Übermorgen, Mittwoch, den 22.11.2006 ist die schwarz-rote Bundesregierung ein Jahr im Amt. Der Deutsche Kulturrat bilanziert die bisherige Kulturpolitik.

Punktgenau zur Verabschiedung des Haushalts der Bundeskanzlerin ist die unionsgeführte Bundesregierung ein Jahr im Amt. Die Verabschiedung des Haushalts des Bundeskanzleramts ist auch eine Gelegenheit zur Bilanz der bisherigen Arbeit der Bundesregierung und zur Präsentation der Vorhaben. Der Haushalt des Kulturstaatsministers wird, da er zum Bundeskanzleramt gehört, ebenfalls übermorgen verabschiedet.

Nach einem Jahr im Amt kann Kulturstaatsminister Bernd Neumann, MdB verkünden, dass sein Etat erneut gestiegen ist. Nach einem Anstieg um 2,1% im Jahr 2006, steigt sein Haushalt im Jahr 2007 voraussichtlich um 3,5%. Mit der Bereitstellung von zusätzlichen 60 Mio. Euro für die Filmförderung, von 73 Mio. Euro für ein Eingangsportal der Museumsinsel Berlin und von 1 Mio. Euro für die Initiative Musik weist der Haushalt des Kulturstaatsministers neue Akzente auf.

Angepackt wurde vom Kulturstaatsminister ebenfalls das UNESCO-Kulturgutabkommen. Der Gesetzesentwurf wurde in erster Lesung im Deutschen Bundestag debattiert. Im Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen Bundestags fand bereits eine Expertenanhörung statt.

Sehr deutlich hat sich Kulturstaatsminister Neumann, MdB in den vergangenen Monaten gegen Verkauf von Kulturgut im Besitz der öffentlichen Hand positioniert und unterstrichen, dass Kulturgüter nicht als Notgroschen herhalten dürfen.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, MdB hat Anfang dieses Jahres den „Zweiten Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft“ vorgelegt, der inzwischen die Grundlage für den Regierungsentwurf bildet. Nachdem in der letzten Legislaturperiode der erste Referentenentwurf dieses Gesetzesvorhabens vom Deutschen Kulturrat bereits scharf kritisiert wurde, da der Industriepolitik der Vorrang vor dem Schutz der Urheber gegeben wurde, missachtet der nun zur Debatte stehende Regierungsentwurf die Rechte der Urheber in noch größerem Maße. Die zur Diskussion stehenden Regelungen zur Vergütungsabgabe bedeuten, dass die Importeure und Hersteller von Computern und Speichermedien geschützt und die Urheber das Nachsehen haben werden. Die Vergütung soll künftig auf 5% des Gerätepreises gedeckelt und erst dann anfallen, wenn zu mindestens 10% urheberrechtsrelevante Inhalte kopiert werden. Die erste Lesung des Regierungsentwurfs fand bereits statt. Zur Zeit laufen die Beratungen im Rechtsausschuss.

Noch in der Diskussion ist der Regierungsentwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetzes, der von Bundessozialminister Franz Müntefering, MdB in Kürze vorgelegt werden soll. Der Referentenentwurf verspricht eine ausgewogene Balance zwischen den Interessen der Abgabepflichtigen, die anteilig die soziale Absicherung freiberuflicher Künstler und Publizisten finanzieren und den Interessen der Versicherten, die den sozialen Schutz benötigen. Als Fortschritt wird von den im Deutschen Kulturrat zusammengeschlossenen Verbänden der Künstler, der Kultureinrichtungen, der Kulturwirtschaft und der Kulturvereine gesehen, dass künftig die Abgabepflichtigen durch die Deutsche Rentenversicherung flächendeckend geprüft werden sollen. Dieses wird zu mehr Beitragsgerechtigkeit führen. Außerdem sollen die Versicherten in einem Stichprobenverfahren überprüft werden. Der Deutsche Kulturrat hat den Referentenentwurf begrüßt.

Ein Erfolg für den Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Wolfgang Tiefensee ist die Verabschiedung der Bundesstiftung Baukultur, die ihren Sitz in Potsdam nehmen soll. Ein über Jahre hinweg gehendes Tauziehen zwischen Bund und Ländern über die Errichtung der Stiftung findet damit ein Ende.

Bundesaußenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier hat gleich zu Beginn der Legislaturperiode deutlich gemacht, dass er die Auswärtige Kulturpolitik stärken will. Der Eigenwert Auswärtiger Kulturpolitik soll stärker in den Fokus gerückt werden. Auswärtige Kulturpolitik soll nicht mehr so stark für die Menschenrechtspolitik in den Dienst genommen werden. Im Oktober dieses Jahres führte das Auswärtige Amt die Tagung „Menschen bewegen“ zur Neuorientierung der Auswärtigen Kulturpolitik durch. Zur Zeit ist offen, ob ein schlichter Tausch zwischen Auswärtiger Kulturpolitik als Mittel der Menschenrechtspolitik zu Auswärtiger Kulturpolitik als Mittel zur Wirtschaftspolitik stattfindet oder ob tatsächlich der Eigenwert der Auswärtigen Kulturpolitik stärker berücksichtigt werden soll. Ein Erfolg ist zumindest die Steigerung des Etats für dieses Politikfeld im Jahr 2007. Der Deutsche Kulturrat hat sich zu den künftigen Anforderungen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik deutlich positioniert.

In welche Richtung die Reform des Gemeinnützigkeitsrechts gehen wird, die Bundesfinanzminister Peer Steinbrück vorbereitet, ist zur Zeit noch offen. Für viel Aufregung sorgte das im August erschienene Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesfinanzministeriums zur Reform des Gemeinnützigkeitsrechts. Eine Umsetzung dieser Vorschläge würde dem gemeinnützigen Sektor großen Schaden zufügen. Zwar wurde zwischenzeitlich versichert, dass diese Vorschläge keine Grundlage für das neue Gemeinnützigkeitsrechts seien, die Einzelheiten der Reform sind aber noch unbekannt. Der Deutsche Kulturrat hat am 14.12.2005 selbst Vorschläge zur Reform des Gemeinnützigkeitsrechts vorgelegt und beteiligt sich zusammen mit Spitzenverbänden anderer gesellschaftlicher Bereiche und Fachwissenschaftlern an der Projektgruppe zur Reform des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts. In seiner Stellungnahme vom 20.09.2006 hat sich der Deutsche Kulturrat klar gegen das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesfinanzministeriums positioniert.

Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Dr. Ursula von der Leyen plant, stärkere Akzente in der Gestaltung des demografischen Wandels zu setzen und hier besonders die generationsübergreifenden Freiwilligendienste zu stärken. Der Deutsche Kulturrat zeigt mit seiner Stellungnahme „Kulturelle Bildung: Herausforderung durch den demografischen Wandel“ vom 20.09.2006 den Beitrag der kulturellen Bildung im demografischen Wandel auf und benennt die erforderlichen Rahmenbedingungen.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: „In dem einen Jahr ihres Bestehens kann die schwarz-rote Bundesregierung eine deutliche Steigerung des Kulturhaushalts als Erfolg für sich verbuchen. Dieses ist das Verdienst von Bernd Neumann, MdB, der als langjähriges Mitglied des Deutschen Bundestags die Spielregeln kennt und nicht nur mehr Geld für die Kultur locker gemacht, sondern mit den zusätzlichen Mitteln für die Filmförderung auch deutliche Akzente gesetzt hat. Ein weiterer Erfolg der Regierung Merkel ist die Stabilisierung der Künstlersozialversicherung. Der Referentenentwurf aus dem Haus von Vizekanzler Müntefering zur Reform des Künstlersozialversicherungsgesetzes verspricht die weitere Sicherung der Künstlersozialversicherung. Noch unklar ist, in welche Richtung die Reform des Gemeinnützigkeitsrechts gehen soll und ein klarer Negativposten sind die Ideen des Justizministeriums zur Reform des Urheberrechts. Hier soll die Computerindustrie vor den Künstlern geschützt werden – verkehrte Welt.“

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