Der Deutsche Kulturrat hat den Umgang des Auswärtigen Amts mit dem Vorhaben einer deutschen Künstlerakademie in Istanbul kritisiert. «Es wäre vollkommen falsch, dieses wichtige Projekt zu verhindern», sagte Geschäftsführer Olaf Zimmermann am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Gerade in der Türkei und in Istanbul sei ein solches Haus vernünftig und logisch, weil es den kulturellen Austausch erlaube und zur Integrationsdebatte beitrage.

Der Bundestag hatte 2009 Mittel für die Errichtung einer Akademie mit Künstleraustausch und Stipendienprogramm in Tarabya, der historischen Sommerresidenz des deutschen Botschafters in Istanbul, bereitgestellt. Vorbild ist die Villa Massimo in Rom. In den vergangenen Wochen erklärte das Auswärtige Amt das Vorhaben für gescheitert. Es werde neue Pläne geben.

Zimmermann forderte die im Außenamt für Kulturfragen zuständige Staatsministerin Cornelia Pieper (FDP) zum Handeln auf. Der Umgang mit Tarabya werde für die Liberale zum Lackmustest. «Ich bin überrascht», so der Geschäftsführer, dass man ein solches Projekt einfach zur Disposition stellen kann». Wenn Pieper sich nicht kämpferisch engagiere, wäre das «auch für sie selbst zutiefst bedauerlich».

Bei der Debatte um Tarabya gehe es längst nicht nur um eine Künstlerakademie, sondern um eine Symbolfrage, erläuterte Zimmermann. Irritierend sei, dass Minister Guido Westerwelle sehr kulturinteressiert sei, sein Haus aber eine solche Entscheidung treffe. Damit agiere es gegen eine Entscheidung des Parlaments.

Zimmermann betonte, er befürchte, dass Tarabya nur die Spitze eines Eisbergs sei. «Und wir wissen ja alle aus Erfahrung, dass der Eisberg unter der Wasseroberfläche dann weit größer ist», meinte er. Es dürfe bei der auswärtigen Kulturpolitik nicht zu einer erneuten «Fischerisierung» kommen, sagte er unter Anspielung auf den Außenminister der rot-grünen Regierung von 1998 bis 2005, Joschka Fischer (Grüne). Dessen Nachfolger Frank-Walter Steinmeier (SPD) habe in diesen Politikbereich Ruhe und Verlässlichkeit hineingebracht und habe sich bei den Mittlerorganisationen großes Ansehen erworben. Ein erneuter Wandel wäre zutiefst bedauerlich.

Vor zehn Tagen hatte das Außenamt mitgeteilt, das bisherige Konzept für eine deutsche Künstlerakademie in Istanbul werde nicht umgesetzt. Die ursprünglichen Planungen würden überarbeitet. Das sorgte bei Fachpolitikern der CDU und der Grünen für Empörung. Sie forderten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Eingreifen auf.

Seit Jahren laufen Vorarbeiten für die Akademie, die ein Ort des künstlerischen Austauschs mit der Istanbuler Kunst- und Kulturszene werden soll. Zuletzt hatte der Bundestags-Haushaltsausschuss im Juli vorigen Jahres sechs Millionen Euro für das Vorhaben freigegeben. Zwischenzeitlich war eine Eröffnung im Jahr 2010 geplant. Istanbul ist 2010 eine der Kulturhauptstädte Europas. Die Akademie in Istanbul sollte nach bisherigem Stand in Partnerschaft mit dem Goethe-Institut entstehen und je sieben Künstlern unterschiedlicher Sparten aus Deutschland bis zu sechsmonatige Aufenthalte ermöglichen. Das Grundstück von Tarabya hatte Sultan Abdülhamid II. 1880 dem Deutschen Reich geschenkt.

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