Die Kulturpolitische Gesellschaft setzt sich dafür ein, die Rolle der Kulturstatistik in Deutschland als Basis konzeptbasierter Kulturpolitik inhaltlich und strukturell zu stärken. Bereits vor 15 Jahren verwies der Schlussbericht der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages »Kultur in Deutschland« darauf, dass statistische Daten zum kulturellen Leben eine unverzichtbare Grundlage für kulturpolitische Entscheidungen sein sollten. Dieser Anspruch ist bis heute nicht eingelöst, da der Kulturstatistik in Deutschland nach wie vor ein geringer Stellenwert eingeräumt wird – insbesondere im direkten Vergleich mit anderen Ressorts wie Bildung und Wirtschaft oder bei einem Vergleich mit anderen Ländern Europas.

Jetzt ist ein geeigneter Zeitpunkt, dem Desiderat Rechnung zu tragen und die richtigen Weichen für die Zukunft zu stellen. Denn: Im Jahr 2022 wird über die weitere Entwicklung der Kulturstatistik entschieden. Die 2014 bzw. 2017 aufgelegten, befristeten Projekte »Aufbau einer bundeseinheitlichen Kulturstatistik« und »Bundesweite Kulturstatistik«, die von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und der Kultusministerkonferenz beauftragt sowie finanziert und die vom Statistischen Bundesamt realisiert werden, laufen Ende 2022 aus. Aus Sicht der Kulturpolitischen Gesellschaft ist es deshalb an der Zeit, die Forderungen aus dem Schlussbericht der Enquete-Kommission einzulösen.

Absätze

„Kulturpolitik braucht Kulturstatistik als Basis ihrer konzeptionellen Entwicklung und zukünftigen Ausgestaltung.“
Autor
Dr. Tobias J. Knoblich, Präsident der Kulturpolitischen Gesellschaft

Denn Kulturstatistik verfolgt mehrere Ziele: Sie bietet Transparenz (Informationsinstrument), ermöglicht die Darstellung von Entwicklung (Analyse- und Reflexionsinstrument), ist von grundlegender Bedeutung für kulturpolitische Diskussionen (Diskursinstrument) und bildet vor allem die Grundlage für kulturpolitische Steuerungen (Governance).

Um Kulturstatistik als Instrument einer konzeptbasierten Kulturpolitik und -verwaltung einsetzen zu können, sind folgende Ansprüche und Anforderungen zu berücksichtigen:

a) die Einführung eines qualifizierten Monitorings im Sinne einer regelmäßigen kulturstatistischen Berichterstattung, möglichst auf einer gesetzlichen Grundlage (wie z.B. im Bildungsbereich), als Ziel;

b) der Ausbau einer geeigneten verstetigten Arbeitsstruktur, einschließlich der notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen auf nationaler Ebene;

c) die Überprüfung und ggf. Neudefinition des kulturstatistischen Aufgabenpakets auf dem Hintergrund aktueller Fragestellungen und neuer Herausforderungen unter Berücksichtigung von Qualität und Aktualität;

d) die Weiterentwicklung der Kulturstatistik mit Blick auf methodische Fragen der Datenerhebung und -analyse sowie die Qualifizierung für deren Vermittlung und Interpretation;

e) die Erarbeitung einer ausdifferenzierten Produktpalette – zugeschnitten auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der verschiedenen Nutzer*innengruppen (von Kulturpolitik und -verwaltung über Kultureinrichtungen und der wissenschaftlichen Community bis zur Presse);

f) die Anwendung neuer Formen der Visualisierung und Vermittlung, um Kulturstatistik einem noch breiteren Nutzer*innenkreis zugänglich zu machen;

g) die Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit zum Zweck des gegenseitigen Voneinander Lernens als auch für die weitere konzeptionelle Harmonisierung der nationalen Kulturstatistiken mit dem Ziel der besseren Vergleichbarkeit.

Der Präsident der Kulturpolitischen Gesellschaft, Dr. Tobias J. Knoblich, erklärte dazu: »Kulturpolitik braucht Kulturstatistik als Basis ihrer konzeptionellen Entwicklung und zukünftigen Ausgestaltung. Sie inhaltlich und methodisch weiterzuentwickeln sowie strukturell und finanziell abzusichern, war und ist auch unser Ziel als Kulturpolitische Gesellschaft. Dieses Ziel voranzubringen, kann nur gemeinsam und in Kooperation gelingen – mit Akteur*innen aus Kulturpolitik von Bund, Ländern und Kommunen, den Kulturverbänden sowie den datenproduzierenden, -vermittelnden und -nutzenden Akteur*innen aus Forschung, Aus- und Weiterbildung und der kulturellen Praxis. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um diesen weiteren Schritt in der Kulturpolitikentwicklung zu gehen.«

Setzen wir uns also gemeinsam dafür ein, was in anderen Politikfeldern bereits gegeben und erprobt ist: eine starke Kulturstatistik in Deutschland!
 
Die Kulturpolitische Gesellschaft e.V. ist eine bundesweite Vereinigung von über 1.500 kulturpolitischen Akteur*innen und an Kulturpolitik interessierten Menschen. Seit 1976 setzt sie sich auch für die Entwicklung und Qualifizierung der Kulturpolitikforschung und -statistik ein. Seit 1996 ist diese Aufgabe in ihrem Institut für Kulturpolitik verankert, das von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert wird.