Zum fünften Mal ist der Hessische Hochschulpreis für Exzellenz in der Lehre im Rahmen eines Festakts im Schloss Biebrich in Wiesbaden verliehen worden. Staatsministerin Eva Kühne-Hörmann zeichnete gemeinsam mit dem Geschäftsführer der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, Prof. Dr. Michael Madeja, die Preisträger in insgesamt fünf Kategorien aus.

Der mit 150.000 Euro dotierte erste Projektpreis geht an die Gesangsabteilung der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main. Die weiteren Projektpreise gehen an den Fachbereich Maschinenbau der Technischen Universität Darmstadt (100.000 Euro) und den Fachbereich Biologie und Chemie der Justus-Liebig-Universität Gießen (50.000 Euro). Die mit 60.000 Euro dotierte Auszeichnung für eine Einzelperson erhält Prof. Heiner Goebbels, Universität Gießen. Der Tutorenpreis in Höhe von 15.000 Euro geht an Robert Nicolai Karpi von der Hochschule RheinMain.

88 Bewerber hatten sich diesmal um den mit 375.000 Euro deutschlandweit höchstdotierten Landespreis für exzellente Leistungen in der Ausbildung, Beratung, Betreuung und Prüfung von Studierenden beworben. Das waren 54 Prozent mehr als 2010.

„Die Hochschulen haben erkannt, dass exzellente Lehre eine der wichtigsten Kriterien im Wettbewerb der Hochschulstandorte um den qualifizierten Nachwuchs ist. Neben der erstklassigen Forschung ist gute Lehre heute auch maßgeblich mitentscheidend für den Ruf und die internationale Anerkennung im In- und Ausland“, sagte Kühne-Hörmann. Hessen sei stolz darauf, dass sich der Preis mittlerweile zu einer festen Größe und einer bedeutenden Auszeichnung für Hochschulen, Wissenschaft und Lehre etabliert habe. „Die hohe Beteiligung spiegelt auch die große Akzeptanz und Anerkennung des Preises in den Hochschulen wider.“ Die Ministerin dankte gleichzeitig der Hertie-Stiftung für deren Engagement und großzügige Unterstützung.

Hervorragende Forschung und Lehre sind nach den Worten der Ministerin als zwei gleichwertige und wesentliche Ziele einer Hochschule zu begreifen, die in Wechselwirkung zueinander stehen: „Auch die Exzellenz in der Forschung basiert immer auf einem exzellenten wissenschaftlichen Nachwuchs. Dessen Qualifizierung beginnt mit dem ersten Semester des Studiums. Und an dieser Stelle treffen sich die Exzellenzzielsetzungen von Forschung und Lehre.“

In seiner Festrede sagte der ehemalige Präsident der Hochschulrektorenkonferenz Prof. Dr. Klaus Landfried: „Die heutige Preisträgerin und die Preisträger sind allesamt auf ihren Gebieten lebende Zeugen für den Erfolg, ja für die Begeisterung, mit der sie, zusammen mit ihren Studenten, die Muster lange tradierter Lehrformen gebrochen und zugleich neue, zukunftsträchtige geschaffen haben.“ Sie hätten die Aufgabe, studentisches und professorales, also gemeinsames Lernen in den Hochschulen noch besser zu organisieren, vorbildlich erfüllt. Aktives, erkundendes Lernen sei zwar ebenso so anstrengend wie bloßes Auswendiglernen dafür allerdings ungleich befriedigender – zumal derart erarbeitete Themen, nachhaltiger haften blieben als bloß auswendig gelerntes Wissen.

Um in Hessen einen zusätzlichen Anreiz für das Angebot an hervorragendem Hochschulunterricht zu schaffen, hatten das Ministerium für Wissenschaft und Kunst und die Gemeinnützige Hertie-Stiftung 2007 erstmals den Hessischen Hochschulpreis für Exzellenz in der Lehre ausgelobt. Das Land stellt dafür 250.000 Euro zur Verfügung, die für dienstliche Zwecke vorgesehen sind, 125.000 Euro sind für die persönliche Verwendung gedacht und stehen dank der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung zur Verfügung. Durch die Preisvergabe wird so die individuelle Leistung der einzelnen Lehrenden honoriert: Es ist eine persönliche Auszeichnung für jede einzelne Preisträgerin und jeden Preisträger für die Arbeit vieler Jahre.

Der Preis zielt ab auf die Entwicklung und Umsetzung von zukunftsweisenden Lehrkonzepten, Prüfungsmethoden und Beratungsleistungen. Er zeichnet Personen, Arbeitsgruppen oder Organisationseinheiten aus, die solche Konzepte erarbeiten und verwirklichen. Zugleich trägt die Auszeichnung zur Profilierung der Hochschulen bei und bietet jeder hessischen Hochschule die Möglichkeit, sich ein Renommee gerade auf diesem Gebiet zu schaffen.

Die eingereichten Bewerbungen waren von einer vom Wissenschaftsministerium eingesetzten, paritätisch mit Studierenden und Lehrenden besetzten Jury geprüft worden. Nach einer ersten Auswahl aufgrund der schriftlichen Anträge hatte dieses Gremium die Lehrveranstaltungen vor Ort besucht und danach die endgültige Entscheidung getroffen.

Die Projekte der Preisträger und weitergehende Informationen sowie die Broschüre zu dem Wettbewerb erhalten Sie im Internet unter der Adresse: www.hochschullehrpreis.hessen.de.


1. Projektpreis – 150.000 Euro

Orpheus auf neuen Wegen - Gesangsausbildung im Team
Prof. Hedwig Fassbender (Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt)

Der Kern der künstlerischen Ausbildung an Musikhochschulen ist der Einzelunterricht, der in der langen Tradition des klassischen „Meister-Schüler-Verhältnisses“ steht. Die klassische Meisterklassen-Ausbildung wurde durch die Umstellung auf die Bachelor- und Masterstudiengänge im Rahmen des Bologna-Prozesses in der Gesangsausbildung an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt in Frage gestellt. Das Orpheus-Projekt ersetzt diese Meister-Schüler-Ausbildung durch ein einmaliges, ganzheitliches und praxisorientiertes neues Lehrkonzept: Es basiert – bisher vollkommen unüblich für die Gesangsausbildung – auf Team-Teaching, also einer engen Kooperation der Lehrenden, und offenem Unterricht. Die Unterrichte greifen ineinander, so dass Synergien zwischen den Fächern geschaffen werden können und der Lerneffekt multipliziert wird. Im Mittelpunkt stehen die Studierenden, die darüber hinaus frühzeitig Gelegenheit erhalten, intensive Erfahrungen in der Berufspraxis zu sammeln.


2. Projektpreis – 100.000 Euro

Prozesslernfabrik CiP
Prof. Dr.-Ing. Eberhard Abele, Felix Brungs (Technische Universität Darmstadt)

Das Fehlen von praxisorientiertem Wissen über Abläufe in Produktionsunternehmen bei Absolventinnen und Absolventen im Fach Maschinenbau war mit ein Grund, um ein neues Lehrkonzept zu entwickeln. Der Traum der Preisträger war vor 5 Jahren eine realitätsnahes „Produktionsunternehmen mitten im Campus“ zu bauen. Inzwischen ist dieser Traum realisiert und zu einem Leuchtturm an der TUD geworden. Hier können angehende Ingenieurinnen und Ingenieure die komplexen Prozesse des Produktionsmanagements anhand von zwei marktfähigen Produkten und an „echten“ Maschinen lernen. Die Lernfabrik zielt darauf ab, Begeisterung für die Vielschichtigkeit und Komplexität der Produktionstechnologie zu wecken; sie vermittelt außerdem höchst effizient Wissen im Bereich der sogenannten Lean-Methoden. Die theoretischen Grundlagen von Abläufen und Prozessen in einem Industrieunternehmen werden sehr realitätsnah vermittelt. Die Studierenden sind so optimal auf den späteren Berufseinstieg vorbereitet, die Einarbeitungszeit im Betrieb wird deutlich verkürzt.


3. Projektpreis – 50.000 Euro

Modul Bioanorganik
Dr. Christian Würtele (Justus-Liebig-Universität Gießen)

Da berufsqualifizierende Kompetenzen heute von Hochschulabsolventinnen und -absolventen zunehmend gefordert werden, der Lernerfolg von Lehrveranstaltungen oft aber auf die Reproduktion von Fachwissen beschränkt bleibt, wurde das Modul Bioanorganik am Fachbereich Chemie gänzlich neu konzipiert. Ziel war es, dass die Studierenden sich neben der fachlichen Kompetenz vor allem überfachliche Schlüsselqualifikationen wie Projektmanagement, Teamfähigkeit und Problemlösungskompetenz aneignen. Die Neukonzeption sieht neben einer Vorlesung und einer Praktikumseinheit die eigenständige Organisation und Durchführung eines wissenschaftlichen Symposiums für Schulklassen der Oberstufe vor. Die Studierenden schlüpfen in die Rolle der Lehrenden und vermitteln einem Publikum, das – im Gegensatz zu anderen Studierenden – kein Fachwissen besitzt, spannend wissenschaftliche Themen.


Einzelpreis – 60.000 Euro

Prof. Heiner Goebbels (Justus-Liebig-Universität Gießen)

Prof. Heiner Goebbels, renommierter Komponist, Hörspielautor und Theatermacher, lehrt seit 1999 als künstlerischer Professor in Gießen. Er leitete das Institut für Angewandte Theaterwissenschaft von 2002 bis 2011 als geschäftsführender Direktor und hat in den letzten Jahren auch den Studiengang „Choreographie und Performance“ begründet und mit einer weiteren Professur an der Universität verankert. Auf seine Initiative hin wurden neue Lehr- und Prüfungsformate am Schnittpunkt von künstlerischer Praxis und wissenschaftlich-theoretischer Reflexion in das Curriculum eingeführt und neue Räumlichkeiten (eine zweite Probebühne sowie Ton- und Videostudios) geschaffen. Seine Seminare und szenischen Projekte zeichnen sich durch eine starke Verknüpfung von Theorie und Praxis aus und bewegen sich oft interdisziplinär zwischen den verschiedenen Künsten - wie z.B. szenische Konzerte oder Lichtinszenierungen. Er versteht es hervorragend, mithilfe seiner Kontakte die Studierenden und Absolventinnen und Absolventen des Instituts in der Kunstwelt zu vernetzen.


Tutorpreis – 15.000 Euro

Robert Nicolai Karpi (Hochschule RheinMain)

In der Veranstaltung „Moderne Methoden der Produktentwicklung (MMP)“, die von Prof. Dr.-Ing. Konstanze Anspach geleitet wird, ist das Erlernen, Erarbeiten und Anwenden von Methoden, Prozessen und Werkzeugen der Produktentwicklung wesentlich. Parallel dazu sollen Schlüsselkompetenzen wie Team- und Konfliktfähigkeit sowie Präsentationsfähigkeit erworben und vertieft werden. Beide Aspekte konnten bei der Neugestaltung der Veranstaltung beim Übergang des Studiengangs Maschinenbau von Diplom auf Bachelor in Form einer Unternehmenssimulation praxisnah umgesetzt werden. Bei dieser Neugestaltung hat Robert Karpi tatkräftig mitgeholfen und sich mit sehr guten Ideen und Verbesserungsvorschlägen einbringen können. Durch seine kontinuierliche Mitarbeit über mehrere Semester hinweg hat er diese Lehrveranstaltung inhaltlich und organisatorisch mitgestaltet, neue Tutorinnen und Tutoren eingearbeitet und die Studierenden intensiv betreut.