Der Präsident des Goethe-Instituts Klaus-Dieter Lehmann sieht Deutschlands größte Mittlerorganisation weiterhin auf Erfolgskurs: Mit neuen Instituten, effizienten Strukturen und einer erfolgreichen Offensive für die deutsche Sprache sei das Goethe-Institut für die nächsten Jahre gerüstet. Vernetzung, Flexibilität und politische Unabhängigkeit seien die zentralen Voraussetzungen für eine erfolgreiche auswärtige Kultur- und Bildungsarbeit. In Krisenzeiten nehme deren Relevanz zu.
Auf dem afrikanischen Kontinent sei die Dynamik des Goethe-Instituts besonders deutlich zu erkennen, so Lehmann. Am 15. Juni hatte der Präsident in Angola innerhalb weniger Monate die zweite Gründung eines Goethe-Instituts in Afrika gefeiert. "Mit dem Goethe-Institut in Luanda sind wir jetzt in über der Hälfte der 47 Länder in Subsahara-Afrika präsent. Vor zwei Jahren sprach man noch vom ’vergessenen Kontinent’ auf der Goethe-Weltkarte. Wir haben innerhalb eines Jahres nicht nur zwei Institute, sondern auch acht neue Verbindungsbüros eröffnet. Dabei interessieren uns an Afrika weniger die Defizite als die ungeheuren Potenziale." Dynamisch entwickle sich das Institut auch in anderen Schwerpunktregionen, etwa in Indien oder China, sagte der Präsident des Goethe-Instituts. So habe man in der südasiatischen Region eine umfassende Bibliotheksinitiative gestartet.
"Bei unseren indischen Partnern ist der Rückbau der Bibliotheken vor einigen Jahren zu Recht auf Befremden gestoßen. Nun haben wir nicht nur unsere eigenen Bibliotheken auf dem Subkontinent neu ausgebaut und vergrößert. Wir haben darüber hinaus im Auftrag der indischen Regierung eine Modellbibliothek in Neu-Delhi entwickelt, die Impulse für ein landesweites innovatives Bibliothekskonzept setzt."
Klaus-Dieter Lehmann, der vor 15 Monaten sein Amt als Präsident des Goethe-Instituts angetreten hat, betonte, das Institut habe mit der Strukturreform vor zwei Jahren eine stabile Basis für die Zukunft geschaffen. "Die Zeit des Umbaus war hart, denn Goethe-Leute sind Künstlernaturen und reden ungern über Effizienz und Optimierung. Dennoch haben sich alle engagiert, da strukturelle Entscheidungen beim Goethe-Institut sich nicht von der inhaltlich-programmatischen Ausrichtung trennen lassen. Der Umbau hat Raum für innovative Ideen eröffnet." Deutlich machte Lehmann dies an der Kulturarbeit in den Metropolen New York und Johannesburg. Dort seien zusätzlich zu den repräsentativen Stammhäusern Projekträume vorwiegend für bildende Künstler entstanden - Strukturen also, mit denen ein konkretes Programm verbunden ist: hin zur zeitgenössischen Kulturszene, zu den lebendigen Stadtvierteln, zum Experiment und offenen Begegnungsraum.
In diesem Zusammenhang nannte der Präsident des Goethe-Instituts auch den Ausbau der Residenzprogramme für Künstler, Kuratoren und Intellektuelle. Als besonderen Erfolg wertete er die Gründung eigener Häuser für Residenzen. An erster Stelle nannte er die Villa Tarabya in Istanbul: "Mit dieser Künstlerakademie entwickelt das Goethe-Institut einen Ort", so Lehmann, "der deutsche und türkische Künstlerinnen und Künstler zusammenführt, bildende Künstler ebenso wie Musiker, Architekten und Schriftsteller. Beim Goethe-Institut dienen Residenzen immer dem kulturellen Austausch und der internationalen Vernetzung, sie sind nie Selbstzweck". Ein ähnliches Projekt sei für Kyoto geplant.
Überall werde deutlich, so Lehmann, dass es vor allem die Dezentralisierung der Institutsstrukturen war, die dem Goethe-Institut einen Innovationsschub gegeben habe. "Nun entstehen Programme dort, wo die Lokalexpertise sitzt, nämlich im Ausland. Dadurch wird auch die Zentrale in neuem Maße gefordert.
Sie unterstützt die Vernetzung der Institute untereinander und mit anderen Kultureinrichtungen." Derzeit entstünden neben den Aktivitäten der einzelnen Auslandsinstitute eine Vielzahl von Projekten, die den grenzüberschreitenden gemeinsamen Fragen und kulturellen Verflechtungen der heutigen Zeit
entsprächen: Beispielsweise werde im Mai 2010 auf der Münchener Biennale für neues Musiktheater eine Multimedia-Oper uraufgeführt, die die bedrohte Welt der amazonischen Yanomami-Indianer, musikalische Avantgarde und neueste Medienkunst zusammenführe. "In dieser Amazonas-Oper werden die großen Fragen nach den kulturellen Folgen des Klimawandels thematisiert. Faszinierend ist dabei die Zusammenarbeit mit den Yanomami, einem indigenen Volk aus dem brasilianischen Regenwald, das auf eine für uns vollkommen überraschende Weise neueste Medientechnologien für sich zu nutzen weiß. Das Goethe-Institut agiert in diesem Projekt als Initiator, als Produzent und als Moderator zwischen Partnern in Brasilien und Portugal sowie unseren Mitproduzenten und Förderern in Deutschland, der Münchener Biennale, dem Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe und der Kulturstiftung des Bundes."
Der Erfolg konzertierter Aktionen in der internationalen Kulturarbeit zeige sich auch im Sprachbereich. So erziele die Initiative "PASCH - Schulen:
Partner der Zukunft" durch die Kooperation verschiedener Mittlerorganisationen eine "unglaubliche Reichweite": "Wir haben zum ersten Mal in der Geschichte des Goethe-Instituts eine Sprachoffensive mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes gestartet, bei der weltweit 45 Millionen Euro eingesetzt werden und an deren Ende - gemeinsam mit den von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen betreuten Schulen - 1300 Schulen stehen werden, die Deutsch bis zur Hochschulreife vermitteln." Grundsätzlich entwickle sich die Spracharbeit des Goethe-Instituts außerordentlich positiv, die Nachfrage nach Sprachkursen sei stabil. Dabei unterstütze das Goethe-Institut gezielt eine Politik der Mehrsprachigkeit: "Wir können natürlich dem Englischen keine Konkurrenz machen. Aber wir setzen uns dafür ein, dass in den Schulen, vor allem in Europa, neben dem Englischen eine zweite Fremdsprache unterrichtet wird. Da kann die deutsche Sprache sehr gewinnen."
Trotz Finanzkrise und Bundestagswahl sieht Lehmann die Zukunft optimistisch:
Die politische Unterstützung in der letzten Legislaturperiode habe dem Goethe-Institut aus seiner finanziellen Schieflage geholfen. Dies sei dem persönlichen Engagement von Außenminister Frank-Walter Steinmeier zu verdanken. Das Goethe-Institut habe aber auch insbesondere aus dem Parlament parteiübergreifend enormen Zuspruch erfahren: "Ich glaube", so Lehmann, "dass auch eine neue Regierung "Goethe-minded" sein wird. Wir haben unsere Reform erfolgreich abgeschlossen und können mit unseren betrieblichen Instrumenten professionell umgehen, so dass Steuergelder transparent und effizient ausgegeben werden." Zudem zeige, so Lehmann, nicht zuletzt die steigende Nachfrage an den Angeboten der auswärtigen Bildungs- und Kulturarbeit, dass in schwierigen Zeiten die Relevanz internationaler kultureller Verständigung zunehme: "Wir haben Programme, die im Mittelpunkt
gesellschafts- und kulturpolitischer Fragen stehen. Gerade in der Krise sind Investitionen in kulturelle Bildung ein langfristiger Gewinn. Ich sehe der Wahl daher gelassen entgegen."
Der weitere Erfolg des Instituts sei allerdings an eine Voraussetzung geknüpft, so der Präsident: Wir haben gelernt, dass politische Unabhängigkeit essentiell ist für den Erfolg der Arbeit des Goethe-Instituts. Im Außenverhältnis Deutschlands wird Kultur künftig eine noch wichtigere Rolle spielen. Aber sie darf nicht instrumentalisiert werden, sonst verliert sie ihre Glaubwürdigkeit."
Absätze
Quelle
http://www.goethe.de