Die deutschen Musikverleger haben erhebliche Existenzsorgen, weil immer mehr Musik unerlaubt kopiert wird. Während Musikstücke häufig illegal gebrannt bzw. aus dem Internet heruntergeladen werden, kopieren viele Chöre und Orchester ihre Noten einfach selber, ohne zu wissen, dass sie sich damit rechtswidrig verhalten. So fehlt das Unrechtsbewusstsein dafür vielfach. Dieses millionenfache illegale Kopieren fügt den Komponisten und Textdichtern Schaden in Millionen Euro-Höhe zu und gefährdet die musikalische Vielfalt in Deutschland. Das berichtete die Präsidentin des Deutschen Musikverleger-Verbandes (DMV), Dagmar Sikorski, auf der Jahresversammlung des Verbandes, dem über 500 Verlage mit einem Gesamtumsatz von über 400 Millionen Euro angehören. Nach den Worten von Dagmar Sikorski mache das illegale Kopieren von Noten es den Verlagen immer schwieriger, jungen Komponisten die Veröffentlichungen ihrer Kompositionen zu finanzieren. Umsatzrückgänge bei den Chorverlagen um bis zu 60 Prozent machen die Dramatik deutlich.

Es drohen Freiheitsstrafen
Das Gesetz ist eindeutig: Kopieren bzw. Vervielfältigung von geschützten Noten ohne Genehmigung des Rechtsinhabers ist rechtswidrig und somit illegal. “Wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk oder eine Bearbeitung (...) vervielfältigt (...), wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Bereits der Versuch ist strafbar.“ (§ 106 UrhG)

Die Verlage erzielen mit Noten einen Gesamtumsatz von 60 Millionen Euro. Dagmar Sikorski appellierte an die Orchesterchefs, Chöre und an die Verantwortlichen auch in anderen betroffenen Bereichen, z.B. Kirchen, dem ruinösen Vervielfältigen von Noten zum Nulltarif Einhalt zu gebieten und die „Spielregeln zu beachten“. Dazu gehöre auch, dass beispielsweise einzelne Lieder und Texte aus den amtlichen Gesangsbüchern ausschließlich für den Gemeindegesang im Gottesdienst oder in gottesdienstähnlichen Veranstaltungen, z.B. Trauungen und Taufen, kopiert und vervielfältigt werden dürfen, außerhalb dessen jedoch sei die Verwendung von Kopien nicht gestattet. Häufig werde auch vergessen, dass es verboten ist, bei öffentlichen Aufführungen aller Art aus kopierten Noten zu spielen und zu singen.

Im letzten Jahr erschienen über 30.000 Ausgaben
Die deutschen Musikverlage veröffentlichten im letzten Jahr über 30.000 neue Notenausgaben und Musikbücher. Die Schwerpunkte dabei sind Instrumentalschulen für Klavier, Violine und Blockflöte sowie Gitarre und in jüngster Zeit verstärkt Keyboard. Die Chorliteratur ist nicht zuletzt auf Grund des in diesem Bereich besonders stark ausgeprägten missbräuchlichen Kopierens auf 5 % Anteil am gesamten Notenbestand zurückgegangen. Insgesamt haben die deutschen Musikverlage in ihren Katalogen über eine halbe Million Notenausgaben und Musikbücher und damit einen hohen Anteil an den weltweit lieferbaren Musikalien. Diese Vielfalt ist nach Einschätzung von Dagmar Sikorski wohl weltweit einmalig und darf nicht leichtsinnig gefährdet werden, da damit das „Kulturgut Musik“ keinen Schaden erleide, der sich neben der kreativen Schwächung auch in einem Abbau von Arbeitsplätzen in der Musikbranche zeige.

Protest gegen Tonträger-Multis
Große Sorgen machen sich die deutschen Musikverleger auch über die Planungen der deutschen Tonträgerindustrie, die Lizenzierung von CDs um 40 Prozent zu reduzieren. Prominente Autoren, wie z.B. Marius Müller-Westernhagen, Xavier Naidoo, Nena, Rolf Zuckowski, Heinz-Rudolf Kunze, Michael Holm, Klaus Doldinger, sowie Christian Bruhn, Martin Böttcher und James Last gehören zu den über 3.000 Unterzeichnern einer Protest-Resolution gegen die Pläne der deutschen Tonträgerfirmen. Dagmar Sikorski sprach von einer Schikane der Industrie, die jedem moralischen und jedem demokratischen Verhaltens entbehre. Die existenzgefährdende Reduzierung der Einkünfte treffe die Musik-Autoren in einer Zeit, in der sie bereits durch die Absatzkrise des deutschen Tonträgermarktes erhebliche Einkommensverluste hinnehmen müssen. Außerdem leide das nationale Repertoire unter den Konzentrationsprozessen der global agierenden Konzerne und deren drastischen Sparmaßnahmen. Ohnehin gebe es nur knapp einen Euro vom Händlerabgabepreis einer CD für die Kreativen, die die Musik geschrieben haben.

Verband wird 175 Jahre alt
Die Sorgen um die Zukunft der Musikkultur und der musikalischen Bildung begleiten auch das 175-jährige Bestehen des Deutschen Musikverleger-Verbandes, das am 29. September unter der Schirmherrschaft von Innenminister Otto Schily in Berlin als Benefiz-Veranstaltung begangen wird. Die DMV-Präsidentin: “Gerade in Zeiten zunehmender Einsparungen und Einschnitte im öffentlichen Musikleben sowie besonders auch in der Vernachlässigung der schulischen Musikerziehung leisten Musikverlage einen großen Beitrag zur kulturellen Vielfalt in Deutschland. Daher ist es uns ein besonderes Anliegen, in unserem Jubiläumsjahr einen Beitrag zu leisten, mit dem der Nachwuchs gefördert werde. Der Deutsche Musikpreis, der während der Jubiläumsveranstaltung treuhänderisch an eine Persönlichkeit des deutschen Musiklebens übergeben wird, trägt dem Rechnung.“