„Der Tag der Hausmusik am 22. November muss zu einem festen Bestandteil der musikalischen Bildung werden.“ Das forderte Dr. Heinz Stroh, Geschäftsführer der Musikverbände in Bonn. Die Aufmerksamkeit, die der 22. November in diesem Jahr erfährt – an diesem Tag soll auch die neue Bundesregierung ihr Amt antreten – soll auch auf den Tag der Hausmusik gelenkt werden.

Bundesweit werde in Hunderten von Konzerten an diesem Tag auf die Faszination des Musizierens hingewiesen. Doch die Wirklichkeit stelle sich anders dar, so Dr. Stroh: es gebe bei den Musikschulen lange Warteschlangen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die gern ein Instrument erlernen möchten, auf der anderen Seite hätten die Musikschulen mit erheblichen Etatkürzungen zu kämpfen. Auch die Situation des Musikunterrichts an den allgemein bildenden Schulen sei besorgniserregend. „Bundesländer und Kommunen müssen trotz finanzieller Engpässe stärker in den Musikunterricht investieren“, erklärte Stroh. In den Elternhäusern sollte wieder mehr Wert darauf gelegt werden, dass Kinder ein Instrument erlernen.

Auch Bundespräsident Horst Köhler gab ein Plädoyer für das Musizieren ab: „Musikalische Bildung fördert die Entwicklung von Kindern zu eigenständigen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten. Musikalische Bildung ist deshalb keine private Nebensache. Musikalische Bildung muss zu den Selbstverständlichkeiten gehören, wie das Lernen von Lesen, Schreiben und Rechnen. Musikalische Bildung braucht breiteste gesellschaftliche Unterstützung.“

In der Musik und im Gesang kämen Gefühl und Geist, Seele und Körper zu einer Einheit. Und deshalb könnten sie auch all die menschlichen Empfindungen wie Freude, Hoffnung, Liebe, Angst, Schmerz und Trauer so gut zum Ausdruck bringen. Der Mensch sei mehr als ein Konglomerat intellektueller und motorischer Fähigkeiten. Gerade deshalb sei die musikalische Bildung von Kindern so wichtig.

Dagmar Sikorski, Präsidentin des Deutschen Musikverleger-Verbandes (DMV) appellierte an die Kommunen und Kultusminister der Länder, sicher zu stellen, dass die junge Generation nicht den Kontakt zur Musik verliert. Da bereits in den Grundschulen kein kontinuierlicher Musikunterricht mehr gegeben werde, gehe Basiswissen über Musik verloren.

„Die Jungen und Mädchen können den Gewinn durch Musik nicht mehr beurteilen und werden darum auch in den Schulen immer mehr den Musikunterricht ignorieren. Durch die drastischen Kürzungen in Kulturetats wird der Musikunterricht inzwischen immer mehr zum Stiefkind der Lehrpläne“, so Dagmar Sikorski.

Bündnisse für den Musikunterricht geschlossen
Gerade in Zeiten zunehmender Einsparungen, Einschnitte im öffentlichen Musikleben und Vernachlässigung der schulischen Musikerziehung leisteten Musikverlage einen großen Beitrag zur kulturellen Vielfalt in Deutschland. Verleger haben zusammen mit anderen Organisationen und Verbänden, aber auch mit den Medien in mehreren Bundesländern "Bündnisse für den Musikunterricht" geschlossen. „Die große Resonanz dieser Bündnisse hat uns ermutigt, auch weiterhin bundesweit für die Erhaltung des Musikunterrichts zu kämpfen. Denn nur so wird die junge Generation selbst die besondere Faszination von Musik erleben“, erklärte die DMV-Präsidentin.

Sieben Millionen Menschen aktiv in der Musik
Nach Angaben des Deutschen Musikinformationszentrums (MIZ) in Bonn sind mehr als sieben Millionen Menschen in Orchestern und Ensembles, Rock- und Jazzgruppen aktiv oder singen in Chören, darunter drei Millionen Kinder und Jugendliche. Auch der Besuch von Musikveranstaltungen ist nach wie vor ungebrochen. Allein die Konzerte der öffentlich geförderten Symphonieorchester wurden im letzten Jahr von fast vier Millionen Menschen besucht. Hingegen ist die Zahl der Klangkörper von 168 im Jahr 1992 auf 135 zurückgegangen. Die Dichte der Musikfestivals verdoppelte sich im gleichen Zeitraum.

Zahlreiche Aktionen, die von den Musikverbänden mitinitiiert wurden, unterstreichen diese Zahlen:

School of Rock
Deutsche Musikfachhändler haben eine „School of Rock“-Kampagne in Baden-Württemberg gestartet. Angelehnt an den gleichnamigen Kino-Erfolg aus den USA, in dem ein Rockmusiker als Lehrer eine Schulklasse zur Rockband macht, soll dieses Projekt Schulklassen Lust auf Musik machen. Interessierte Schulklassen erhalten einen Band-Unterricht durch ein kompetentes Dozententeam, bestehend aus erfahrenen Musiklehrern, Musikern und Manager. In ein bis zwei Schulstunden wird so aus einer Klasse eine „Klassenband“, die einen Song einstudiert hat (auch dann, wenn kein Schüler vorher ein Instrument spielen konnte!). Mehrere Schulklassen aus der Region Pforzheim haben an diesem Projekt teilgenommen - die Nachfrage überstieg dabei bei weitem die Möglichkeiten.

SchoolJam
Schon zum dritten Mal findet das Finale des SchoolJam-Wettbewerbs, bei dem auch der Gesamtverband Deutscher Musikfachgeschäfte (GDM) beteiligt ist, im Rahmen der Frankfurter Musikmesse 2006 statt. Das Finale des bundesweiten Schülerwettbewerbs wird wieder junge Talente zu Tage fördern, die regionalen Ausscheidungsrunden und dem Internet-Voting auf MTV.de die Endrunde erreicht haben.. Dabei geht es um ansehnliche Preise: Der Hauptgewinner des Abends darf zum Beispiel als Opening Act bei „Rock am Ring“ auftreten.

Ein Anfang mit Musik
Seit 20 Jahren findet mit Unterstützung des GDM die elementare Musikerziehung „Ein Anfang mit Musik“ statt, die sich besonders an diejenigen richtet, die keine spezifische musikpädagogische Ausbildung erfahren haben oder an Erzieher und Pädagogen, die sich weiterbilden möchten. In der Praxis wendet sie sich in erster Linie an Erzieher, die Kinder bereits im Kindergartenalter an Musik heranführen möchten. „Denn gerade die musikalische Früherziehung ist der Grundstein für späteres aktives Musizieren“, erklärte Dr. Stroh. In den Seminaren werde den Teilnehmern möglichst praxisnah und erlebnisorientiert vermittelt, wie man Kindern das aktive Musizieren nahe bringe, auch wenn diese bisher nicht mit Musik in Kontakt gekommen sind.

Klassenmusizieren immer beliebter
In der Akademie für Musikpädagogik in Mainz hat man eine Lehrmethode zum erfolgreichen Klassenmusizieren mit Streich-, Blas- und Perkussionsinstrumenten entwickelt. Die Klassenmusizierprogramme sind frei von wirtschaftlichen Interessen und Beeinflussungen entwickelt worden. Die Förderer dieser Programme sind überzeugt, dass nur durch einen pädagogisch anspruchsvollen Musikunterricht an Schulen unter Mitwirkung der Musikschulen und Musikvereine, der Musikmarkt mittelfristig stabilisiert und weiter entwickelt werden kann. Hier bietet sich die Gelegenheit, alle Schüler, und nicht nur die, die bereits von zu Hause angeregt in den Musikschulen mit Musik vertraut gemacht werden, über Musikinstrumente zu informieren und sie im Idealfall eines im Rahmen des Regelunterrichtes erlernen zu lassen.