Seit Jahresbeginn ist Bremen Teil eines Pilotprojekts "Arts on Prescription in the Baltic Sea Region" ("Kunst auf Rezept"), das im Rahmen eines Programms der EU-Ostseeregion durchgeführt wird. Unter der Federführung von Dänemark beteiligen sich neben Deutschland auch Finnland, Lettland, Litauen, Polen und Schweden an dem Projekt, das von 2023 bis 2025 laufen soll. Für Deutschland nimmt Bremen als einziges Bundesland an dem Projekt teil, das von der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz, dem Senator für Kultur und der Bremer Volkshochschule umgesetzt wird.

Ziel des Projekts ist die Förderung der mentalen Gesundheit. Menschen mit psychischen Erkrankungen wie Depression, Stress oder Ängsten und Menschen, die gefährdet sind, eine solche Erkrankung zu entwickeln, werden von ihren Haus- und Fachärztinnen und Fachärzten sowie Psychologinnen und Psychologen keine Medikamente oder Therapien verschrieben. Stattdessen ermöglicht Kunst auf Rezept den Betroffenen, kostenlos an künstlerischen und kulturellen Aktivitäten in einer Gruppe teilzunehmen. Kunst auf Rezept folgt damit dem Social Prescibing-Ansatz, bei dem die psychosozialen Bedürfnisse und die soziale Gesundheit von Menschen in den Blick genommen werden. Insbesondere benachteiligte und belastete Bevölkerungsgruppen soll so der Zugang zu gesundheitsförderlichen Angeboten ermöglicht werden.

Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard: "Erkrankungen wie Depressionen, Stress und Angstzustände nehmen auch in Bremen zu. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, muss vermehrt auf alternative Unterstützungsangebote und Prävention gesetzt werden. Mit Kunst auf Rezept schaffen wir ein neues Angebot, bei dem der Präventionsgedanke im Vordergrund steht. Das Projekt verfolgt den international anerkannten Ansatz der Gesundheitsförderung durch gemeinschaftliche Beschäftigung mit Kunst und Kultur. Es birgt ein enormes Potenzial als innovativer und kostengünstiger Weg zur Verbesserung der psychischen Gesundheit."

Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz: "Die gesellschaftliche Relevanz von Kunst und Kultur wie auch der Eigenwert künstlerischer Produktion sind dem Senat bewusst und deshalb fördern wir beides. Es kann durchaus ein gesundheitsförderndes Element im Alltag sein, wenn kulturelle oder künstlerische Angebote genutzt werden - aktiv oder passiv. So können Kunst und Kultur die Lebensqualität in Bremen positiv beeinflussen und gegebenenfalls negative Nachwirkungen der Corona-Pandemie im psychosozialen Bereich auffangen. Um eine bessere Unterstützung für Betroffene zu ermöglichen, haben wir uns entschieden, das Pilotprojekt 'Arts on Prescription' auch in Bremen anzuwenden. Der Dank geht daher auch an alle Beteiligten, die sich hierfür engagieren."

Das Projekt "Arts on Prescription in the Baltic Sea Region" (AoP) stützt sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse, die darauf verweisen, dass Kunst einen gesundheitsfördernden Effekt für psychisch belastete Menschen haben kann. Bisherige Pilotprojekte und Evaluationen in diesem Bereich erfolgten nur in kleinem Rahmen. Den Behörden und Einrichtungen im Gesundheits- und Kulturbereich fehlt es noch an Wissen und es gibt kaum langfristige Finanzierungen und nachhaltige Verankerung in den Gesundheitssystemen. Das AoP-Projekt möchte das Konzept in der EU-Ostseeregion breiter und nachhaltiger implementieren, um mehr Menschen Zugang dazu zu bieten, sowie nachhaltige Strukturen zur Organisation und Finanzierung des Angebots in den beteiligten Ländern und Kommunen zu entwickeln. Dafür stehen Mittel in Höhe von 3,5 Millionen Euro zur Verfügung, finanziert durch das Förderprogramm Interreg - Baltic Sea Region 2021-2027.

Der Bremer Beitrag steht unter dem Titel Inklusion. Angeboten wird eine kostenlose Teilnahme an ausgewählten Kursen aus dem offenen Programm Bremer Kultureinrichtungen sowie begleitende Gruppen-Treffen. Die erste Pilotphase in der Bremer Volkshochschule (vhs) geht von Oktober bis Dezember 2023 und ist bereits erfolgreich gestartet. Es gab Plätze in fünf VHS-Kursen aus den Bereichen Gesang, Zeichnen, Malerei, kreatives Schreiben. Zudem haben Beratungsgespräche stattgefunden, weitere sind bereits terminiert. Für die zweite Pilotphase (April bis Juni 2024) werden noch mehr Plätze zur Verfügung stehen und das Angebot auf weitere Kultureinrichtungen erweitert.

Knapp über 30 rezeptüberweisende Einrichtungen in Bremen beteiligen sich zurzeit an dem Projekt, darunter Hausärztinnen und Hausärzte, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, Beratungsstellen, eine Tagesklinik, ein Reha-Projekt sowie die Gesundheitskräfte im Quartier. Auch hier haben weitere Einrichtungen bereits Interesse angemeldet.

Ein insgesamt großes Interesse und positive Rückmeldungen gab es dabei sowohl aus dem Gesundheitsbereich als auch dem Kulturbereich. So erhofft sich der Gesundheitsbereich eine Diversifizierung der Gesundheitsangebote und Entlastung des Gesundheitssystems. Darüber hinaus können nicht-medizinische beziehungsweise nicht-therapeutische, aber gesundheitsrelevante Bedarfe adressiert oder lebensweltbezogene Prävention gefördert werden. Für den Kulturbereich geht es um Anerkennung der Bedeutung von Kunst und Kultur für das mentale und soziale Wohlergehen, die Erschließung neuer Zielgruppen und Weiterentwicklung der eigenen Angebote und zusätzlicher Finanzierungsmöglichkeiten.

Großes Potenzial sehen die Projektpartner insbesondere in der Verknüpfung beider Bereiche. "Die Bremer Volkshochschule ist seit jeher sowohl im Bereich der Gesundheitsförderung, als auch im Kulturbereich aktiv. Wir freuen uns sehr, durch das Projekt diese Schnittstelle weiterzuentwickeln", so Susanne Nolte, stellvertretende Direktorin der Bremer vhs.