Als erste künstlerische Hochschule Deutschlands hat die UdK Berlin eine Graduiertenschule eingerichtet. Sechs Stipendien wurden für Projekte vergeben, die künstlerische und wissenschaftliche Fragestellungen, Erkenntnisweisen und Ausdrucksformen miteinander verschränken. Beginnend mit einem Auftaktcolloquium werden die Stipendiaten nun zwei Jahre lang an der UdK Berlin arbeiten und lehren. Erste Ergebnisse sollen auf dem offiziellen Eröffnungsforum im Oktober vorgestellt werden. Die Graduiertenschule für die Künste und die Wissenschaften an der UdK Berlin ist ein postgraduales, transdisziplinäres und internationales Qualifikationsprogramm für herausragende Absolventen aller künstlerischen, gestalterischen und wissenschaftlichen Disziplinen, die den Austausch mit anderen Methoden und Erkenntnisweisen suchen. Sie wird von der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung finanziell gefördert.

„Mehr als 300 Bewerbungen von allen Kontinenten beweisen das hohe Interesse an einer Graduiertenschule, die nicht nur die Exzellenz innerhalb eines bestimmten Faches fördert, sondern vielmehr das Überschreiten der traditionellen Grenzen der Disziplinen verlangt“, sagt der Präsident der Universität der Künste, Prof. Martin Rennert. „Die Graduiertenschule an der Universität der Künste Berlin soll ein solches Labor sein, das künstlerische und wissenschaftliche Methoden füreinander produktiv macht. In den von uns ausgewählten Projekten wird diese Auseinandersetzung auf ganz unterschiedliche Art geführt werden – und auch die gegenseitige Anregung der Stipendiatinnen und Stipendiaten ist ein wesentliches Moment der Graduiertenschule für die Künste und die Wissenschaften an der UdK Berlin.“

Die Stipendiaten und ihre Projekte sind:

Ketan Bhatti, geboren 1981 in Neu Delhi, ist Jazz-Drummer und Komponist. In seinem Projekt Gemeinsam anders werden – Künstlerische Innovation durch verkörpernde Nachahmung will er gestützt auf eine Theorie der Mimesis als Weise des Verstehens untersuchen, inwieweit sich sinnliche Qualitäten wie Klang, Farbe, Textur usw. verkörperlichen lassen. Dies könnte dann eine Art gemeinsamer Sprache ergeben, die die Übertragung dieser Qualitäten in „fremde“ Disziplinen ermöglicht und so Innovationen anstößt. Bhatti will in seinem Projekt auch mit zwei Sonderforschungsbereichen der FU zusammenarbeiten.

Josa Gerhard, geboren 1981 in Köln, ist Musiker (Violine) und Darsteller in Musiktheaterproduktionen. Sebastian Quack, geboren 1982 in Siegburg, ist Game-Designer und Spiel-Forscher. Sie teilen sich das Stipendium für ihr Projekt Invisible Playgrounds, das die Bedingungen kollektiven und individuellen Handelns in den digital vernetzten Städten der Gegenwart thematisiert. Am Ende steht dabei ein Spiel, das Spielfeld ist die Stadt selbst, die Züge werden durch Street Games, Audio Adventures und partizipatives Musiktheater bestimmt. Kooperationspartner ist das Berliner Theater Hebbel am Ufer.

Vanessa Stern, geboren 1976 in Graz, ist Schauspielerin. Ihr Projekt Heulen kann jede. Weibliche Komik in der Krise wird, aufbauend auf empirischen Studien, in die Einrichtung eines „Krisenzentrums für weibliche Komik“ münden. Dort werden u.a. komische Aktionen im öffentlichen Raum geplant, außerdem dient es als Heimat einer komischen Figur, die Stern entwickeln will. So soll aus dem Zentrum ein „Basislager für die humoristische und politische Bearbeitung der Gesellschaft“ entstehen.

Pedro Stoichita, geboren 1983 in München, ist Philosoph und Zeichner. Seine Spinoza Variationen – Versuch einer bildlichen scientia intuitiva befassen sich im Anschluss an die Ideenlehre Spinozas mit der Möglichkeit einer nicht-diskursiven visuellen Erkenntnis. Die Frage lautet: Welche Erkenntnis ermöglicht ein Bild? Und: Wie kann man mit Bildern argumentieren? Die Antwort sucht Stoichita im Medium der sequenziellen Kunst und in Form eines grafischen Essays.

Ulrich Urban, geboren 1981 in Berlin, ist Fotograf und Medienkünstler. Ausgehend von der These, dass Bilder eine eigenständige Art des Denkens und Erkennens darstellen, reflektiert er in Augen brennen sehen die Entwicklung des Dorfes Berlin-Buch zu einem der größten Klinikkomplexe Europas. Eine Geschichte, die auch eine der Normierung von Krankheit und der Konstruktion von Normalität ist – welche wiederum von der Entwicklung der bildgebenden Verfahren beeinflusst ist. Am Ende des Projektes soll eine multimediale Installation mit einem Essayfilm als zentralem Element stehen.

Agnes Meyer-Brandis, geboren 1973 in Aachen, ist Bildhauerin und Medienkünstlerin. In Meteoros – In der Luft befindlich setzt sie sich mit Dingen zwischen Himmel und Erde auseinander, deren Bewegungen und Wirkungen und den jeweiligen Messinstrumenten. Sie unternimmt eine künstlerische Wirklichkeitsforschung an Objekten wie Meteoriten und Einschlagkratern, Federn und Bleikugeln, Weltraumschrott und interstellarem Staub. In welcher Form sich diese Fall-Studien schließlich manifestieren sollen, steht noch nicht fest – ist quasi noch in der Schwebe.

Die Stipendiaten wurden nach einer internationalen Ausschreibung von einer Jury aus zehn Professorinnen und Professoren der UdK aus 336 Bewerbern ausgewählt. Sie erhalten zwei Jahre lang eine Förderung von monatlich 1000 Euro plus einen Sachkostenzuschuss, um ihr Projekt verwirklichen zu können. Sie werden von Professorinnen und Professoren der UdK Berlin unterstützt und haben die Möglichkeit zur Lehre. Die jährlichen Auftakt- und Abschlussveranstaltungen der Graduiertenschule (Herbst- und Sommerforum) werden ergänzt durch monatliche Colloquien sowie Seminare, Workshops, Vorträge oder auch Ausstellungen und Performances. Die Graduiertenschule sucht die Kooperation mit führenden Partnerinnen und Partnern aus Wissenschaft, Forschung, Kunst, Kultur, Bildung und Wirtschaft und strebt den Status einer deutschlandweit und international herausragenden Kulturinstitution an.

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