Die Landesregierung von NRW hat zu einem kulturpolitisch brisanten Thema geladen: „Der Umgang mit Kunst im Unternehmensbesitz des Landes NRW“. Schon der Arbeitstitel des „Runden Tisches“ zeigt, dass sich die Regierung schwer damit tut, sich für den teilweise höchst wertvollen Kunstbesitz ihrer Landesgesellschaften verantwortlich zu fühlen. Während Ministerpräsidentin Kraft sich bei diesem Thema im Zuge der Abwicklung der ehemaligen Landesbank WestLB zurückhält, haben die Fachminister Walter-Borjans (Finanzen) und Ute Schäfer (Kultur) Mut bewiesen. Gemeinsam haben sie einen Runden Tisch aus Experten eingerichtet, an dem sich neben den kulturpolitischen Sprechern der NRW-Landtagsfraktionen auch einige Museen, Stiftungen und Verbände wie der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI beteiligen.

Der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft vertritt die Auffassung, dass der Kunstbesitz des Landes NRW gemäß des Verfassungsauftrages zu schützen ist, unabhängig von der Frage, ob sich dieser direkt im Besitz öffentlicher Einrichtungen oder in Tochtergesellschaften des Landes befindet. Niemand bestreitet, dass Kunst lebendig ist und auch verkauft werden darf. Allerdings hält der Kulturkreis es für moralisch fragwürdig, wenn der gesamte Kunstbesitz der ehemaligen WestLB, der mit einem Versicherungswert von 25 Millionen Euro angegeben ist, für Managementfehler herhalten muss. Insbesondere die Stradivari „Lady Inchiquin“, die derzeit von dem weltweit gefragten Geiger, Frank Peter Zimmermann, gespielt wird, darf die Portigon AG nicht einfach unter den Hammer geben, ohne dass sichergesellt wird, dass Zimmermann mit dieser Violine auch in Zukunft weltweit künstlerischer Botschafter für NRW und für Deutschland sein kann.

Dazu der Geschäftsführer des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft, Dr. Stephan Frucht: „Ich bin einigermaßen irritiert, dass beim Runden Tisch angekündigt wird, alle möglichen Optionen ohne Zeitdruck prüfen zu wollen. Denn vorher hat die Portigon AG Herrn Zimmermann bereits wissen lassen, dass er selbst die Geige nur vor dem Verkauf retten kann, wenn er sie noch im Februar selbst erwirbt, und zwar zu einem Preis, der deutlich über dem Gutachterwert liegt. Umso mehr begrüße ich, dass Ministerin Schäfer die Stradivari – neben zwei weiteren Streichinstrumenten und neun weiteren Kunstwerken – als national wertvoll im Sinne des Kulturgutschutzgesetzes eingestuft hat. Somit sollte die Portigon AG die Stradivari nicht vorschnell aus ihren Bilanzen streichen, sondern dafür sorgen, dass Herr Zimmermann sie weiter spielen kann.“