Wer war eigentlich Luigi Cherubini? Selbst die Forscher stehen vor Hindernissen: Die Quellenlage für das Studium seiner Werke ist diffus, es gibt nur wenige verlässliche Werkausgaben und große Teile des Oeuvres dieses Mozart- und Beethoven-Zeitgenossen sind unbekannt. Anlässlich seines 250. Geburtstags (*14.09.1760 in Florenz) befasst sich nun ein internationaler Kongress mit dem italienischen Komponisten: Unter dem Titel „Cherubini – vielzitiert, bewundert, unbekannt“ findet die Tagung vom 25. bis 27. November 2010 im Festsaal Fürstenhaus der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar statt.

Verschiedene Aspekte des Cherubini-Werkes und das bisher nur in Teilen erforschte Wirken und Schaffen des Komponisten werden beleuchtet. In den Mittelpunkt rückt die ästhetische Einordnung vor allem des mächtigen Opernschaffens. Konkret geht es hier um die Problematik der kritischen Auseinandersetzung mit der Kolonialisierung Südamerikas (L’Idalide), des Ifigenien- oder Démophoon-Stoffes sowie der Blick auf den bedeutenden Lehrer und Wegbereiter Cherubinis, Giuseppe Sarti. Auch das spätere französische Opernwerk (Médée/Les Abençérages) wird untersucht.

Fragen zum Sublimen und Erhabenen betreffen Kirchenmusik und Oper gleichermaßen: Aus Cherubinis umfangreichem sakralem Schaffen werden unbekannte frühe Messen vorgestellt und die späteren sinfonisch anmutenden Werke neu diskutiert. Ein weiteres Thema bildet eine Neubewertung der Quellen der Streichquartette. Wenig berücksichtigt wurden überdies bislang die widersprüchlichen Rezensionen von Cherubinis Werken: Das Echo reichte von vorbehaltloser Bewunderung (Beethoven, Haydn, Brahms) bis hin zu harscher Kritik (Berlioz). Einen wichtigen Beitrag zu editorischen Problemen soll ein Roundtable leisten.

Den Kongress flankieren eine kleine Ausstellung, die die Cherubinischen Werke in ihrer Rezeption an den mitteldeutschen Bühnen – speziell Thüringens – veranschaulichen soll, sowie drei Konzerte, in denen einige der diskutierten Werke zu hören sein werden. So erklingen in Weimar unbekannte Arien aus Cherubinis Opern, frühe Messkompositionen und einige seiner Streichquartette. Geleitet wird der Kongress von der Musikwissenschaftlerin Prof. Dr. Helen Geyer, die derzeit auch eine wissenschaftlich-kritische Cherubini-Werkausgabe im Simrock-Verlag verantwortet. Prof. Geyer ist Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirates des Deutschen Studienzentrums Venedig e. V. und Mitglied des Präsidiums der Alexander-von-Humboldt-Gesellschaft.

Veranstalter des Kongresses ist die Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar in Kooperation mit dem gemeinsamen Institut für Musikwissenschaft der Hochschule und der Friedrich- Schiller-Universität Jena, der Internationalen Cherubini-Gesellschaft und dem Deutschen Studienzentrum, Venedig e. V. Finanziell unterstützt wird die Tagung von der Gerda Henkel Stiftung, der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Internationalen Cherubini-Gesellschaft e. V. Kongressleiterin Prof. Helen Geyer ist Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirates des Deutschen Studienzentrums, Venedig e. V. und Mitglied des Präsidiums der Alexander-von-Humboldt-Gesellschaft.

Luigi Cherubini (1760-1842) war ein außerordentlich vielseitiger Künstler und Kosmopolit. Neben seinem Wirken als Komponist und Direktor des Pariser Conservatoire betätigte er sich auch als Maler und Botaniker. Seine Werke erfreuten sich auf deutschen Bühnen großer Beliebtheit, seine Ouvertüren empfand Richard Wagner als vorbildhaft. Robert Schumann verglich seine Streichquartette mit Dichtungen Dantes, und Cherubinis Messe in d-Moll von 1811 sprengte in mancher Hinsicht die Maßstäbe der Missa Solemnis Beethovens.