Zum sechsten Mal und endlich wieder vor echtem Publikum wurden gestern Abend die listen to berlin: Awards im Kesselhaus der Kulturbrauerei verliehen. Nach den vorausgegangenen pandemie-geprägten Monaten konnte die Berlin Music Commission damit wieder knapp 250 geladene Gäst:innen aus der Berliner Musikbranche zusammenbringen. Bei der Awardshow, die im letzten Jahr kurzfristig als reine Online-Veranstaltung stattfinden musste, stand die Freude über reale Begegnung und lange vermisste Livemusik – aber auch der Appell für einen kulturellen und politischen Wandel der Branche im Mittelpunkt.

Olaf „Gemse“ Kretschmar, Vorstandsvorsitzender der Berlin Music Commission, fand gleich eingangs die richtigen Worte um die letzten anderthalb Jahre Revue passieren zu lassen: "Wir leben noch. Es ware eine herausfordernde Zeit. Unternehmen haben 15, 16 manchmal 17 Monate keinen Umsatz gemacht – niemand hätte erwartet, dass das überhaupt möglich ist. Aber Viele haben sich sehr engagiert – deshalb lebt die Branche noch. Die Vergangenheit haben wir überlebt, jetzt müssen wir die Weichen stellen, dass wir auch die Zukunft überleben!"

Erneut führten Musikerin und Aktivistin Achan Malonda und rbb-Fritz-Unsigned-Moderator Christoph Schrag durch den Abend und ließen es sich nicht nehmen, selbst eine musikalische Einlage zum Besten zu geben. 

Verliehen wurden die Musikpreise in acht Kategorien. Den Preis für Nachhaltigkeit erhielt die Initiative Music Declares Emergency: Über 6000 Musiker:innen und Akteur:innen der Musikbranche hatten im Rahmen der Kampagne NO MUSIC ON A DEAD PLANET den Klimanotstand ausgerufen und fordern nun Politik und Medien zu konsequentem Handeln auf. Auch ihre Dankesrede nutzen sie für eine Aufforderung an die Branche, mit gutem Beispiel voran zu gehen und sich aktiv für mehr Nachhaltigkeit einzusetzen. Das Schwarze Kollektiv Freak de L’Afrique, das seit Jahren beharrlich Dancefloors, Bühnen und Freiräume für BIPoC in Berlin erkämpft, wurde mit dem Preis für Förderung und Entwicklung der Berliner Musikszene geehrt. Neben Freak de L'Afrique waren auch das feministische Kollektiv GRRL-Noisy sowie der Agenturen-Zusammenschluss Booking United nominiert. In ihrer sehr persönlichen Laudatio honorierte die dem Kollektiv nahestehende DJ und Podcasterin Gizem Adiyaman die Nominierten, die „nicht nur den Sound unserer Stadt prägen, sondern auch unseren Spirit. Denn Community steht bei allen drei an erster Stelle – und das ist ein Zeichen für Berlin.“ Das Kollektiv widmete ihren Preis allen Frauen und Schwarzen Künstler:innen in der Stadt.

In der Kategorie kreativstes Musikvideo setzte sich mit Kritikerliebling Danger Dans „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ der wohl meistdiskutierte Song des Jahres 2021 durch. Für ihr langjähriges Engagement im Zeichen von Diversität und Queerfeminismus wurde Musik- und Filmkuratorin Melissa Perales mit dem Rolf Budde Preis für Haltung honoriert. Die seit einem Jahr bestehende Fachgruppe der Berliner Veranstaltungswirtschaft konnte sich im Rennen um den Wirtschaftspreis durchsetzen und der Preis für Musikjournalismus ging an den Kulturjournalisten und radioeins-Moderator Torsten Groß. DJ, Produzentin, Radiomacherin, Labelinhaberin und "Gesicht der Berliner Techno-Kultur" Anja Schneider erhielt – nach einer feierlichen Rede von niemand geringerem als Techno-Urgestein Dr. Motte – den Ehrenpreis.

Ein besonderes Highlight war dieses Mal die Kategorie Jurypreis, welche mit Maury111, Caxxianne und ÄYA gleich drei Gewinner:innen hervorbrachte. Dank Untertsützung durch MusicHub, dem Kesselhaus und Native Instruments konnten allen drei Musiker:innern Preise überreicht werden. Maury111 gehörte neben Rusnam zu den drei Live-Acts der diesjährigen listen to berlin Compilation, die die Preisverleihung musikalisch begleiteten. Zum krönenden Abschluss heizte die Punk-Band Skin On Flesh das Kesselhaus noch einmal auf.

Die listen to berlin: Awards eröffnen traditionell Most Wanted: Music – Berlins größte Konferenz für die professionelle Musikbranche, die vom 26.-28. Oktober ebenfalls in der Kulturbrauerei und online stattfinden.