Dass »Liszts Haushaltsbuch« auf einer Auktion angeboten würde, hat Liszt-Kenner und -Autographensammler außerordentlich überrascht. Neue, unbekannte Briefe und Notenmanuskripte des Komponisten, die der Forschung immer neue Erkenntnisquellen liefern, sind gar nicht selten, gehören geradezu zu den Alltäglichkeiten des Autographenmarkts. Ein Haushaltsbuch indes, das vom 1. Juli 1884 in Weimar bis zum 3. April 1886 in London – wenige Monate vor seinem Tod – die alltäglichen Ausgaben Liszts auch auf seinen späten Reisen verzeichnet, darauf hat die Forschung nicht zu hoffen gewagt. Dank der großzügigen Unterstützung der Freundesgesellschaft des Goethe- und Schiller-Archivs und der Deutschen Liszt-Gesellschaft konnte das Haushaltsbuch für den Weimarer Liszt-Bestand ersteigert werden.

Es handelt sich um ein gebundenes Schreibheft von 91 Blatt. Auf 160 Seiten hat ein Schreiber Ausgaben für Lebensunterhalt, für Papier, Federn und Tinte, Brief- und Paketsendungen, Tageszeitungen, Fahrkarten und Reiseutensilien, Fuhrleute, Schaffner und Gepäckträger, aber auch für Theater- und Konzertbesuche, für die Kollekte, für den Schuster oder für einen Klaviertransport aufgelistet und mit den jeweiligen Kosten versehen. Liszt rechnete am Monatsende oder vor Antritt einer längeren Reise nach und beglaubigte eigenhändig mit »abgerechnet« die Summe seiner Ausgaben.

Dem Buch liegen einige wenige Belege bei. Neben fünf Rechnungen (1885) der Kolonialwarenhandlung Otto Eylenstein in Weimar, Marienstraße 3, die Cognac, Champagner, Wein und Zigarren, aber auch Selterswasser, Fischkonserven, Reis und andere Lebensmittel in Liszts Weimarer Wohnung in der Hofgärtnerei lieferte, gehören dazu drei Quittungen über Depeschen von März und April 1886 nach London, ein Programmzettel des triumphalen Liszt-Konzertes vom 17. März 1886 in Lüttich und eine Eisenbahnkarte Paris-London.

Anhand der Eintragungen des Ausgabenbuches lassen sich Liszts Reisewege der Jahre 1884–86 weitaus detaillierter rekonstruieren als dies bislang möglich war. Darüber hinaus können Wissenschaftler nun weitere biographische Details erschließen, vor allem aber Liszts Korrespondenz mit Verlegern und zahlreichen anderen Briefpartnern datieren. Eine Herausforderung besonderer Art stellt die Entschlüsselung der Einträge selbst dar. Der Name des Schreibers ist nicht bekannt. Mehrere Indizien jedoch weisen darauf hin, dass es sich dabei um Liszts Kammerdiener Mihály Kreiner (1833–1896) handeln muss. Der Komponist hatte ihn im Frühjahr 1884 während seines Aufenthaltes in Budapest angestellt. Kreiner diente Liszt bis zu dessen Tod, er begleitete ihn auf seinen Reisen und pflegte ihn in seinen letzten Lebenstagen in Bayreuth.