Seit geraumer Zeit blickt der Landesmusikrat Brandenburg, die Dachorganisation aller hierzulande verwurzelten Musikfachverbände und Institutionen, voller Sorge nach Rheinsberg. Dort verbreiten seit zwanzig Jahren zwei musikalische „Leuchttürme“ viel Licht und Hoffnung: die Kammeroper Schloss Rheinsberg und die dort angesiedelte Musikakademie, letztere schon seit vielen Jahren im Status einer Bundes- und Landesakademie stehend. Diese beiden national und international hoch geschätzten Institutionen aber sollen, so der kommunale Wille des Kreises Ostprignitz-Ruppin und der Stadt Rheinsberg, möglichst bald „verschmolzen“ werden, um „Synergieeffekte zu erzielen“, „Ressourcen effektiv zu nutzen“ und „Verwaltungsaufwände minimieren“ zu können.

Das mag sich zunächst vernünftig anhören. Im Detail aber, und davon gibt es beim näheren Hinsehen ziemlich viele, steckt der berühmte „Teufel“. Dazu braucht man nur in den Entwurf des GmbH-Vertrages der neu zu gründenden Gesellschaft „Kulturstandort Rheinsberg“ oder in das dieser Tage veröffentlichte äußerst fragwürdige prognos-Gutachten „Zur Optimierung des Kulturstandortes Rheinsberg“ schauen. Nach dem Willen des Gutachters würde die Musikakademie Rheinsberg auf eine reine „Belegungsakademie“ von Fremdkursen reduziert, ohne ihr eigenes künstlerisches Profil zeigen und weiterentwickeln zu können. Die Bundes- und Landesmusikakademie fiele so auf die Bedeutung einer städtischen Einrichtung zurück.

Kunst und Musik lassen sich nur schlecht „verwalten“. Sie leben von Innovation, Kreativität und Freisinn. Werden diese massiv beschnitten, droht Verkümmerung.

In Rheinsberg, um es konkret zu benennen, sollen zwei künstlerisch und wirtschaftlich selbstständige und, wie bereits gesagt, äußerst erfolgreiche Gesellschaften zu einem neuen Ganzen „verschmolzen“ werden. Im juristischen Klartext heißt das: „Die übertragene Gesellschaft, also die Musikakademie Rheinsberg GmbH, wird aufgelöst.“ An die Spitze dieses neuen Konstrukts soll ein „kaufmännischer Geschäftsführer“ gestellt werden, der, wie könnte es auch anders sein, das berühmte „Sagen“ haben wird. Schon jetzt ist die Gefahr abzusehen, dass die beiden bisherigen künstlerischen Leiter, Prof. Siegfried Matthus für die Kammeroper und Frau Dr. Ulrike Liedtke für die Musikakademie, zu „Bildungsreferenten“ degradiert werden. Man muss da nur in den Freistaat Bayern schauen. Vor Jahren wollte man dort auch „effektiv sparen“. Auf der Strecke ist die Kunst geblieben, und die dortige Akademie de facto zu einer „Kurs-Veranstaltungsstelle“ herabgestuft worden. Im Augenblick bemüht man sich dort nach Kräften, diesen fatalen Fehler zu korrigieren.

Damit dieser Unsinn verwaltungsrechtlich auch in Brandenburg funktionieren möge, werden seit geraumer Zeit kommunale Gesellschafteranteile massiv ins Spiel gebracht. Die „Macht“ (und Entscheidungsbefugnis) habe schließlich der, der die „Majorität“ besitzen würde. Dabei leben Kammeroper und Musikakademie bislang gar nicht von den Zuwendungen des Landkreises und der Kommune, sondern hauptsächlich von Landes- und Bundesfördermitteln. Und sie profitieren, noch, von der künstlerischen Kompetenz ihrer Leiter und der außerordentlich engagierten Tätigkeit aller Mitarbeiter. Doch seit geraumer Zeit ist die Verunsicherung auf beiden Ebenen sehr groß.

Der Landesmusikrat Brandenburg besitzt, finanziell gesehen, leider nur eine „Minorität“ in diesem Angst machenden Macht-Poker. Aber er will und muss seine Stimme erheben, gestützt weitestgehend auf seine fachliche Kompetenz. Zwei gesunde Bäume reißt man nicht aus sorgsam gehegtem und durchaus fruchtbarem Boden, um sie mit Verwaltungs-Gewalt zu „verschmelzen“.

Aus dem Mund sowohl des Ministerpräsidenten, als auch der zuständigen Fachministerin weiß der Landesmusikrat, dass es zukünftig für Rheinsberg zwar nicht mehr, aber auch nicht weniger Geld geben wird. Warum, so ist jetzt zu fragen, soll etwas kaputtgespart werden, was in seiner (finanziellen) Existenz gar nicht zur Disposition steht?

Sollte diese neue Gesellschaft gegen alle Widerstände durchgepeitscht werden, erwägt der Landesmusikrat, sich aus allen Gesellschafter-, Aufsichtsrats- und Beiratsfunktionen zurückzuziehen. Nicht aus verletzter Eitelkeit, sondern aus Überzeugung und aus Sorge.

Landesmusikrat Brandenburg e.V.
Präsidium