Die sich immer weiter ausbreitenden Haus- oder Notlagen-Tarifverträge an den deutschen Theatern, hervorgerufen durch ständigen Einsparungsdruck seitens der Theaterträger, haben mittlerweile sowohl im Ausmaß als auch im Niveau die unterste Grenze erreicht. Diese Ansicht vertritt Hans Herdlein, Präsident der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger (GDBA), in der Mai-Ausgabe der „Bühnengenossenschaft“. Er warnt: „Die Rechtsträgergremien, die immer noch weitergehende Gehaltsverzichte fordern, müssen sich darauf einstellen, ihren Wählern die Schließung ihrer Kultureinrichtungen nahe zu bringen. Sie werden zu begründen haben, warum die bis dahin aufgewendeten Mittel ihren Zweck nicht mehr erfüllen können – und zum hinausgeworfenen Geld werden, wenn Theater und ihre Ensembles nicht mehr das tun können, wofür sie da sind: zu spielen. Der unterste Punkt ist für die Theatergewerkschaften jetzt erreicht, an dem sie an der weiteren Aushöhlung der Rechte ihrer Mitglieder nicht mehr mitwirken können.“

Zudem haben in den letzten Jahren viele Änderungen im Arbeits- und Sozialrecht dazu geführt, dass Bühnenkünstler vermehrt um ihre Existenz bangen müssen, weil sie - bisher als Arbeitnehmer behandelt – zunehmend in den Status des Selbständigen abgedrängt werden. Dies gilt vor allem für gastierende Künstler: „Der ‚Gastvertrag’ droht über die Arbeitsrechtsprechung als ‚Dienstvertrag’ so ausgelegt zu werden, dass die arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Schutzvorschriften des Arbeitsvertrages nicht mehr zur Anwendung kommen. (…) Der Dienstvertrag erweist sich danach als ein Instrument zur Kostensenkung. Man erspart die Aufwendungen für die soziale Absicherung und wählt anstelle des Festengagements den kurzzeitigen Gastvertrag. Auf diese Weise werden die Risiken des schwankenden Arbeitskräftebedarfs auf die ‚abhängigen Selbständigen’ abgewälzt,“ so der GDBA-Präsident.