Die Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK) fördert im Jahr 2023 29 einjährige und vier mehrjährige Modellprojekte. Mit den Projekten soll Schriftgut in Museen, Bibliotheken und Archiven langfristig im Original aufbewahrt werden können. Dafür stellt die Ländergemeinschaft über die Kulturstiftung der Länder gemeinsam mit der Staatsministerin für Kultur und Medien rund 340.000 Euro zur Verfügung. Von den 33 Projekten widmen sich 16 Projekte dem Ausbau der Notfallvorsorge in Kulturgut bewahrenden Einrichtungen.
Die in den Modellprojekten gesammelten Erfahrungen und Erkenntnisse sollen anschließend auch nachfolgenden Projekten zur Verfügung gestellt werden. Museen, Archive und Bibliotheken können so bewährte Praktiken übernehmen und anwenden. Zwei Beispiele aus den diesjährigen Modellprojekten (unter folgendem Link finden Sie die vollständige Übersicht über alle 33 Projekte):
Braunschweigisches Landesmuseum: Von der Klassik zum Biedermeier – Die Musikaliensammlung im Braunschweigischen Landesmuseum
Der Komponist Louis Spohr (1784-1859) gehört zu den frühen Vertretern der romantischen Oper und der Musikkultur des Biedermeier. Neben seiner Tätigkeit als Komponist unterrichtete Spohr Violine und galt als einer der besten Violinisten seiner Zeit. Spohr-Übungen für Violine zählen noch heute zum Standardrepertoire des Geigenunterrichts. Das Braunschweigische Landesmuseum verfügt unter anderem über Noten und Briefe von Spohr sowie Abschriften und Druckwerke des Komponisten.
Hinzu kommt ein Konglomerat an Opernpartituren aus dem frühen Hoftheater Braunschweig. Ein weiterer Bestandteil sind gedruckte Partituren, die mitunter einzigartig sind, weil die darin festgehaltenen Werke nicht zu den kanonisierten Stücken der Weltgeschichte zählen und nur im Braunschweigischen Landesmuseum erhalten sind. Katalogisiert sind diese bereits im Repertoire International des Sources Musicales (RISM), dem Internationalen Quellenlexikon der Musik in Paris, einer gemeinnützigen Organisation, die weltweit vorhandene musikalische Quellen umfassend dokumentiert.
In dem von der KEK geförderten Modellprojekt sollen rund 200 Objekte der Sammlung durch eine*n Papierrestaurator*in stabilisiert werden. Dazu gehört eine Einzelblattrestaurierung, bei der Risse und Fehlstellen geschlossen werden sollen. Außerdem werden Sicherungen an den Drucken und Handschriften vorgenommen. Die gebundenen Druckschriften werden ebenfalls restauriert und mithilfe loser Einbandelemente stabilisiert. Ziel ist die anschließende Digitalisierung des Kulturguts, das dann der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden kann.
Archivverbund Bautzen: Landsknechte, Bergleute, sorbische Prediger. Restaurierung städtischer Spezialrechnungen aus dem böhmischen Bautzen (15. bis frühes 17. Jahrhundert)
Einen Einblick in die Zeit von der Mitte des 15. Jahrhunderts bis zum Jahr 1635 liefern die Rechnungsbücher und Rechnungshefte aus dem Stadtarchiv Bautzen. Die Bücher, die teilweise in noch ältere Pergamenthandschriften eingebunden sind, enthalten Spezialrechnungen, die von der städtischen Kämmerei für verschiedene Teilbereiche der Finanzverwaltung angelegt wurden. Sie zeugen von unterschiedlichen Lebensbereichen der Zeit. Die Archivalien sind jedoch verschmutzt und teilweise stark beschädigt. Sie stehen deshalb zur Benutzung nicht zur Verfügung, obwohl regelmäßig Anfragen von Interessierten ans Stadtarchiv gestellt werden. Zudem konnten sie aufgrund ihres Zustands bisher nicht erschlossen werden.
Mithilfe der KEK-Förderung soll eine umfangreiche Restaurierung der Spezialrechnungen vorgenommen werden. So ist eine Trockenreinigung, die Konservierung und Restaurierung von 31 Archivalien geplant. Umfassende Rechnungsserien aus landesherrlicher/staatlicher oder städtischer Provenienz werden von der Geschichtswissenschaft spätestens seit den siebziger Jahren herangezogen. Die diesen Hauptrechnungen zugrundeliegenden Spezialrechnungen haben sich hingegen nur selten erhalten. Es ist zu erwarten, dass der Forschung nach der Restaurierung mit diesen Archivalien Quellen zur Verfügung stehen, die bisher noch zu weiten Teilen unbekannt sind. Es handelt sich um das vierte vom Archivverbund Bautzen durchgeführte KEK-Modellprojekt.