Die beiden Komponisten Daniel Ott und Manos Tsangaris übernehmen gemeinsam die künstlerische Leitung der Münchener Biennale – Internationales Festival für neues Musiktheater 2016. Das hat der Kulturausschuss des Münchener Stadtrats heute einstimmig beschlossen.

„Mit Daniel Ott und Manos Tsangaris berufen wir zwei renommierte Komponisten und erfahrene Spezialisten für den Bereich des neuen Musiktheaters, die in der Fachwelt hoch angesehen sind. Sie verfügen über große breitgefächerte Netzwerke und sind auf die Verwirklichung ungewöhnlicher Musiktheaterformate spezialisiert. Es ist zudem ein Glücksfall, dass sie seit 15 Jahren in zahlreichen unterschiedlichen Projekten zusammengearbeitet und dabei die notwendige Praxis bei der gemeinsamen Entwicklung von Konzepten, ihren Absprachen und Umsetzung von Vorhaben entwickelt haben. Sie können gerade in ihrer Teamkonstellation das Anforderungsprofil für dieses Festival in besonderem Maße abdecken. Mit ihnen wird die Münchener Biennale einen Weg gehen, der Bewährtes und Neues auf anregende und zukunftsweisende Art verbindet“, so Dr. Hans-Georg Küppers, Kulturreferent der Landeshauptstadt München.

Der Schweizer Komponist Daniel Ott, Professor für Komposition und experimentelles Musiktheater an der Universität der Künste in Berlin, ist Spezialist für interdisziplinäre, raum- und landschaftsbezogene Arbeiten. Seine Projekte zeichnen sich dadurch aus, dass sie mit großer Präzision spezifisch für bestimmte Orte konzipiert werden und die Besonderheiten der jeweiligen Lokalität miteinbeziehen. Sie wenden sich grundsätzlich an ein breites interessiertes Publikum. Er hat darüber hinaus enorme Erfahrung mit großformatigen Projekten. So komponierte er beispielsweise die Musik für den Schweizer Pavillon von Peter Zumthor auf der Expo 2000 Hannover (Aufführung mit insgesamt 360 Musikern während 153 Tagen, 12 Stunden täglich). Zu den zahlreichen Orten, an denen er große musiktheatrale Performances realisiert hat, gehören unter anderem der Basler Hafen, Autobahnraststätten in der Nähe von Berlin sowie das Ufer der Ruhr. Unter anderem komponierte er 2009 für die Staatsoper Stuttgart die Zeitoper "Paulinenbrücke". Durch seine Professorentätigkeit, aber auch als Leiter der KlangKunstBühne Berlin und als Mitglied des Leitungsteams des Festivals „Neue Musik Rümlingen“ verfügt er über langjährige Erfahrung bei der Konzipierung und Realisierung von spartenübergreifenden experimentell und interdisziplinär angelegten Musiktheaterprojekten.

Manos Tsangaris, Professor für Komposition an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber in Dresden, zählt zu den international bekannten deutschen Komponisten. Von den Donaueschinger Musiktagen über das Ultima Festival in Oslo bis hin zum Warschauer Herbst reicht die Bandbreite der Festivals, auf denen er vertreten ist. Dabei umfasst sein Schaffen nicht nur kompositorische Werke und Musiktheater, sondern auch installative und bildnerische Werke sowie Prosa und Gedichte. Seine Vielseitigkeit äußert sich unter anderem darin, dass er nicht nur über viele Jahre hinweg künstlerischer Berater der Intendanz am Kölner Schauspielhaus war, sondern dass seine installativen und bildnerischen Arbeiten regelmäßig von Galerien im In- und Ausland gezeigt werden. Durch sein umfangreiches Wissen und seine Erfahrung in den verschiedenen Sparten der zeitgenössischen Künste gilt er international als höchst gefragter Dozent für transdisziplinäres Komponieren. Er lehrt unter anderem seit 2004 bei den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt und ist aktuell Artist in Residence der Zürcher Hochschule der Künste. Er ist sowohl ordentliches Mitglied der Akademie der Künste, Berlin als auch der Sächsischen Akademie der Künste. Sein Spezialgebiet ist die Entwicklung von außergewöhnlichen Musiktheaterformaten.

“Wir freuen uns sehr, dass uns seitens der Stadt München und des Kulturreferats das Vertrauen entgegengebracht wird, die Münchener Biennale 2016 zu leiten und zu gestalten. Sie ist ein internationaler Leuchtturm des Neuen Musiktheaters und in ihrer Bedeutung kaum hoch genug einzuschätzen. Wir möchten die Tradition der großen Ereignisse und Aufführungen fortsetzen, beabsichtigen aber auch, neue, alternative Formate einzuführen. Heute öffnet sich das Spektrum dessen, was mit Musiktheater bezeichnet wird, auf noch nie dagewesene Weise: Experiment, künstlerische Forschung, Installation, Environment, Perfomance usw. ermöglichen neue Ansätze der ästhetischen Entwicklung und der Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Realitäten. Zwar wird die tradierte Produktionsform (Libretto, Komposition, Regie und Ausstattung) langfristig auch weiterhin Bestand haben, aber es ist notwendig und an der Zeit, Alternativen zuzulassen! In diesem Zusammenhang beabsichtigen wir auch, das reichhaltige Potential der in München ansässigen Kunstschaffenden, Ensembles, freien Gruppierungen und der einschlägigen Institutionen mit einzubinden. Internationale Ausrichtung, Weiterentwicklung des Werkstatt-Gedankens und lokale Verwurzelung könnten einen innovativen und vieldimensionalen Raum öffnen, der insbesondere Nachwuchskräften weiterhin ermöglicht, das Musiktheater der Zukunft zu erfinden”, so Daniel Ott und Manos Tsangaris.

Die Münchener Biennale – Internationales Festival für Neues Musiktheater ist weltweit einzigartig und gilt als eine der renommiertesten Veranstaltungen im Bereich der zeitgenössischen Musik. Seit 1988 wurden mehr als 87 Musiktheaterwerke in Auftrag gegeben und uraufgeführt. Das Festival wurde von Hans Werner Henze gegründet und bis 1996 geleitet; seitdem ist Peter Ruzicka künstlerischer Leiter der Münchener Biennale. Auch 2012 erhielten Biennale-Produktionen sechs Nominierungen für die beste Uraufführung des Jahres der Zeitschrift Opernwelt.

"Ich sehe in der Berufung des neuen künstlerischen Leitungsteams Daniel Ott / Manos Tsangaris für die Münchener Biennale ab 2016 eine gute Richtungsentscheidung. Denn beide Leiter stehen ein für einen fortschrittlichen Musiktheaterbegriff, der sich gegen aufkommende Tendenzen der Restauration zu behaupten weiß. Die Münchener Biennale soll auch künftig Auftragswerke vergeben, die den Stand der aktuellen Produktion spiegeln und auch dem künstlerischen Experiment der jungen Komponistengeneration ausreichenden Raum geben. Denn gerade in Grenzüberschreitungen hat das Musiktheater immer wieder seine besondere Stellung unter den darstellenden Künsten zu markieren gewusst. Ich bin sicher, dass die ’Doppelspitze’ Ott / Tsangaris ab 2016 einen in dieser Sicht erfolgreichen Weg beschreiten wird", kommentiert Peter Ruzicka die Entscheidung.

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