Die Europäische Kommission hat beschlossen, Deutschland wegen des rheinland-pfälzischen Landesrundfunkgesetzes vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu verklagen. Es enthält nach Auffassung der Kommission diskriminierende Bestimmungen und verstößt gegen den Grundsatz der Niederlassungsfreiheit. Einige Bestimmungen sowie die Art und Weise ihrer Anwendung durch die Behörden würden lokale Veranstalter von terrestrischem Rundfunk bei der Vergabe von Lizenzen bevorzugen und Rundfunkveranstalter aus anderen EU-Ländern diskriminieren.

Bis heute sind in Rheinland-Pfalz lediglich drei Lizenzen für den terrestrischen Rundfunk vergeben worden, was an sich bereits die Möglichkeiten, Rundfunk zu veranstalten, beträchtlich einschränkt. Die Kommission beanstandet einige Bestimmungen des Landesrundfunkgesetzes, die sie für diskriminierend hält und die dazu führen, dass der lokale Markt völlig abgeschottet oder der Zugang dazu beträchtlich eingeschränkt wird. Mit der Novellierung des Gesetzes im Jahre 1996 wurde nämlich die Geltungsdauer bereits erteilter Lizenzen verdoppelt. Ferner verlangt das Gesetz bei der Vergabe der zweiten und dritten Lizenz, dass der Bewerber Programme anbietet, die sich wesentlich von denen des ersten Lizenznehmers unterscheiden. Schließlich räumt es Bewerbern, deren Studioproduktion in Rheinland-Pfalz angesiedelt ist, eine allgemeine Präferenz ein.

Darüber hinaus haben die zuständigen Behörden andere Bestimmungen in diskriminierender Weise angewandt, als sie ausdrücklich Anbietergemeinschaften bevorzugten, deren Mitglieder zu gesellschaftlich bedeutsamen Gruppen vor Ort gehören, die eine gewisse Ausrichtung auf die Aktivitäten im Land aufweisen und zur wirtschaftlichen Stärkung des Bundeslandes beitragen. Die Behörden erklärten sogar, dass Veranstaltern, die keinen Bezug zum Land hätten, bei der Vergabeentscheidung nur eine geringere Bedeutung zugebilligt werden könne.

Die deutschen Behörden machen geltend, dass diese Maßnahmen zum Schutz des Medienpluralismus erforderlich sind. Dagegen ist die Kommission der Auffassung, dass die Maßnahmen gegen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung, der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Diese Grundsätze müssen nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften beachtet werden, wenn die Niederlassungsfreiheit eingeschränkt wird, die laut EG-Vertrag (Artikel 43) einer der Grundpfeiler des Binnenmarkts ist.

Die Kommission ist sich der Tatsache bewußt, daß die deutschen Behörden jetzt erwägen, wenigstens einen Teil der betroffenen Bestimmungen aufzuheben. Jedoch wird kein genauer Zeitplan für die notwendigen Gesetzgebungsänderungen genannt.

Die von den deutschen Behörden im Laufe des Verfahrens vorgebrachten Argumente können die Kommission nicht dazu veranlassen, ihre Einschätzung des Sachverhalts zu ändern. Sie hat daher beschlossen, den Gerichtshof mit der Angelegenheit zu befassen.

Aktuelle Informationen über die Vertragsverletzungsverfahren, die gegen die einzelnen Mitgliedstaaten anhängig sind, finden Sie unter:

http://europa.eu.int/comm/secretariat_general/sgb/droit_com/index_en.htm