Mit einem Konzert des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg unter der Leitung von François-Xavier Roth startet das Musikfestival „Heidelberger Frühling“ am Samstag, den 15. März in seine 18. Saison. Herausragende Künstlerpersönlichkeiten, eine in ihrer Form einzigartige Festival Akademie, mehrere Ko- und Eigenproduktionen und neue Konzertformate prägen bis zum 12. April das Programm, das dieses Jahr weit über 100 Veranstaltungen umfasst. Neben großen klassischen Konzerten, beispielsweise mit dem City of Birmingham Symphony Orchestra und dem Dirigenten Andris Nelsons, finden sechs Uraufführungen von Auftragswerken des Festivals statt. Dazu gehört unter anderem das Violinkonzert „Jauchzende Bögen“ des US-Amerikaners David Fulmer, gespielt von seinem Landsmann Stefan Jakiw und der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen unter der Leitung von Matthias Pintscher. Überschrieben ist die 18. Saison mit „Parallelgeschichten“: Dabei richtet das Festival den Blick auf die Zeit der anbrechenden Moderne um 1900 und stellt Bezüge zur Gegenwart her. Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang „The loss of innocence“, eine Neuproduktion des „Frühling“ in Kooperation mit John Neumeiers Bundesjugendballett.

„Der ‘Heidelberger Frühling’ versteht sich als Impulsgeber für Künstler und Publikum“, so Festivalintendant Thorsten Schmidt. „Musikinteressierten bieten wir beim ‘Frühling’ einen Rahmen für inhaltliche Auseinandersetzung, eine Möglichkeit, ein tieferes Verständnis von und für Musik zu entwickeln. Und Künstler finden in Heidelberg Gestaltungsfreiräume. Wenn wir im Austausch mit ihnen unser Programm entwickeln, ist dieser Prozess auch geleitet von der Frage, wie Musik in unsere Gesellschaft hinein wirken kann und soll.“ Das Ergebnis sind nicht selten Projekte und Künstlerkonstellationen, die nur in Heidelberg zu hören sind. So sind der Klarinettist und Komponist Jörg Widmann und der Pianist Igor Levit bei der vergangenen Festival Akademie des „Frühling“ erstmals gemeinsam aufgetreten. Für 2014 haben sie sich nun mit zwei weiteren Künstlern der Akademie – dem Geiger Ning Feng und dem Cellisten Alexej Stadler – Beethovens Tripelkonzert vorgenommen, mit Widmann am Pult des Irish Chamber Orchestra. Ebenfalls exklusiv beim „Frühling“ ist die Koproduktion „Nairobach“ zu sehen, bei der das UnterwegsTheater Heidelberg gemeinsam mit Tänzerinnen und Tänzern der freien Tanzszene aus Nairobi/Kenia die Sprache des afrikanischen und des europäischen Tanzes mit der Musik Johann Sebastian Bachs in Verbindung bringt.

Der vierte Jahrgang der Festival Akademie wird erneut ein Treffpunkt für herausragende Mentoren und Stipendiaten aus aller Welt. In der intensiven gemeinsamen Auseinandersetzung mit Musik schärfen sie ihr ästhetisches Verstehen und arbeiten an ihrer künstlerischen Ausdrucksform. Erstmals werden die Akademiebereiche Kammermusik (Künstlerischer Leiter: Igor Levit) und Komposition (Künstlerischer Leiter: Matthias Pintscher) zusammengeführt. Auf fünf Tage hinter verschlossenen Türen folgt ab dem 30. März eine ganze Woche öffentliches Programm, bei dem für das Publikum Entstehungsprozesse miterlebbar werden, die üblicherweise im Konzert- und Festivalbetrieb verborgen bleiben. Neben Werken von Schönberg, Schumann und vor allem Beethoven werden vier Auftragswerke erarbeitet, diskutiert und uraufgeführt, die von jungen Stipendiaten für das Festival verfasst wurden. Allen Komponisten gemein ist, dass sie sich dabei auf Ludwig van Beethoven beziehen und dies in der Reihe „Komponisten im Gespräch“ auch persönlich darlegen. Für die noch stärkere nationale und internationale Vernetzung der Akademie kooperiert der „Heidelberger Frühling“ ab diesem Jahr mit renommierten Partnern wie dem Curtis Institute in Philadelphia oder der Deutschen Stiftung Musikleben.

Zwei Auszeichnungen werden dieses Jahr vom „Heidelberger Frühling“ ausgelobt. Im Rahmen der Festival Akademie wird bereits zum dritten Mal ein mit 2 000 Euro dotierter Publikumspreis an einen der jungen Komponisten vergeben. Außerdem wird zum zweiten Mal der vom Gründungspartner HeidelbergCement gestiftete „Musikpreis des Heidelberger Frühling“ vergeben. Er ist mit 10 000 Euro dotiert und geht in diesem Jahr an eine Persönlichkeit aus dem Bereich des Musikjournalismus.

Die Lied Akademie unter der Künstlerischen Leitung von Thomas Hampson widmet sich, den Festivalschwerpunkt aufgreifend, dem Werk von Richard Strauss und seinen Zeitgenossen. Als Dozenten richten vom 3. bis zum 12. April der Bariton Thomas Quasthoff, die Mezzosopranistin Brigitte Fassbaender und der Pianist Wolfram Rieger mit den Stipendiaten ihre Aufmerksamkeit auf die dem Kunstlied eigene wechselseitige Durchdringung von Lyrik und Musik. Vertieft wird dieser Ansatz durch Vorträge von Referenten aus den Musik- und Literaturwissenschaften, auch dies offen für die interessierte Öffentlichkeit.

Fortgesetzt wird ebenfalls die Heidelberg Music Conference. Unter dem Titel „Neues schaffen statt ‘Copy & Paste’“ beschäftigt sich dieser Treffpunkt der deutschsprachigen Konzert- und Festivalbranche am 27. und 28. März mit dem Thema „Innovation als Teil einer ganzheitlichen Strategie kultureller Einrichtungen“. Auf dem Podium diskutieren Intendanten großer Festivals und Konzerthäuser aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie unter anderem der (musikalisch ausgebildete) Architekt Daniel Libeskind und Frank Schirrmacher, Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Jedes Panel der Tagung wird eingeleitet durch eine Keynote von Musikjournalisten überregionaler deutscher Tageszeitungen. Begleitend führt die Markforschungsgesellschaft GIM eine explorative Trendstudie zum Thema „Innovation im Kulturbereich“ durch, deren erste Auswertungen schon während der Tagung vorgestellt werden.

Konsequent setzt der „Heidelberger Frühling“ auch seine Beschäftigung mit unkonventionellen Präsentationsformen fort. Ein Beispiel ist die „MLP Late Night Lounge“, die die ritualisierte Atmosphäre klassischer Konzerthäuser bewusst aufbricht und den Konzertbesucher überrascht: mit dem Programm, an dem Ort, zu der Zeit. Die kreative Kraft des Hybriden, das mehr ist als die Summe seiner Einzelteile, ist Gegenstand der neuen Reihe „off-spring“. Sie ist eine Einladung an Künstler, Räume abseits des klassischen „Frühling“ (off-spring) auszuloten, vor allem auch das künstlerische Potential des „Dazwischens“, der Unschärfe an den Rändern, und ist so vielleicht Geburtsstätte einer neuen Generation (offspring) von Musikerfahrung. Zu hören sind in dieser Reihe unter anderem das französische Produzentenduo Nôze mit Band, Elektro Guzzi mit akustischem Techno und ein Composer Slam.

Mit dem Medienprojekt „Festival Plus“ schließlich gibt der „Heidelberger Frühling“ seinen Gästen die Möglichkeit, das Festivalerlebnis auf der Homepage www.heidelberger-fruehling.de/plus zu vertiefen: In Videos und Audiobeiträgen geben Interpreten selbst Konzerteinführungen, die Festivalmacher sprechen mit Künstlern über die gemeinsam entwickelten Projekte, Spielstätten und deren Geschichte werden vorgestellt und Konzertausschnitte geben nach dem Festival einen Rückblick auf die diesjährigen Höhepunkte. 13 Beiträge kann man bei „Festival Plus“ derzeit ansehen und –hören. In den nächsten Wochen werden es weit über 30 werden.