Der Bayerische Musikrat befasste sich in seiner Jahresarbeitstagung 2005 mit Kooperationen zwischen allgemein bildenden Schulen und Vereinen/Verbänden, Orchestern/Theatern, Ausbildungsstätten, Musikschulen, Kirchenmusikern und freien Musikerziehern. Vertreter all dieser Institutionen kamen überein, dass künftig deren Zusammenarbeit in einem „Netzwerk Musik“ unabdingbar ist, um eine qualifizierte musische Erziehung weiterhin aufrechterhalten und auch für die neuen pädagogischen Formen der Mittags-/Nachmittagsbetreuung oder des freien Projektunterrichts die erforderlichen Angebote bereitstellen zu können.

Impulsreferenten aus anderen Bundesländern berichteten von ihren diesbezüglichen Erfahrungen. So richtete der Landesmusikrat Niedersachsen im Benehmen mit seinen Mitgliedsverbänden regionale Kontaktstellen für Musik ein, um einen „an Musikkultur orientierten Musikunterricht an allgemein bildenden Schulen aufzubauen“, wie LMR-Präsident Prof. Dr. Karl-Jürgen Kemmelmeyer in seinen Ausführungen hervorhob. Das Niedersächsische Modell sieht eine Kooperation zwischen Musikvereinen/-verbänden, Musikschulen, Kirchenmusikern und allgemein bildenden Schulen vor; kooperiert wird auf den fünf Sachgebieten Musiziertag an Grundschulen, Schulen musizieren, freie Musikprojekte, Theater-/Orchesterangebote für Schulen und Schulkonzerte. Darüber hinaus koordinieren die Kontaktstellen die Bläserklassen, das Musikmobile (für Rockmusik) und die Hochbegabtenförderung. Eine Kontaktstelle setzt in Niedersachsen mindestens zwei, besser drei Kooperationspartner voraus, von denen einer zwingend die Musikschule sein muss. Die Kooperationen werden beim LMR eingereicht, der diese begutachtet und bis maximal 4.000 ¤ aus zugewiesenen Landesmitteln fördern kann. Durch diese Landesmittelvergabe haben die Verbände die Möglichkeit, selbst die Musikkultur in ihrem Bereich zu entwickeln und über deren Gremien in eigener Regie darüber zu befinden. Die Niedersächsische Landesregierung verspricht sich davon eine Stärkung des ehrenamtlich-bürgerschaftlichen Engagement und eine Straffung der Verwaltungsabläufe, da es das Land durch den LMR nur noch mit einem einzigen Ansprechpartner zu tun hat, der zugleich die Verwendungsnachweise über den auf vier Jahre budgetierten Förderetat erbringt.

Auch in Nordrhein-Westfalen wurden Stadt- und Kreismusikverbände als Orte gesellschaftspolitischer Integration ins Leben gerufen. Dort hatte das Land Ziel- und Förderungsvereinbarungen mit dem LMR und seinen Mitgliedsverbänden geschlossen, um insbesondere überregionale Veranstaltungen zu koordinieren. Wie jedoch der Geschäftsführer des Verbands Deutscher Musikschulen, Matthias Pannes, in seinem Tagungsreferat zu berichten wusste, stagnierte das Projekt Ende der 1990er-Jahre auf halbem Weg – der LMR hofft nun auf die neue Landesregierung.

Sehr weit gediehen sind Kooperationsprojekte in Rheinland-Pfalz im Zusammenhang mit dem dortigen Ganztagsschulenkonzept, Johannes Jung, Ganztagsschulreferent im Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend des Landes Rheinland-Pfalz erläuterte die Öffnung des Personalwesens als Zentralelement für den Erfolg der Maßnahmen. So können sich die Schulen in Rheinland-Pfalz das Personal für den zusätzlichen Unterricht frei aussuchen; die Personalauswahl ist nicht an eine Schulbehörde oder das Kultusministerium gebunden.
Aus Bayern wurden zwei Modellprojekte für vorbildliche Kooperation durch schulische und außerschulische Kulturträger vorgestellt: Das musische Netzwerk am Nikolaus-Kopernikus-Gymnasium in Weißenhorn, konzipiert von Jochen Schwarzmann und das Netzwerk Musik am bayerischen Untermain – eine Initiative von Stefan Claas. Beide best-practice-Beispiele wurden außerordentlich gewürdigt – allerdings zeigte schon hier die Diskussion im Plenum den Bedarf nach einer professionellen und kompetenten Koordinationsstelle auf, welche derartige Projekte bündelt, darüber informiert, andernorts anregt und beratend zur Seite steht.

In drei Arbeitskreisen kristallisierte sich dieser Bedarf noch schärfer heraus. Unter der Leitung von MD Josef Erhard (Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus) hielt die Arbeitsgruppe, welche sich mit den allgemein bildenden Schulen befasste, die Kooperation mit außerschulischen Musikbildungsträgern für unabdingbar. Bereits bestehende Projekte müssen koordiniert werden; zusätzliche Maßnahmen, welche insbesondere für die Mittags- und Nachmittagsbetreuung erforderlich sind, sollten durch einen Mindestqualifikationsstandard definiert werden. Diese Qualifizierungen setzen wiederum ein gezieltes Fortbildungsprogramm voraus, welches ebenfalls initiiert, konzipiert, koordiniert und durchgeführt werden muss. Auch der Kulturreferent der Stadt Bamberg, Bgm. Werner Hipelius kam in seinem Arbeitskreis zu dem Ergebnis, dass Synergiebildungen in einer professionell geführten Koordinationsstelle zusammenlaufen müssen. Dies war auch das Resultat der von Prof. Kemmelmeyer geleiteten Arbeitsgruppe „Kooperationen zwischen musikalischen Bildungsträgern untereinander“, welche überdies einen Moderationsbedarf erkannt hat, der durch eine externe, neutrale und zentrale Arbeitsstelle abzudecken ist.

Übereinstimmend stellten die Tagungsteilnehmer fest, dass ein „Netzwerk Musik“ bei der Durchführung von Einzelmaßnahmen nicht stehen bleiben darf. Vielmehr ist eine professionelle Zentrale im Sinne einer Landesstelle für Musik und musikalische Bildung notwendig, um insbesondere die musikpädagogische Fort- und Weiterbildung zu koordinieren. Die Fachkompetenz des Bayerischen Musikrates und seiner Mitgliedsverbände sollte dabei genutzt werden. Dies unterstrich auch der Präsident des Deutschen Musikrates, Martin Maria Krüger, in seinem Schlusswort.

Martin Neumeyer als bei der Tagung anwesender Vertreter des Ausschusses für Hochschule, Forschung und Kultur im Bayerischen Landtag und Bezirkstagsvizepräsident Ludwig Spreitzer – zugleich Vorsitzender des Fachausschusses Kultur des Verbands bayerischer Bezirke - standen diesem Vorhaben aufgeschlossen gegenüber, desgleichen MD Josef Erhard. Die Tagung schloss mit einem Appell des BMR an den Freistaat, für solch eine künftige Landesstelle die nötige Unterstützung zu gewähren und die erforderlichen Mittel bereitzustellen. Darüber hinaus wird das Kultusministerium zur Umsetzung der Ergebnisse dieser Arbeitstagung zeitnah die beteiligten Gruppierung in Abstimmung mit dem BMR einladen. BMR-Präsident Wilfried Anton wie auch Präsidiumsmitglied Burkard Fleckenstein und Generalsekretär Dr. Jörg Riedlbauer begrüßten das Tagungsergebnis. „Zurückgehende Finanzmittel, Veränderungen in der Bildungslandschaft oder ein verändertes Freizeitverhalten der Kinder verlangen nach Rahmenbedingungen, die sich an den vorhandenen Ressourcen orientieren. Kinder und Jugendliche müssen jenseits von Eigeninteressen einzelner Musikbildungsträger zu vertiefter Beschäftigung mit Musik angeregt werden. Entsprechend sind alle Möglichkeiten von sinnvoller und erfolgversprechender Kooperation im Sinne eines künftigen ‚Netzwerks Musik’ zu nutzen“, so der BMR.

Verfasser: Dr. Jörg Riedlbauer