nächsten 30 Jahren um etwa 36 Prozent zurückgehen, wenn Kinder und Jugendliche nicht wesentlich stärker an die Klassik herangeführt werden, als es gegenwärtig der Fall ist. Dies kann im erforderlichen Umfang nur von der Schule geleistet werden und muss insbesondere über die Erlernung eines Musikinstruments erfolgen. Dies ist das zentrale Ergebnis einer aktuellen wissenschaftlichen Arbeit der Universität St. Gallen, vorgelegt von Thomas K. Hamann.
Des Weiteren wird festgestellt, dass alle anderen Mittel, die Heranwachsenden für die klassische Musik zu interessieren, weniger geeignet sind. Sowohl die Steigerung der Rezeption von Klassik als auch die musikpädagogischen Programme der Orchester, Kinder und Jugendliche beispielsweise durch Teilnahme an Proben und durch Instrumentenpräsentationen an die klassische Musik heranzuführen, sind weniger wirkungsvoll und können deshalb nur ergänzend eingesetzt werden. Empfohlen wird ein auf Bundesebene koordiniertes, systematisches Vorgehen der Politik, etwa ein Drittel aller Schulanfänger zum Erlernen eines Musikinstruments zu bewegen. Die Grundlage hierfür könnte mit einer Festschreibung in den Lehrplänen geschaffen werden, die das Bekanntmachen der Schüler mit verschiedenen Instrumenten und das angeleitete Spielen darauf in den ersten Schuljahren vorsieht. Auch auf die bereits vor einiger Zeit in der so genannten "Bastian-Studie" belegten positiven Auswirkungen des eigenen Musizierens auf die gesamten schulischen Leistungen weist die Untersuchung vor dem Hintergrund von PISA hin.
"Zum ersten Mal liegt eine umfassende wissenschaftliche Untersuchung vor, die einerseits belegt, dass der von vielen Orchestern eingeschlagene Weg im Bereich der musikpädagogischen Arbeit der richtige ist", meint Gerald Mertens, Geschäftsführer der Deutschen Orchestervereinigung. "Andererseits zeigt sie, dass die Zukunft der klassischen Musik nicht allein durch die Orchester und Opernhäuser gesichert werden kann. Diese können die Kinder und Jugendliche zwar ab einem bestimmten Zeitpunkt betreuen, doch die Grundlagen muss die Bildungs- und Kulturpolitik durch die Einrichtung eines regelmäßigen Instrumentalunterrichts an den Schulen legen. Dies ist auch angesichts der schwindenden musischen Erziehung im Elternhaus notwendig. Nur im Verbund von Bildungspolitik, Kulturpolitik und Kulturträgern kann die große Herausforderung, klassische Musik auch für nachfolgende Generationen zu erhalten und zugänglich zu machen, zum Erfolg geführt werden", sagt Mertens abschließend.
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Quelle
http://www.dov.org