Auf seiner 37. Sitzung am 9. Dezember 2019 verabschiedete der Stiftungsrat die neuesten Vorhaben der Kulturstiftung des Bundes im Gesamtumfang von 8,5 Mio. Euro.
Breiten Raum nahm die Vorstellung von 7 neuen Modellregionen im Programm TRAFO – Modelle für Kultur im Wandel ein. Der Stiftungsrat bestätigte die Auswahl durch eine Fachjury, die aus 17 Bewerbungen erfolgte. Damit werden nun deutschlandweit 11 Regionen durch TRAFO gefördert. Das Programm startete 2015 zunächst mit vier Regionen und unterstützt die zukunftsfähige Transformation öffentlich finanzierter Kultureinrichtungen zu lebendigen Kultur- und Begegnungsorten in ländlichen Regionen.
Neu im Programm sind der Vogelsbergkreis (Hessen), die Region Uecker-Randow und die Region Mestlin (beide Mecklenburg-Vorpommern), die Landkreise Kusel/ Kaiserslautern (Rheinland-Pfalz), Köthen/Landkreis Anhalt-Bitterfeld (Sachsen-Anhalt), der Landkreis Rendsburg-Eckernförde (Schleswig-Holstein) sowie der Landkreis Altenburger Land (Thüringen).
Die Modellregionen erhalten jeweils bis zu 1,25 Mio. Euro von der Kulturstiftung des Bundes, mindestens 20% der Gesamtkosten steuern Ministerien, Landkreise und Kommunen selbst bei. Die Ausweitung des Programms verdankt sich seiner positiven Resonanz und ersten Erfolgen als wirksame und nachhaltige Kulturförderung im ländlichen Raum. Deshalb begrüßte der Stiftungsrat die nochmalige Aufstockung des Programms um2,5 Mio. Euro, so dass die Kulturstiftung des Bundes nunmehr insgesamt 26,6 Mio. Euro bis zum Jahr 2024 zur Verfügung stellen kann.
Den Empfehlungen der Fachjury zur Förderung von 15 Projekten im Fonds Digital – Für den digitalen Wandel in Kulturinstitutionen mit einem Fördervolumen von 13,2 Mio. Euro stimmte der Stiftungsrat ebenfalls zu, nachdem er bereits 2017 für den Fonds Digital insgesamt 15,8 Mio. Euro bewilligt hatte. Mit dem antragsoffenen Fonds Digital will die Kulturstiftung des Bundes Kultureinrichtungen aller Sparten darin bestärken, digitale Angebote in den Bereichen Kunst, Vermittlung und Kommunikation für die Belange der jeweiligen Institutionen besser zu nutzen oder modellhaft weiterzuentwickeln. Bewerbungen erfolgten im Verbund aus mindestens zwei öffentlich finanzierten Kulturinstitutionen gemeinsam mit Digitalen Partnern wie Forschungseinrichtungen oder Agenturen.
Die Initiative für postkoloniales Erinnern in der Stadt (AT) führt von 2020 bis 2024 ein von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Kultureinrichtungen des Landes Berlin gemeinsam kuratiertes, umfangreiches Recherche-, Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramm zum Erbe der Kolonialgeschichte durch. Die Kulturstiftung des Bundes konzentriert ihre Förderung dabei auf zwei Teilprojekte im Gesamtprogramm. Zum einen handelt es sich um eine webbasierte interaktive Weltkarte, die die interkontinentale Verflochtenheit von Erinnerungsorten in der Hauptstadt Berlin und anderen deutschen Städten mit kolonialen Machtsystemen weltweit zeigt. Biografien von Kolonisierten und deren Nachfahren, Instituts- und Organisationsgeschichten von kolonialen Behörden, Firmen, Museen, antikolonialem Widerstand, Geschichten von Objekten aus Sammlungen Berliner Museen sowie Stadtrundgänge in verschiedenen deutschen Städten mit kolonialer Vergangenheit komplettieren die digitale Weltkarte. Das zweite Teilprojekt besteht in einer Reihe von Ausstellungen in mehreren Berliner Bezirksmuseen, die die Berliner Kolonialgeschichte und ihre Nachwirkungen bis in die Gegenwart dokumentieren. Die Kulturstiftung des Bundes beteiligt sich mit 1 Mio. Euro an der vom Land Berlin geförderten Initiative für postkoloniales Erinnern (AT) in Trägerschaft der Stiftung Stadtmuseum Berlin.
Im Jahr 2021 zeigt das Deutsche Historische Museum in Berlin die Ausstellung Politische Geschichte der documenta. Die documenta reflektiert gesellschaftliche Entwicklungen in der Bundesrepublik im Spiegel der Kunstpräsentation, -vermittlung und -aneignung. Anhand dieses künstlerischen Großereignisses und bundesrepublikanischen Aushängeschilds wird die Politik- und Kulturgeschichte der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1955, der erstmaligen Ausgabe der documenta, bis 1997, der documenta X, in ihrem internationalen Kontext erzählt. Die Ausstellung reflektiert die Herausforderungen eines ästhetischen und kulturpolitischen Neuanfangs in der Nachkriegszeit, die Westanbindung im Feld der zeitgenössischen bildenden Kunst und die Abgrenzung gegenüber dem Osten im Zuge des Kalten Krieges. Eine zweite Ausstellung im DHM differenziert das Bild eines radikalen ästhetischen Neuanfangs in der Bundesrepublik, mit dem sich Kultur und Politik öffentlich schmückten. NS-Künstler aus der sogenannten "Gottbegnadetenliste" von Hitler und Goebbels erhielten auch in der Bundesrepublik bis in die 1960er Jahre öffentliche Aufträge. Deren Arbeiten im öffentlichen Raum zeugen von der Kontinuität antimoderner Kunstauffassungen. Das Ausstellungsprojekt im DHM entsteht in Kooperation mit großen internationalen Museen und wird von der Kulturstiftung des Bundes mit 735.000 Euro gefördert.
4,3 Mio. Euro wurden insgesamt für 31 Projekte der Allgemeinen Projektförderung bewilligt. Unter anderen gehören dazu eine Retrospektive zum Künstler Frank Walter im MMK Frankfurt/M.; die Gruppenausstellung Survival of the Fittest im Kunstpalais Erlangen zum Verhältnis von Natur und Hightech in der zeitgenössischen Kunst; die Ausstellung Resist! zur Kunst des Widerstands im Rautenstrauch-Joest-Museum Köln; das Klangkunstfestival Monheim am Rhein mit akustischen Interventionen im öffentlichen Raum; das Performance- und Videoprojekt Hexploitation des Künstlerkollektivs She She Pop über die Angst vor der alten Frau; die Ausstellung Beyond the Pain der Galerie Stadt Sindelfingen, die nach Techniken und positiven Effekten der Schmerzüberwindung im Medium der Kunst fragt; die internationale Konzertreihe Aggregate, die neuartige Klänge durch computergesteuerte Orgelinstrumente in Deutschland, Belgien, den Niederlanden und Island präsentiert; das Ensemblefestival für aktuelle Musik 2020 in Leipzig; die Ausstellung Beyond the Black Atlantic im Kunstverein Hannover mit Werken von Künstlerinnen und Künstlern aus den Anrainerstaaten des Atlantiks; eine Retrospektive zum US-amerikanischen Maler Forrest Bess im Fridericianum Kassel; das Tanzprojekt The Drying Prayer des Choreografen Taigué Ahmed, das die Transformationen rund um den Lebensraum des Tschadsee in einer getanzten Kartografie zeigt; die Ausstellung Künstliche Intelligenz. Die Reorganisation der Welt im Deutschen Hygiene-Museum Dresden.