Kunstministerin Theresia Bauer hat Ende vergangener Woche Öffnungsperspektiven und konkrete Regelungen für den Kulturbereich sowie Spielräume für kleine, kreative Formate angekündigt. Diese sowie weitere Maßnahmen zur finanziellen Unterstützung stellte das Kunstministerium heute (13. Mai 2020) in Stuttgart mit dem umfassenden "Masterplan Kultur BW | Kunst trotz Abstand“ vor.
"Künstlerinnen und Künstler gehören mit zu den Hauptbetroffenen der Krise. Auch viele Kultureinrichtungen im Land durchleben aufgrund der Schließung eine existentiell schwierige Phase. Die Folgen der Corona-Pandemie haben unser Kulturleben fast zum Erliegen gebracht. Wir arbeiten daher mit ganzer Kraft daran, Kunst und Kultur weiter zu ermöglichen, die reiche kulturelle Landschaft in Baden-Württemberg zu erhalten und den Kontakt zum Publikum zu festigen. Unser Masterplan beinhaltet daher Öffnungsperspektiven genauso wie finanzielle Unterstützung, mit der wir Notlagen abmildern. Wir greifen Einzelnen und Einrichtungen zudem kräftig unter die Arme, damit sie kulturelle Angebote auch für die Zukunft erarbeiten können“, sagte Kunstministerin Theresia Bauer am Mittwoch (13. Mai) in Stuttgart. Der Masterplan umfasst insgesamt rund 45 Millionen Euro.
Der vorgelegte Masterplan sei nicht abschließend – "es wird weitere Aktualisierungen, Konkretisierungen und Ergänzungen abhängig von der jeweiligen Situation geben. Der Masterplan erlaubt uns, dynamisch auf die weiteren Entwicklungen zu reagieren“, so Bauer.
1. Öffnung
Das Kunstministerium hat die sukzessive Öffnung des Kulturlebens unter Wahrung von Abstands- und Hygieneregeln bereits eingeleitet: Die Bibliotheken und Archive im Land sind bereits seit 20. April geöffnet, Museen, Freilichtmuseen und Ausstellungseinrichtungen konnten seit 6. Mai wieder öffnen.
Freier Eintritt für Kinder und Jugendliche in Landesmuseen
"Kinder und Jugendliche sind von den Einschränkungen aufgrund der Pandemie besonders stark betroffen. Sie sollen von der Wiedereröffnung der Museen daher besonders profitieren. Wir werden deshalb ab sofort und für ein Jahr Kindern und Jugendlichen freien Eintritt in die Dauerausstellungen unserer Landesmuseen und im ZKM in Karlsruhe ermöglichen. Damit unterstützen wir auch viele Eltern, die in diesen Tagen stark gefordert sind mit homeschooling ihrer Kinder und vermutlich dankbar sind für zusätzliche Bildungsangebote“, sagte Kunststaatssekretärin Olschowski.
Öffnung mit Augenmaß: Kultur in kleinen Formaten ab 1. Juni
Kleine künstlerische Veranstaltungsformate sollen ab 1. Juni möglich werden, wenn die räumlichen Bedingungen das zulassen und die Einhaltung von Hygiene- und Abstandsvorgaben zum Schutz des Publikums und der Mitwirkenden garantiert werden kann. Außerdem muss die Rückverfolgbarkeit der Teilnehmer gewährleistet sein. Das MWK orientiert sich dabei an den Rahmenbedingungen, die für Gottesdienste vereinbart wurden. "Daraus ergibt sich, dass wir in einem ersten Schritt Veranstaltungen mit einem Richtwert von unter 100 Personen vorsehen. Bei speziellen Formaten, wie beispielsweise Autokinos, sind auch mehr Personen zulässig“, sagte Bauer. Die rechtlichen Voraussetzungen würden rechtzeitig in der Corona-Verordnung des Landes geschaffen. Wie der Veranstaltungsbereich über diese bald zulässigen Kleinformate hinaus geregelt werde, dazu tage eine interministerielle Arbeitsgruppe, deren Ergebnisse die Landesregierung in Kürze bekanntgeben werde.
"Die Kultureinrichtungen und viele andere Akteure der Breitenkultur haben bereits gute Lösungen erarbeitet für kleine, kreative Veranstaltungen, die Kunst und Kultur auch wieder analog in Berührung mit ihrem Publikum bringen – ob Liederabende oder Lesungen, Kammermusik oder Bands, Solistenauftritte, Kleinkunst, Tanz- und Theateraufführungen in kleiner Besetzung oder auch Kinovorführungen. Diese werden wir ermöglichen“, so die Ministerin.
Kunst und Kultur unter den Bedingungen der Pandemie mit den notwendigen Hygiene-, Zugangs- und Abstandsgeboten anzubieten, sei keine leichte Aufgabe – "wir unterstützen die Kultureinrichtungen deshalb auch bei notwendigen investiven Maßnahmen“, ergänzte Olschowski. Als erste Hilfe stelle das Kunstministerium über 2 Millionen Euro aus dem Innovationsfonds Kunst bereit, um unter der Überschrift "Kultur Sommer 2020“ kleinere Kulturveranstaltungen aller Sparten und auch der Breitenkultur, beispielsweise der vielen Vereine, zu fördern. "Ich danke allen, die unser kulturelles Leben bereits heute mit großem Einsatz und ihrer Kreativität bereichern oder mit großem Engagement ihre Planungen vorantreiben“, so Olschowski.
Probearbeit für professionelle Theater, Orchester und Chöre ermöglichen
Voraussetzung für einen möglichen Spiel- und Vorstellungsbetrieb sind Probearbeit und Training; auch um die neuen künstlerischen Formate durchführen zu können. Ab sofort darf daher auch der Probenbetrieb mit mehr als fünf Personen für professionelle Theater, Orchester sowie Chöre unter Einhaltung strenger Sicherheitsmaßnahmen wiederaufgenommen werden. "Um auch besonders sensiblen Bereichen wie professionellen Ensembles und Chören wieder eine Perspektive zu geben, wird es nötig sein, die gewachsenen Testkapazitäten auch dafür systematisch stärker zu nutzen“, so Bauer.
2. Unterstützung
Soforthilfe Corona für Solo-Selbständige, Einrichtungen und Vereine
"Mit dem Soforthilfeprogramm des Landes haben wir unmittelbar reagiert und konnten in den letzten Monaten bereits eine Vielzahl an Notlagen auffangen. Derzeit überlegen wir, ob wir das Programm verlängern können“, sagte Kunststaatssekretärin Petra Olschowski. Bislang seien 10.465 Anträge aus dem Kultur- und Kreativbereich bei der L-Bank eingegangen, 8.278 davon bewilligt und damit eine Summe von über 75 Millionen Euro bereits ausbezahlt worden (Stand: 12. Mai, Gesamtantragszahl: 251.043). "Baden-Württemberg ist bundesweit Vorreiter bei der Gestaltung der Soforthilfe für die Kulturschaffenden und die Kreativwirtschaft“, betonte die Staatssekretärin.
Zweiteiliges Corona-Notprogramm: 40 Millionen Euro für Kunst und Kultur
"Das höchste Ziel der Kunstpolitik des Landes ist es, existenziellen und dauerhaften Schaden von unserer vielfältigen Kunst- und Kulturlandschaft in Baden-Württemberg abzuwenden und die kulturelle Infrastruktur zu erhalten. Deshalb haben wir beantragt, ein Notprogramm für Kunst und Kultur im Umfang von 40 Millionen Euro aufzulegen aus den Mitteln der Corona-Rücklage des Landes. Ich hoffe, dass wir aus dem Parlament die dafür notwendige Unterstützung erhalten“, so Bauer weiter. "Unser Anliegen ist es, dass Einrichtungen nicht nur überleben können, sondern dass sie auch genügend Mittel in der Hand haben, um künstlerische Programme und Veranstaltungen für die Zukunft zu gestalten.“
Das Notprogramm soll aus zwei Teilen bestehen: "Mit einem Nothilfefonds im Umfang von über 32 Millionen Euro helfen wir wirtschaftlich gefährdeten Kunst- und Kultureinrichtungen sowie Vereinen der Breitenkultur. Mit einem Impulsprogramm ´Kunst trotz Abstand`, ausgestattet mit rund 7 Millionen Euro, fördern wir kulturelle Veranstaltungen, die auch unter den aktuellen Beschränkungen und unter Einhaltung von Auflagen umgesetzt werden können“, sagte die Ministerin. Kultureinrichtungen, Vereine der Breitenkultur und Kinos sollten dabei eng mit freischaffenden Künstlerinnen und Künstlern zusammenarbeiten; gefördert würden vor allem die Künstlerhonorare. "Damit erzielen wir eine Win-Win-Situation für Einrichtungen und Künstler“, betonte Bauer.
Unterstützung für Film, Medien und Kinos
Auch die MFG Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg habe schnell auf die Krise reagiert und Maßnahmen im Umfang von über einer Million Euro auf den Weg gebracht, erklärte die Staatssekretärin. Mit rund einer halben Million Euro beteilige sich die MFG an dem nationalen Maßnahmenpaket der Bundes- und Länderförderer für Kosten bei Filmproduktionen und Verleihmaßnahmen, die wegen der Corona-Krise abgebrochen oder verschoben werden mussten. In diesem Jahr verzichte die MFG außerdem auf fällige Darlehensrückzahlungen aus Produktions- und Verleihförderungen. Gemeinsam mit dem SWR plane die MFG dokumentarische Kurzfilme als Kaleidoskop über Corona-Geschichten zu fördern.
"Da viele gewerbliche Kinos im Land in große Not geraten, greifen wir auch ihnen wirksam unter die Arme, denn wir brauchen sie als kulturelle Zentren und als Orte des sozialen Zusammenhalts in ganz Baden-Württemberg“, unterstrich Staatssekretärin Olschowski.
Kulturpolitik-Dialog fortsetzen – gemeinsam Lösungen erarbeiten
"In den letzten Wochen haben wir in zahlreichen Telefonschalten und Videokonferenzen mit Künstlerinnen und Künstlern, mit Verantwortlichen aus den Theatern, Soziokulturellen Einrichtungen, Museen, Vereinen der Amateurkultur und Vertreterinnen und Vertreten von Kunst und Kultur aus dem ganzen Land die Situation intensiv besprochen, Probleme gehört und gemeinsam Lösungen entwickelt“, so Olschowski, die allen Beteiligen für ihr Engagement dankte.
"Auch mit unserem neuen Format #CooltourTalk stoßen wir auf großes Interesse und eine breite Resonanz, was mich sehr freut. Damit setzen wir unseren Dialog | Kulturpolitik für die Zukunft, dessen Abschlussveranstaltung mit dem Ministerpräsidenten für den 14. Mai terminiert war, nun unter anderen Vorzeichen produktiv fort“, sagte die Kunststaatssekretärin abschließend.
Den gesamten "Masterplan Kultur BW | Kunst trotz Abstand" finden Sie ab 14. Mai hier.