An der vom Landesmusikrat Schleswig-Holstein e.V. in Kooperation mit dem Landesverband Schleswig-Holstein des Bundesverbandes Musikunterricht (BMU) durchgeführten Umfrage zu pandemiebedingten Veränderungen des Musikunterrichts an Schulen nahmen 130 Lehrkräfte teil. Davon arbeiten 76 Lehrkräfte an Grundschulen, 8 an Förderzentren, 16 an Gemeinschaftsschulen und 30 an Gymnasien.

Bei der offenen Frage, ob sich der Inhalt des Musikunterrichts während der Corona-Pandemie verändert hat, sind schulartspezifische Antworten beobachtbar: In Förderzentren und Grundschulen verlagerten sich die Tätigkeiten des Musikunterrichts sehr stark vom Singen zu den Schwerpunkten Instrumentalspiel, Bodypercussion und Tanz. Gemeinsame musikalische Aktionen wie musikalische Morgenkreise oder jahreszeitliche Musikaktionen fanden nicht mehr statt. Teilweise wurde der Unterricht nach draußen verlagert. Einige Lehrkräfte schreiben auch, dass der Musikunterricht ausfiel. In der Beurteilung der Situation fehlt den Lehrkräften das Singen sehr stark. Gleichzeitig haben sie für sich neue Schwerpunkte entdeckt.

Das saubere Singen mit einem harmonischen Zentrum sowie das Synchronisieren des eigenen Körpers zu einem festen Metrum sind wesentliche musikalische Entwicklungsschritte, die die meisten Menschen im Verlauf der Grundschulzeit durchlaufen. Vor der Pubertät sind Kinder noch offenohrig für alle Musikrichtungen, sodass viele Kinderlieder und Kindertänze für die Entwicklung dieser musikalischen Basiskompetenzen in sensiblen Phasen zur Verfügung stehen. Werden diese Basiskompetenzen pandemiebedingt nicht gefördert, verpassen viele Kinder entscheidende musikalische Lerngelegenheiten, die eventuell nicht nachzuholen sind. Dies betrifft alle Kinder, die während der Pandemie die Grundschule besucht haben. Entsprechend wünschen sich die Lehrkräfte der Grundschulen wieder einen Musikunterricht ohne Einschränkungen und darüber hinaus einen höhere Wochenstundenzahl Musik, um die entstandenen Defizite wieder aufzuarbeiten. Außerdem wünschen sie sich Fortbildungsangebote zur Stimmbildung.

Lehrkräfte der weiterführenden Schularten beschreiben ihren Musikunterricht während der Pandemie als deutlich theorielastiger, sodass die Verzahnung von Theorie und Praxis, wie sie in den Fachanforderungen gefordert wird, nicht mehr angemessen umgesetzt wurde. Dafür fanden jedoch mehr digitale Anteile Einzug in den Musikunterricht. Lehrkräfte dieser Schularten sprechen sich für die Abschaffung von Sing- und Blasverboten bei Einhaltung geeigneter Vorsichtsmaßnahmen aus.

Bezüglich musikalischer Zusatzangebote berichten die Befragten von einem deutlichen Rückgang der Anmeldezahlen für vertiefende musikalische Angebote wie Arbeitsgemeinschaften, Musizierklassen, musikalische Wahlpflichtangebote oder Musikprofile. Dies hat neben den bisher verpassten Bildungschancen auch langfristig negative Auswirkungen: Viele Ensembles proben in altersgemischten Gruppen, bei denen jüngere von älteren Schülerinnen und Schülern lernen. Durch das Fehlen des Nachwuchses wird die Probenarbeit in den kommenden Jahren deutlich erschwert. Die Zahl der Jugendlichen, die im Anschluss an die Schule ein musikalisches Studium anstreben, reduziert sich.

Die Ergebnisse der Umfrage sind nicht repräsentativ, sie geben jedoch ein deutliches Stimmungsbild wieder. Zwei kleine schon bestehenden Bausteine können aktuell in Anspruch genommen werden: Zur Unterstützung des Wiederaufbaus stellt das Ministerium finanzielle Mittel für die Aufarbeitung pandemiebedingter Defizite zur Verfügung. (Gesangs-) Fortbildungsangebote des IQSH sind unter folgendem Link zu finden: https://fachportal.lernnetz.de/sh/faecher/musik.html