Der am 16. Januar 1943 in Coventry, England, geborene Komponist Brian Ferneyhough erhält in diesem Jahr den internationalen Ernst von Siemens Musikpreis, dotiert mit 200.000 . Die Bayerische Akademie der Schönen Künste überreicht ihm die hohe Auszeichnung am 3. Mai 2007 bei einem Festakt in den Münchner Kammerspielen. Die Laudatio hält Ulrich Mosch von der Paul Sacher Stiftung, Basel.
Brian Ferneyhough, der bei Lennox Berkeley, Ton de Leeuw und Klaus Huber studierte, hat wie nur wenige die Ansätze, die von der Avantgarde in den 50er und 60er Jahren entwickelt wurden, in musikalischer und theoretischer Reflexion weiter getrieben. Sehr früh erhielt er für seine Kompositionen Anerkennung. Spektakulär geradezu wirkten dabei allein die äußeren Aspekte seiner Musik. In spiel- und notationstechnischer Hinsicht weitete er die Gestaltungsmöglichkeiten stark aus. Seine Streichquartette, die fast alle vom Arditti Quartett uraufgeführt wurden, gehören zu den schwierigsten Stücken der Gattung.
Darüber hinaus aber hat er die Möglichkeiten der Materialbehandlung auf vielfältige Weise durchdacht, ja durchdrungen und an eine Grenze geführt – so auf programmatische Weise in den drei „Time and Motion Studies“, die gleichsam die Leistungsfähigkeit des Musikers thematisieren, oder auch in seinem Zyklus „Carceri d’invenzione“ nach den phantastischen Radierungen Giovanni Piranesis. Der Titel dieses Hauptwerks ist in seiner Doppeldeutigkeit (Erfinderische Kerker/Kerker der Erfindung) für Ferneyhough charakteristisch. Spürbar wird sowohl die Enge der Vorgaben als auch eine Sprengkraft, die der Musik innewohnt. In dieser Weise versucht sein Komponieren zu transzendieren: Die Musik gelangt am Ende an einen anderen Ort, als sie zu Beginn war.
Dabei hat sich Ferneyhoughs Schaffen stets als wandelbar erwiesen. Fast jedes seiner Werke geht einer neuen Fragestellung nach. 2004 wurde bei der Münchner Biennale seine bislang einzige Oper „Shadowtime“ uraufgeführt, in der er, ausgehend von Walter Benjamins Tod 1940 bei der Flucht vor den Nazis, verschiedene Aspekte des Benjaminschen Denkens musikalisch auffächerte. Vergangenen Herbst erklang in Donaueschingen erstmals sein Orchesterstück „Plötzlichkeit“. das aus 111 kürzesten Sektionen besteht, und in dem er erneut unverbrauchte Möglichkeiten der Formgebung erprobte.
Als Kompositionslehrer bei den Darmstädter Ferienkursen und im französischen Royaumont, in Freiburg, San Diego und seit 2000 an der Stanford University hat Ferneyhough ganze Generationen von Komponistinnen und Komponisten geprägt, so etwa Kaija Saariaho, André Richard, Younghi Pagh-Paan, Brice Pauset, Toshio Hosokawa oder Chaya Czernowin. Er gilt als Leitfigur der so genannten „New Complexity“.
Die Förderpreise 2007
Am 3. Mai 2007 werden auch Förderpreise in Höhe von 1.800.000 vergeben. Die zwei Komponisten-Preise gehen an den Litauer Vykintas Baltakas und an den Deutschen Markus Hechtle. Mit Sonderpreisen werden die Musikwissenschaftler Heinz-Klaus Metzger/Rainer Riehn und der Pianist Herbert Henck bedacht.
Mit weiteren Förderpreisen werden ausgezeichnet:
Donaueschinger Musiktage; Lucerne Festival; Biennale München; Bamberger Symphoniker; Internationale Gesellschaft für Musikwissenschaft, Zürich; Ensemble Phoenix, Basel; Münchener Kammerorchester; Europäisches Zentrum der Künste Hellerau, Dresden; Sommerakademie Schloss Solitude, Stuttgart; Institut für Kunst- und Musikwissenschaft, TU Dresden; Magnus Haus Konzerte, Berlin; „Erlebte Geschichte“, SWR2, Baden-Baden; Opernwerkstatt der Kammeroper Schloss Rheinsberg; ensemble notabu, Düsseldorf; South Bank Centre/Royal Academy of Music festival, London; Institut für Musik und Akustik, ZKM, Karlsruhe; „Musik auf dem 49.“, Karlsruhe; Der Schall, Mauricio Kagels Instrumentarium, Basel; 2 Kagel Konzerte, Universität Siegen; „Eclatsconcerts“, Fribourg; Kulturforum Witten; Festival ADevantgarde, München; Musiktheater „peep!“, München; Swiss Chamber Concerts, Zürich; ensemble recherche, Freiburg; Klang Forum, Wien; Ensemble Wiener Collage; Kompositionswerkstatt für Westafrika, University of Ghana; Bach-Archiv, Leipzig; Heidelberger Frühling; Gesellschaft der Musik- und Kunstfreunde Heidelberg; via nova, Gesellschaft für Neue Musik in Thüringen, Weimar; „pèlerinages“ Kunstfest Weimar; Klang Projekte Weimar e. V.; Sommerliche Musiktage Hitzacker; Stockhausen-Kurse Kürten; Trio Accanto, Leonberg; Davos Festival und bce film; New England Conservatory, Boston; KlangQuadrat, Berlin; 2. Kompositionskurs von José Mariá Sánchez-Verdú, Madrid; Neues Museum, Nürnberg; quatuor bozzini, Montreal; Ensemble Contrechamps, Genf; Nieuw Ensemble, Amsterdam; Institut für Neue Musik und Musikerziehung, Darmstadt; Karl Amadeus Hartmann Gesellschaft, München; Musikabteilung der Ionischen Universität, Korfu; Internationales Symposion „Arthur Honegger. Werk und Wirkung“, München; Hugo-Wolf-Akademie, Stuttgart; Film- und TV-Produktionsfirma LGM, Paris; Lincoln Center Festival, New York; .Symposion zum 80. Geburtstag von Carl Dahlhaus, Berlin; Kompositionsauftrag an Martin Jaggi (Jahrgang 1978), Kammerorchester Basel.
Wie im vorangegangenen Jahr gehen weitere Unterstützungen an:
Beethoven Haus, Bonn; Musikwissenschaftliches Institut der Universität Pavia; Ensemble Studio for New Music, Moskau; Wiener Singverein; Philharmonie Luxemburg; Kammerkonzertreihe Peking, Goethe-Institut Peking; Deutscher Musikrat, Bonn; Bad Reichenhaller Liederwerkstatt; Mozarteum, Salzburg; Columbia University, New York; NOVOFLOT, Berlin.
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