Angesichts der Finanznot der Kommunen hat der Deutsche Kulturrat die Oberbürgermeister von Städten über 100.000 Einwohner gebeten, zu skizzieren, wie sie meinem, dass sich die Kultur in ihrer Stadt mit Blick auf die schwierige Haushaltslage im Jahr 2006 entwickeln wird, welche Chancen und welche Risiken gesehen werden.
Mehr als 50% der deutschen Großstädte haben sich an der Befragung beteiligt. Geantwortet haben die Oberbürgermeister von: Aachen, Bochum, Bonn, Bottrop, Braunschweig, Chemnitz, Darmstadt, Dresden, Düsseldorf, Duisburg, Erfurt, Erlangen, Essen, Frankfurt am Main, Freiburg im Breisgau, Fürth, Gera, Göttingen, Hagen, Hamburg, Hamm, Heidelberg, Hildesheim, Karlsruhe, Köln, Lübeck, Magdeburg, Mainz, Mönchengladbach, Mülheim an der Ruhr, Münster, Neuss, Nürnberg, Oberhausen, Paderborn, Potsdam, Reutlingen, Saarbrücken, Salzgitter, Siegen, Stuttgart, Trier, Wiesbaden und Würzburg.
Gemeinsame Not: Haushaltskonsolidierung
Allen Städten ist gemeinsam, dass die Notwendigkeit zur strikten Haushaltskonsolidierung besteht. Trotz der Haushaltsnot herrscht bei den befragten Städten die Position vor, den Kopf nicht in den Sand zu stecken, sondern durch ein ausgewogenes Verhältnis von Breiten- und Spitzenförderung die kulturelle Daseinsvorsorge sicherzustellen. Dieser Begriff bzw. der der kulturellen Grundversorgung zieht sich als roter Faden durch die Argumentation der Oberbürgermeister. Kulturpolitik wird als Teil der Stadtpolitik und ganz besonders der Stadtentwicklung gesehen.
Gemeinsames Anliegen: Kulturelle Bildung
Entsprechend der Bedeutung, die der Breitenkultur beigemessen wird, wird die kulturelle Bildung von den meisten Oberbürgermeistern als ein wesentliches Feld ihrer Arbeit betrachtet.
Gemeinsame Perspektive: Privates Engagements ist unverzichtbar
Unisono wird von den Oberbürgermeistern betont, dass das private Engagement unerlässlich ist, um die kulturelle Infrastruktur in den Städte zu sichern. Dabei wird zum einen die Wirtschaft in die Pflicht genommen, als Sponsoren von kulturellen Veranstaltungen, Events, Festivals aber teilweise auch des normalen Betriebs einzutreten. Zum anderen wird teilweise auf public-private-partnership gesetzt, das heißt längerfristiger und dauerhafter Finanzierung - auch von Kultureinrichtungen – gemeinsam durch Unternehmen und öffentliche Hand.
Häufiges Problem: Verhältnis Stadt – Land
Viele Oberbürgermeister berichten von dem Problem, das sinkende Landeszuschüsse zu Kultureinrichtungen, die gemeinschaftlich vom Land und der Kommune gefördert werden, das Kulturangebot in der Stadt verschlechtern, da die Städte die sinkenden Landeszuschüsse nicht auffangen kann. Insbesondere die Unsicherheiten hinsichtlich der künftigen Landeshaushaltspolitik machen es den Kommunen schwer, ihren Kulturhaushalt zu planen.
Zukunftsproblem: Demografischer Wandel
Eine besondere Herausforderung bildet der demografischen Wandel sowie die Abwanderung. Besonders in den ostdeutschen Kommunen stellt die Abwanderung eine ernste Gefahr dar, aber auch die westdeutschen Kommunen mit einer schwachen wirtschaftlichen Ausgangssituation sind massiv von Abwanderung betroffen.
Lösungsstrategie: Veränderte Strukturen
Sowohl in den Kultureinrichtungen als auch in der Kulturverwaltung wurden in den vergangenen Jahren eine Reihe von Strukturveränderungen eingeleitet. Die Kulturverwaltung gehörte bereits in den 90er Jahren zu den Vorreitern, als es um die Umsetzung des so genannten Neuen Steuerungsmodells ging. Die Kulturverwaltung heute hat mehr und mehr die Funktion eines Moderators. Auch die Verwaltungsstrukturen der Kultureinrichtungen wurden verändert. Sie wurden teilweise in GmbHs überführt oder mehrere Kultureinrichtungen wurden zusammengeführt. Diese Maßnahmen sollten u.a. dazu dienen, die vorhandenen Mittel effektiver einzusetzen und Einsparungen vorzunehmen.
Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: Die Oberbürgermeisterbefragung 2006 des Deutschen Kulturrates macht deutlich, dass gerade die Städte die kulturelle Infrastruktur zur Verfügung stellen. Es wird aber auch deutlich, das die Städte auf Grund der drängenden Finanzsorgen in der Zukunft noch mehr Kultureinrichtungen privatisieren wollen und über public-private-partnership-Konzepte in die, zumindest teilweise, Verantwortung von privaten Unternehmen geben wollen. Hier bahnt sich ein fundamentaler Wandel bei der Finanzierung von Kultureinrichtungen in den Kommunen an, bei dem zu befürchten ist, dass in der Zukunft des öfteren Kultureinrichtungen in Insolvenzgefahr geraten werden. Bremen lässt grüßen.“
Die Oberbürgermeisterbefragung Kultur 2006 ist abgedruckt in der November/Dezember-Ausgabe von politik und kultur, der Zeitung des Deutschen Kulturrates, die an großen Kiosken, sowie in Bahnhöfen und Flughäfen erhältlich ist.
Absätze
Quelle
http://www.kulturrat.de