Lange Zeit wurde die Jazzszene in Deutschland und weltweit von Männern dominiert. Frauen waren nur als Sängerinnen, seltener als Pianistinnen vertreten. „Diese Schieflage wird in der Jazzszene seit einiger Zeit kritisch diskutiert“, sagt der Weimarer Professor für die Geschichte des Jazz und der populären Musik, Dr. Martin Pfleiderer. Tatsächlich spielen inzwischen viel mehr Frauen auf Festivals und in Jazzclubs als noch vor zehn Jahren – auch an Saxophon oder Trompete, am Kontrabass oder Schlagzeug. „Dagegen sind Dozentinnen in der Jazzausbildung an deutschen Hochschulen noch immer eine Ausnahme“, so Pfleiderer.

In einem Forschungsseminar am Institut für Musikwissenschaft Weimar-Jena der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar hat sich eine Gruppe von Studierenden mit den Hintergründen dieser genderspezifischen Ungleichheiten im Jazz beschäftigt. Unter der Leitung von Prof. Dr. Martin Pfleiderer wurde eine Online-Umfrage zur aktuellen Situation auf der deutschen Jazzszene konzipiert, deren Ergebnisse nun vorliegen.

An der Befragung haben sich deutschlandweit 136 Jazzmusikerinnen und -musiker beteiligt, darunter 44 Studierende. Sie wurden zu ihrer Ausbildung und ihrem Arbeitsalltag befragt. Ein Schwerpunkt der Fragen lag auf geschlechtsspezifischen Benachteiligungserfahrungen sowie Einstellungen und Einschätzungen zur Gleichstellung in der deutschen Jazzszene.

Die Umfrage bestätigt die Ergebnisse früherer Studien, konkretisiert diese jedoch im Hinblick auf ganz konkrete geschlechtsspezifische Benachteiligungserfahrungen und auf Defizite in der Jazzausbildung an deutschen Hochschulen. Die Ergebnisse zeugen von einer wachsenden Sensibilität für Fragen der Geschlechtergleichstellung, insbesondere unter Frauen und jüngeren Jazzmusikerinnen und -musikern. Sie deuten aber auch darauf hin, dass es bei vielen Aspekten noch Diskussions- und Handlungsbedarf gibt.

Die Gleichstellungsbeauftragte der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar, Prof. Bettina Born, unterstützt die Studie ausdrücklich: „Wir verbinden damit die Hoffnung, einen kleinen Beitrag geleistet zu haben auf dem noch langen und steinigen Weg zu einer gendergerechten Musikkultur.“

Die Studie wurde in Kooperation mit der Deutschen Jazzunion veröffentlicht und kann online in der Digitalen Bibliothek Thüringen angesehen und heruntergeladen werden.