Zum Tag des geistigen Eigentums haben Vertreter der Buch-, Film-, Musik- und Rundfunk-Branche auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di die Regierung zur Umsetzung konkreter Maßnahmen für einen besseren Schutz geistigen Eigentums im Internet aufgefordert. „Täglich massenhaft begangene Urheberrechtsverletzungen im Netz gefährden sowohl bestehende wie auch potentielle neue Arbeitsplätze in der Kreativwirtschaft, die inzwischen maßgeblich zur Bruttowertschöpfung in Deutschland beiträgt", sagte Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, stellvertretend für die Rechteinhaber am Montag auf einer Pressekonferenz in Berlin. Auch wenn sich die Mehrzahl der Verbraucher legal verhalte, gebe es in Deutschland laut der aktuellen GfK Brennerstudie rund 4,6 Millionen Menschen, die sich illegal mit Büchern, Musik, Filmen oder TV-Serien aus dem Internet versorgen. Die Selbstbedienungsmentalität Weniger gehe damit zulasten der gesamten Gesellschaft.

Die Branchenvertreter bezogen sich dabei auf eine kürzlich vorgestellte Studie (TERA-Studie März 2010; Aufbau einer digitalen Wirtschaft: Die Bedeutung der Sicherung von Arbeitsplätzen in der Kreativwirtschaft der EU) der Internationalen Handelskammer (International Chamber of Commerce). Danach hat die illegale Nutzung urheberrechtlich geschützter Inhalte im Internet allein in Deutschland im Jahr 2008 bei Produktion und Vertrieb von Spielfilmen, TV-Serien, Musik und Software einen Schaden von 1,2 Milliarden Euro verursacht und damit rund 34.000 Arbeitsplätze gekostet. Für alle 27 EU-Staaten errechnet die Studie für 2008 einen Verlust von 10 Milliarden Euro und 186.000 Jobs. Ohne konkrete Gegenmaßnahmen könnten sich diese Zahlen bis zum Jahr 2015 in der EU auf 56 Milliarden Euro und rund 1,2 Millionen Arbeitsplätze kumulieren. Die illegale Verbreitung und Nutzung bedrohe nach der Software- und Musikindustrie nun auch zunehmend die Film- und Rundfunk-Branche sowie die Buchwirtschaft, hieß es weiter.

Neben Tauschbörsen und sogenannten Sharehostern wie Rapidshare entwickelten sich im Film- und TV-Bereich vor allem illegale Streamingservices (z. B. kino.to) zu einem Problem. Weil die Server meist im Ausland stehen, können diese Angebote mit den bestehenden rechtsstaatlichen Instrumentarien nicht wirksam bekämpft werden. Während andere EU-Staaten wie Frankreich und England beispielsweise mit der Einführung von sanktionierten Warnmodellen bei Urheberrechtsverletzungen in P2P-Netzwerken oder effizienten Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Streaming-Angebote neue Wege beschritten, herrsche in Deutschland derzeit Stillstand.

Aus diesem Grund fordern die betroffenen Kreativwirtschaftszweige von der neuen Bundesregierung:

• Die Verbraucher, insbesondere Kinder und Jugendliche, mit geeigneten Maßnahmen - wie beispielsweise Medienerziehung in Schulen sowie Aufklärungskampagnen – für die Bedeutung des geistigen Eigentums als „Rohstoff" des 21. Jahrhunderts zu sensibilisieren und sie darauf aufmerksam zu machen, welche kulturellen, wirtschaftlichen und persönlichen Folgen die Missachtung von Rechten des geistigen Eigentums haben kann, um so einer weiteren Erosion des Urheberrechts vorzubeugen und den Schutz geistigen Eigentums zu verbessern.

• Polizei und Justiz so auszustatten, dass sie den neuen Herausforderungen durch Internetkriminalität gewachsen sind, um einen wirksamen Schutz bestehender Rechte im Internet zu gewährleisten und einer Entwicklung des Internets zum „rechts(durchsetzungs)freien" Raum entgegenzuwirken.

• Gemeinsam mit der EU und anderen Staaten konkrete Maßnahmen zu entwickeln, um zu verhindern, dass der Schutz geltender Urheberrechte nicht durch ein Ausweichen der Verletzer in solche Staaten ausgehebelt wird, in denen ein Rechtsschutz faktisch nicht möglich ist. Die Anomymität des Internet darf nicht für illegale Zwecke missbraucht werden.

• Die Schaffung gesetzlicher Rahmenbedingungen für die Umsetzung eines Systems zum Versand von Warnhinweisen bei Urheberrechtsverletzungen im Internet, um so den Betroffenen die Chance zu geben, ihr Verhalten zu korrigieren, ohne dass sie bereits beim ersten Mal juristische und finanzielle Konsequenzen für ihr illegales Handeln zu tragen haben und damit zugleich die Justiz zu entlasten.

• Auf die Internet Service Provider einzuwirken, sich als „digitale Hausherren" der von ihnen betriebenen Infrastruktur ihrer Verantwortung beim Schutz geistigen Eigentums bewusst zu werden und sich an der Umsetzung dementsprechender Ansätze zu beteiligen.

• Gemeinsam mit allen Beteiligten (Rechteinhabern, Verbraucher- und Datenschützern, Internet Service Providern und dem Gesetzgeber) Rahmenbedingungen zu schaffen und effiziente Sanktionsmöglichkeiten bei wiederholten Urheberrechtsverletzungen zu entwickeln, um die Rechte der Urheberrinnen und ihrer Verwerter im Netz zu stärken und ihnen auch im digitalen Zeitalter angemessene Erlöse sicher zu können und damit Anreize für kreative Arbeit zu schaffen.