Seit 1993 vergibt die Landeshauptstadt Dresden jährlich einen Kunstpreis sowie bis zu zwei Förderpreise an Nachwuchskünstler, Ensembles sowie Kulturschaffende. Gewürdigt wird jeweils das herausragende und überregional bedeutsame künstlerische Schaffen oder kulturelle Engagement der Preisträgerinnen und Preisträger.

Mit dem Kunstpreis der Landeshauptstadt Dresden 2022 wird der Komponist Sven Helbig ausgezeichnet. Die Bildende Künstlerin Svea Duwe sowie der Verein farbwerk erhalten jeweils einen Förderpreis. 

Vorsitzende der Jury und Beigeordnete für Kultur und Tourismus, Annekatrin Klepsch: „Im nunmehr dritten Jahr der Pandemie haben Künstlerinnen und Künstler und Gesellschaft nicht nur mit einem Virus zu kämpfen, sondern auch mit einer kollektiven Gereiztheit. Die ästhetische Reflektion über gesellschaftliche Entwicklungen, die Begleitung von aktuellen Diskursen und die kulturelle Teilhabe möglichst vieler Menschen zu unterstützen, sind wesentliche Aufgaben von Kunst und öffentlich geförderter Kultur. Die diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträger sind im besten Sinne des Wortes Grenzgänger und Grenzgängerinnen. Sie überwinden in ihrer Kunst und kulturellen Arbeit Genre- und Spartengrenzen und bringen mit ihren interdisziplinären Ansätzen Kunst und Gesellschaft in einen neuen Gesamtzusammenhang“.

Kunstpreisträger 2022: Sven Helbig

Sven Helbig: „Die Anerkennung ehrt mich und ich nehme sie gern an. Ich freue mich auf einen anregenden Dialog, den dieser Preis ermöglichen kann. Künstlerinnen und Künstler haben das Privileg, Ideale zu entwerfen, weil sie Probleme nicht lösen müssen. Der größere Abstand ergibt jedoch Perspektiven, die auch Gestaltungspotential jenseits der Bühne haben.“

Sven Helbig ist Komponist für Chor, Orchester- und Kammerensemble. Er verbindet klassische Kompositionstechniken mit experimenteller Elektronik. Aufgewachsen in Eisenhüttenstadt, entdeckte er dort die Musik zwischen Blaskapellen, den Schallplatten der Eltern und den wenigen Sendern, die er mit seinen selbstgebauten Radios empfangen konnte. Elektrobasteleien waren Sven Helbigs erste Leidenschaft und blieben ein Element seiner späteren Musik. Er begann zuerst Klarinette und Gitarre, später Schlagzeug zu spielen. An der Dresdner Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“ studierte er Musik. Das Debütalbum „Pocket Symphonies“ des Komponisten veröffentlichte das renommierte Traditionslabel Deutsche Grammophon. Mit seinen Konzertprogrammen ist er regelmäßig international auf Tournee. Dabei ist Sven Helbig neben den klassischen Ensembles an Live Electronics und Perkussion zu erleben. Wichtige Stationen waren das Barbican Center London, das Alexandrinsky Theater St. Petersburg, das Bolshoi Theater Minsk, das Reina Sofia Madrid, die Elbphilharmonie Hamburg, das BANFF Center for Art and Creativity Canada und die Radio Hall Mihail Jora Bucharest. Bereits seit 2004 arbeitet Sven Helbig regelmäßig mit der deutschen Industrial-Metalband Rammstein und den britischen Popikonen Pet Shop Boys. Im Jahr 1996 gründete er gemeinsam mit dem Musiker Markus Rindt die Dresdner Sinfoniker. 2013 erhielt Helbig den Titel „Maestro Honorario“ der Nationaluniversität San Marin in Buenos Aires. Seit 2017 moderiert Sven Helbig seine wöchentliche Musiksendung „Schöne Töne“ auf dem Berliner Sender Radio Eins, in welchem er unterhaltsam sein musikgeschichtliches Wissen teilt und neue Musik vorstellt.

Begründung der Jury: „Sven Helbig ist mit seiner Strahlkraft und seinem Innovationsdrang nicht nur für die kulturelle Landschaft in Deutschland prägend. International unterwegs, wandelt er zwischen den Genres, sprengt Definitionen und produziert damit einen neuen Ausdruck.“

Förderpreisträgerin 2022: Svea Duwe

Svea Duve: „Der Förderpreis ist Wasser auf meine Mühlen. Herzlichen Dank an die Stadt Dresden für diese Wertschätzung meiner bisherigen künstlerischen Arbeit und das Signal der Neugierde auf das, was entsteht. Im Kreis der Förderpreisträgerinnen und -träger finden sich starke Impulsgeberinnen und Impulsgeber, die mir angenehm vertraut sind.“

Svea Duwe, geboren 1972, lebt als freischaffende bildende Künstlerin in Dresden. Bereits während ihres Studiums beginnt sie sich eine interdisziplinäre künstlerische Praxis anzueignen. Sie entwickelt Installationen, performative Videoarbeiten, szenische Raumkonstruktionen, Inszenierungen und skulpturale Bewegungen im öffentlichen Raum. Es entstehen Fotografien, Grafiken, Plastiken und Kostüme. Einige ihrer Arbeiten entwickelt sie mit Schauspielern, Musikern, Tänzern sowie enthusiastischen Amateuren. Sie wirkt als Bildende Künstlerin in diversen Bühnenproduktionen mit, z.B. von missingdots, Bürgerbühne Dresden, farbwerk e.V. und HELLERAU Europäisches Zentrum der Künste. Svea Duwe studierte Bildhauerei an der Alanus-Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Alfter bei Bonn und freie Kunst an der Hochschule für bildende Künste Dresden und der Statens Kunst Akademi Oslo. Bis 2008 war sie Meisterschülerin von Monika Brandmeier an der Hochschule für Bildende Künste (HfbK) Dresden. Seit 2013 arbeitet sie als Lehrbeauftragte im Fachbereich Kunstpädagogik der Technischen Universität Dresden. Seit 2010 engagiert sie sich ehrenamtlich in verschiedenen Gremien der Landeshauptstadt Dresden für Kunst und Kultur und arbeitet eng mit dem „Kunsthaus-Städtische Galerie für Gegenwartskunst“ zusammen.

Begründung der Jury: „Svea Duwe verharrt in ihrem künstlerischen Schaffen nicht in der sichern Nische einer einzelnen Kunstsparte, deren handwerkliche Anforderungen sie inzwischen beherrscht, sondern begibt sich mutig immer wieder auf neues Terrain, fordert sich selbst heraus und überschreitet Spartengrenzen. Indem sie sich als Künstlerin der Erfahrung von Unwägbarkeiten und Experimenten aussetzt, ermöglicht sie uns einen Blick auf die Widersprüche und Unsicherheiten in unserem Dasein. In ihren spartenverknüpften Arbeiten, die häufig auch in interdisziplinären Kooperationen entstehen, bearbeitet sie Themen der Transformation und des Wandels und fordert uns mit dem ihren Werken erwachsenden Spannungsverhältnis immer wieder aufs Neue heraus, eigene Haltungen und Sichtweisen zu hinterfragen.“ 

Förderpreis der Landeshauptstadt Dresden 2022 für farbwerk e. V.

Jacqueline Hamann und Steffen Lewandowski vom farbwerk e. V.: „Wir bedanken uns für den Kunstförderpreis der Landeshauptstadt Dresden 2022 an farbwek. Es gibt vieles, wofür wir dankbar sind, aber der wichtigste Punkt unserer inklusiven künstlerischen Arbeit ist die gesellschaftliche Sichtbarkeit der beteiligten Künstlerinnen und Künstler, ihrer kreativen Blickwinkel und besonderen künstlerischen Sprache. Der Förderpreis richtet einen Scheinwerfer auf diese künstlerisch schaffenden Menschen, deren Kunst noch immer ein Nischendasein führt. Doch befinden wir uns nicht in einer Nische, denn jeder zehnte Mensch in Dresden lebt mit einer Behinderung. Wenn wir unserem Motto –Jeder und Jede hat ein Recht auf Kunst- weiterhin folgen, brauchen wir diese wichtige Anerkennung, die uns mit dem Förderpreis der Landeshauptstadt entgegengebracht wird. Denn die künstlerische Arbeit von und mit Menschen mit Behinderung ist in erster Linie eine künstlerische Arbeit und nicht nur eine nette Freizeitgestaltung mit therapeutischem Benefiz. Damit diese Ernsthaftigkeit und die konsequente Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im farbwerk möglich wurde und weiterhin möglich bleibt, braucht es unzählige Menschen. Diesen Menschen gilt unser besonderer Dank.“

Mit einer 17-jährigen aktiven künstlerischen Vita gehört farbwerk zu den Pionieren der inklusiven Kulturszene in Dresden und Sachsen. Seine kontinuierliche künstlerische Arbeit vorwiegend mit Menschen mit geistiger und Mehrfachbehinderung in Zusammenarbeit mit professionellen Künstlern setzt bis heute Zeichen und zeigt Wege auf für anspruchsvolle inklusive Kunstformate.
Unter dem Namen werkstattatelier farbwerk als freie Künstlerinitiative 2006 gegründet, entstanden bereits in den ersten Gründungsjahren vielfältige Theaterformate, Bücher, Filme und Ausstellungen und bereicherten auf Ihre besondere Art die Dresdner Kulturlandschaft.

2014 gründete sich aus der Initiative der Kunst- und Kulturverein farbwerk e. V. Seit 2019 ist farbwerk e. V. institutionell gefördert durch die Landeshauptstadt Dresden. Bis heute arbeitet farbwerk kontinuierlich an jährlichen Tanz- und Theaterformaten in Zusammenarbeit mit professionellen Künstlerinnen und Künstlern, Kulturschaffenden, Institutionen und Ensembles. 2009 erhielt farbwerk für das Kunst- und Theaterprojekt „Sprachbilder“ den Innovationspreis Weiterbildung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus. Im Gleichen Jahr startete farbwerk eine Kooperation mit der Bürger:Bühne. Die hält bis heute erfolgreich an und hat in zehn Jahren mit dem Club der anders Begabten erfolgreiche Theaterformate entwickelte. 2017 entstand mit dem Club der jungen anders Begabten auch ein inklusives Theaterangebot für Jugendliche und junge Erwachsene.

Seit 2016 hat der Verein eigene Räumlichkeiten im Zentralwerk in Dresden Pieschen angemietet und sich damit als feste Kulturinstitution in Dresden verortet. Mit seiner besonderen künstlerischen und oft andersartigen Sprache bereichert der Verein die künstlerische Arbeit vor Ort und ermöglicht vielfältige inklusive Begegnungsräume.

Unter der künstlerischen Leitung von Jacqueline Hamann und Silke Stuck und im Zusammenschluss von vielen wegbegleitenden professionellen Künstlern; Kulturschaffenden, Kooperationspartnern, aktiven Vereinsmitgliedern, unzähligen Fördern sowie Kulturpaten hat sich bis heute ein Freizeit- Ensemble von mehr als 30 Darstellern und Künstlern mit Behinderung aufgebaut. Viele von Ihnen sind durch ihre langjährige künstlerische Tätigkeit hoch professionalisiert und aktuell auf der Suche nach Perspektiven im professionellen Kontext. Ein zentrales und langfristiges Vorhaben für farbwerk ist daher der Aufbau von finanzierten Kulturarbeitsplätzen für künstlerisch begabte Darsteller mit Behinderung und der damit einhergehenden Erarbeitung von Ausbildungsmodulen und der Gründung eines festen professionellen Ensembles.

Begründung der Jury: „Seit fast zwei Jahrzehnten engagiert sich der Verein und davor die Initiative „Farbwerk“ für kulturelle Teilhabe und Inklusion von Menschen mit Behinderungen in Kunst und Kultur. Der unermüdliche Einsatz dafür, dass Menschen mit Behinderungen nicht nur als Rezipierende von Kunst und Kultur, sondern auch selbst als Kunstschaffende im Kulturbetrieb vertreten sind, ist beispielgebend für unser gesellschaftliches Zusammenleben.“

Für den Kunstpreis sowie den Förderpreis der Landeshauptstadt Dresden 2022 gingen insgesamt 36 Vorschläge ein. Die vom Dresdner Stadtrat berufene Jury wählte insgesamt drei Preisträger aus. Vorschlagsberechtigt waren mit dem Stichtag 31. Oktober 2021 Verbände, Vereine und Kulturinstitutionen sowie Bürgerinnen und Bürger. Der Kunstpreis ist mit 7.000 Euro dotiert. Das Preisgeld für beide Förderpreise beträgt insgesamt 5.000 Euro. Der Oberbürgermeister Dirk Hilbert wird sie im Rahmen eines Festaktes am Montag, 16. Mai, 17 Uhr auf Schloss Albrechtsberg verleihen.

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