Die humorvollen Reden von Bundeskanzler Gerhard Schröder und Bundesinnenminister Otto Schily, die Laudatio von Götz Alsmann, Udo Jürgens’ musikalisches Dankeschön nach der Musikpreisverleihung oder die Uraufführung des Stückes von Enjott Schneider – wollte man ein einziges Highlight der Feier zum 175-jährigen Jubiläum des Deutschen Musikverleger-Verbandes heraussuchen, fiele die Auswahl wirklich schwer. Am 29.9. lud der DMV zur Feier in den alten Postbahnhof in Berlin ein – und über 600 hochkarätige Gäste aus Musik, Politik und Wirtschaft folgten der Einladung von Präsidentin Dagmar Sikorski und Vizepräsident Karl-Heinz Klempnow.

Nach der Begrüßungsfanfare, eigens für diesen Anlaß von Harald Genzmer kompniert und vom Ensemble „bach, blech & blues“ interpretiert, stellte Dagmar Sikorski in Ihrer Begrüßung amüsante Vergleiche zwischen den Postsendungen, die früher am gleichen Ort verladen wurden, und der Vielfältigkeit der Musikverleger an: „In einem Postbahnhof treffen die unterschiedlichen Sendungen aufeinander, niemand fragt nach dem Inhalt, ob Diamanten oder Papier – vor dem Poststempel sind alle gleich. Genau wie in unserem Verband, dem DMV, er vertritt den Einmannbetrieb wie die Major Company, die U-Musik natürlich genau wie die so genannte „Ernste“ Musik.“
Nach der musikalischen Darbietung von Saint-Saens „Introduction et Rondo cappriccioso“ durch das RIAS Jugendorchester unter der Leitung von Markus Poschner und unter Mitwirkung des erst 17jährigen Violin-Solisten Marcus Tanneberger machte Bundeskanzler Gerhard Schröder den Anfang als Redner und zeigte sich sichtlich gut gelaunt. Auf die Ankündigung der Moderatorin, der Buchautorin Christiane Tewinkel, er stehe zwar am Dirigentenpult des Landes, habe sich aber bislang nicht durch musikalische Darbietungen hervorgetan, antwortete Schröder scherzhaft: „Sie hätten mich mal die Capri-Fischer singen hören sollen!“. Neben der Bedeutung von frühzeitiger musikalischer Erziehung betonte der Bundeskanzler auch die kulturpolitische Rolle der Verleger: „Sie können wirklich mit Recht in Anspruch nehmen, dass Sie in Ihrer Arbeit und mit Ihrer Arbeit eine der großartigsten kulturellen Traditionen in unserem Land repräsentieren.“

Otto Schily, Bundesminister des Innern und Schirmherr der Veranstaltung, nahm den von seinem Dienstherrn gespielten Ball auf und drohte scherzhaft damit, aus dem Nähkästchen zu plaudern: „Der Bundeskanzler verfügt über ein reichhaltiges Gesangsrepertoire…besonders nach politischen Triumphen“. Doch Schily sprach auch ein deutliches Wort für den Schutz des geistigen Eigentums, würdigte die Arbeit der Musikverleger und betonte die Notwendigkeit des aktiven Musizierens, indem er sein früheres Statement – „Wer Musikschulen schließt, gefährdet die innere Sicherheit“ – erneut bekräftigte.
Nach der Festrede von Dr. Arend Oetker, der als selber aktiv Musizierender viele Vergleiche aus eigener Erfahrung anstellen konnte und zwei Musikstücken des außergewöhnlichen Bläser-Ensembles „bach, blech & blues“ kam der Moment, auf den die zahlreichen Pressevertreter am meisten gewartet hatten: Die Verleihung des Deutschen Musikpreises an Udo Jürgens. Der Preis, den die Schwesterverbände DMV und GDM 1979 ins Leben gerufen haben, ist in diesem Jahr mit 25.000 Euro dotiert, die in die Udo-Jürgens-Stiftung fließen. Udo Jürgens war am Vorabend seines 70. Geburtstages zur Feier gekommen, um von DMV-Präsidentin Dagmar Sikorski und GDM-Präsident Michael Huchthausen die Würdigung für seine Verdienste um die deutschsprachige Musik entgegenzunehmen. Die Laudatio hielt zuvor ein anderes Ausnahmetalent: Götz Alsmann - Musiker, Spaßmacher, Moderator - hielt eine äußerst vergnügliche Rede auf den Preisträger. Dabei wurde auch deutlich, wie nachhaltig Udo Jürgens unsere Gesellschaft geprägt hat, denn, so Alsmann: “Sind sie überhaupt im Stande, in einem Cafe ein Stück Kuchen mit Sahne zu bestellen, ohne an Udo Jürgens zu denken?“. Dieser bedankte sich dann auch – ganz wie es seine Art ist – mit einem Lied statt einer Dankesrede. Und zu Recht, denn der Titel „Was wichtig ist“ zeigte deutlich, wie ausdrucksvoll Musik sein kann.

Der krönende Abschluss des Festaktes war schließlich die Uraufführung eines Auftragswerkes des Komponisten Enjott Schneider. „The Tinguely Machine“, aufgeführt vom RIAS Jugendorchester und dem Ensemble bach, blech & blues. Das Stück – inspiriert durch die Schrottmaschinen des Künstlers Yves Tinguely – war der perfekte Abschluss des Festprogramms.

Mit dem anschließenden Buffet in der Eingangspackhalle des alten Postbahnhofes war noch lange nicht Schluss mit dem Jubiläumsprogramm: In der benachbarten „Beutelumschlaghalle“ starteten junge Künstler das Programm der „Publishers’ Dance Night“, das von der Berliner Label Commission gestaltet wurde. Highlight des öffentlichen Konzertes war der Auftritt der Berliner Band MIA. mit ihrer charismatischen Frontfrau Mieze. Aber auch die anderen Liveacts – Maximilian Hecker und Michael Schiefel - sowie die anschließenden DJs sorgten für eine tolle Stimmung bis spät in die Nacht hinein.
Die Feier zum 175-jährigen Bestehen zeigte eindrucksvoll das heutige Bild des Verbandes: lebendig, aufgeschlossen, E und U gleichermaßen vertreten.

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