Weltweit nehmen die Risiken für Künstlerinnen und Künstler zu. Einschränkungen in ihrer Arbeit, aber auch persönliche Angriffe bis hin zu Inhaftierungen treten immer häufiger auf. Ein vom Auswärtigen Amt gefördertes Gemeinschaftsprojekt des ifa (Institut für Auslandsbeziehungen) und des Goethe-Instituts reagiert hierauf. Das weltweite Schutzprogramm gibt gefährdeten Akteuren aus dem Kulturbereich die Möglichkeit, sich aus der Gefährdung hinaus in ein sicheres Land ihrer Heimatregion oder nach Deutschland zu begeben, um dort weiterzuleben und zu arbeiten. Namensgeber der Initiative ist Martin Roth, einer der prominentesten Kulturmanager der vergangenen Jahre. Martin Roth verstarb am 6. August 2017 nach kurzer schwerer Krankheit in Berlin. Er war langjähriges Mitglied des Goethe-Instituts und zuletzt Präsident des ifa.
Kunst und Kultur stellten für den Kulturwissenschaftler und Museumsdirektor Martin Roth (Hygienemuseum Dresden, Staatliche Kunstsammlungen Dresden und Victoria and Albert Museum London) die unverzichtbare Grundlage im demokratischen und friedlichen Zusammenleben dar. Gerade deshalb hielt er den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen in Ländern mit repressiven Regimen für unbedingt notwendig. In Zeiten, in denen immer mehr Menschen aufgrund ihrer kritischen Arbeit Zensur und Verfolgung erfahren, war es für Roth wichtig, Verantwortung zu übernehmen und "Farbe zu bekennen".
Bundesaußenminister Heiko Maas erklärte in Berlin: "In einer Zeit, in der Krisen überall auf der Welt zunehmen, die demokratische Grundprinzipien und die Leben von Millionen von Menschen gefährden, muss unsere Außenpolitik für die Grundfreiheiten einer demokratischen Gesellschaft eintreten, sich für Kunst und Kultur, Wissenschaft und die Freiheit der Medien einsetzen, und nach Möglichkeit jene Akteure schützen, die dies gleichermaßen tun. Im Oktober 2017 haben namhafte Kultur- und Theaterschaffende die Bundesregierung dazu aufgerufen, für den Schutz gefährdeter Künstlerinnen und Künstler im Ausland einzutreten. Die Bundesregierung hat diesen Aufruf ernst genommen. Die nun erfolgte Gründung der Martin Roth-Initiative ist ein Ergebnis, das auch die übernommene Verantwortung belegt. Wir handeln damit ganz bewusst auch im Gedenken von Martin Roth, der sich stets für die Freiheit der Kultur weltweit eingesetzt hat."
Die neugeschaffene Martin Roth-Initiative ermöglicht Kunst- und Kulturschaffenden, die in ihren Heimatländern beruflich und persönlich bedroht sind, temporäre Schutzaufenthalte in Deutschland und sicheren Drittstaaten. Während des Förderzeitraums erhalten die Stipendiatinnen und Stipendiaten eine angemessene persönliche Begleitung sowie die Möglichkeit, ihre berufliche Tätigkeit fortzusetzen. Die Martin Roth-Initiative arbeitet eng zusammen mit einem Netzwerk aus zivilgesellschaftlichen Organisationen und Kulturinstitutionen im In- und Ausland. Auf diese Weise soll das Fundament für eine erfolgreiche Eingliederung in die künstlerische Szene des Aufnahmelands sowie eine spätere Rückkehr mit nachhaltiger beruflicher Perspektive in die heimische Zivilgesellschaft gelegt werden.
"In unserer Arbeit bemerken wir in den letzten Jahren in vielen Ländern eine Zunahme an Einschränkungen, insbesondere im Kunstbereich und in den Medien. Meinungsfreiheit ist für moderne, demokratische Gesellschaften lebensnotwendig. Für das ifa ist sie wesentliches Fundament des Selbstverständnisses und der Arbeit, daher ist unsere Beteiligung und Unterstützung im Sinne Martin Roths unerlässlich", so Ronald Grätz, Generalsekretär des ifa anlässlich der Bekanntgabe.
Der Generalsekretär des Goethe-Instituts Johannes Ebert erklärte: "Die Lage ist dringlicher denn je! Das Goethe-Institut unterstützt kulturell und gesellschaftlich besonders mutige und engagierte Akteure seit Jahrzehnten, gerade dann, wenn sie unter Druck geraten. Leider erleben wir heute in immer mehr Ländern eine Verschlechterung der Lage. Daher bedarf es neuer Allianzen. Die Martin Roth-Initiative ist dafür das richtige Zeichen: Gemeinsam mit unserem Netzwerk zuverlässiger Kulturpartner in Deutschland und in aller Welt können wir ganz konkret Menschen in Gefahr helfen, und dabei gemeinsam für das Ziel einer offenen Gesellschaft in einer friedlichen Welt arbeiten."
Die Martin Roth-Initiative gliedert sich in drei Programmlinien:
- Schutzaufenthalte für gefährdete Kunst- und Kulturschaffende an Kultureinrichtungen bzw. kulturellen Orten in Deutschland;
- Schutzaufenthalte für gefährdete Kunst- und Kulturschaffende in Drittstaaten;
- Wissenschaftliche Begleitung, Evaluation und Vernetzung von Schutzprogrammen
Weitere Informationen unter www.martin-roth-initiative.de