Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen hat heute den Regierungsentwurf des Kulturgesetzbuchs in Umrissen vorgestellt. Der Landesmusikrat NRW begrüßt als Dachverband der Musikverbände in Nordrhein-Westfalen, dass die Landesregierung die gesetzliche Grundlage für Kulturpolitik und Kulturförderung aktualisieren will. Das Kulturgesetzbuch muss sich dabei am Kulturfördergesetz, das zum Januar 2015 in Kraft trat, als Referenz messen lassen.  

Zu den Neuerungen des Kulturgesetzbuches zählen umfassende Regelungen zur Förderung von Musikschulen (§§ 42-46) und zu Bibliotheken (§§ 47-55). Die Landesregierung bekennt sich damit besonders zum Wert beider Einrichtungen. Neu sind auch Ausführungen zur Provenienzforschung, womit eine weitere Grundlage für den Umgang mit Kunst, die in der NS-Zeit geraubt wurde, gelegt wird (§ 5). Eine neue Forderung des Gesetzes ist auch der Anspruch an die Kulturförderung, auf ökologische, wirtschaftliche und soziale Nachhaltigkeit der geförderten Einrichtungen und Projekte zu achten. Das ist notwendig und zeitgemäß. 

Mit dem Kulturgesetzbuch nimmt die Landesregierung auch die soziale Situation von Künstlerinnen und Künstlern in den Blick, um der Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse entgegenzuwirken. Sie knüpft die Förderung von Produktion und Präsentation künstlerischer Arbeit an die grundsätzlich angemessene Vergütung künstlerischer Leistungen (§ 16, vergleichbar auch §§ 11 und 29).  

Die §§ 42-46 beschreiben Musikschulen als wichtige Orte kultureller Bildung. Qualität soll den Ausschlag für eine Landesförderung geben, nicht allein die Trägerschaft, so die Gesetzeserläuterung. Damit erhalten auch private Musikschulen die Möglichkeit, Projektmittel zu beantragen. Allgemeine Förderkriterien für Musikschulen leitet das Gesetz von Kriterien der Kommunalen Gemeinschaftsstelle ab. § 45 führt eine Zertifizierung ein, die sowohl öffentliche als auch private Musikschulen erhalten können und die mittelfristig Fördervoraussetzung werden soll. 

Erstmals behandelt ein Kulturgesetz in NRW die Popkultur als Gegenstand der Kulturförderung. Heißt es im Gesetz "Das Land fördert die Weiterentwicklung der Popkultur aller Sparten und ihrer Infrastruktur“ (§ 35), so erläutert der Begründungsteil hierzu: "Die Popkultur in NRW ist vielfältig und vielgliedrig aufgestellt. Sie ist insbesondere durch lokale Szenen wie beispielsweise in Bochum, Hagen, dem Münsterland oder Köln geprägt, verfügt aber auch in der Fläche über Potential, das nicht notwendigerweise von bestehenden Förderstrukturen erfasst wird. So ist die örtliche Unterstützung wie Beschaffung von Proberäumen ein lokales Problem. Vernetzung, Auftrittsakquise und Festivalbespielung sind Maßnahmen, die überkommunal oder überregional stattfinden sollten, um künstlerische Entwicklung zu ermöglichen und musikalische Talente auf allen Ebenen zu fördern.“  

Namentlich nennt der Begründungsteil die Programme Create Music NRW und popNRW, mit denen der Landesmusikrat NRW mit Partnern die Popszene aus Mitteln des Kulturministeriums sowie des Wirtschaftsministeriums fördert.  

Reinhard Knoll, Präsident des Landesmusikrats, begrüßt das Einbeziehen der Popkultur in die gesetzliche Grundlage der Kulturförderung als lange fällig: "Popmusik hat in NRW die mithin tiefsten Wurzeln in Deutschland. Nicht zuletzt gilt eine Formation wie Kraftwerk aus Düsseldorf als einflussreichster deutscher Pop-Export, der Alleinstellungsmerkmale der Kultur in NRW in die ganze Welt hinausgetragen und Transferwirkungen in eine Vielzahl musikalischer Genres nach sich gezogen hat. Förderung von Popmusik ist aus unserer Sicht nicht nur wichtig, sondern nutzt dem gesamten Musikleben in Nordrhein-Westfalen.“ 

Manche Sparten werden kaum behandelt. Dieses Ungleichgewicht wird vom Ausschuss für Kultur und Medien des Landtags diskutiert werden müssen. Man darf hoffen, dass er zu einer öffentlichen Anhörung einladen wird. Der Landesmusikrat möchte den Blick auch auf die Behandlung der Themen Kulturförderung im ländlichen Raum, Kultur- und Kreativwirtschaft sowie Entbürokratisierung der Kulturförderung richten, die im Kulturgesetzbuch noch profiliert werden müssen. 

Das Leben und die Förderung von Kunst und Kultur in NRW wird sich nach der Corona-Krise in vieler Hinsicht neu entwickeln und Kulturpolitik und -förderung herausfordern. Eine Aktualisierung der gesetzlichen Grundlage geschieht damit zum richtigen Zeitpunkt. Die Wertschätzung, die das Gesetz den Musikschulen als besonderen Orten kultureller Bildung und der Popkultur in NRW erweist, ist ein wichtiges Signal. 

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