Am 10. November 2012 wird der Deutsche Theaterpreis DER FAUST zum siebten Mal verliehen. In diesem Jahr findet die Vergabe im Theater Erfurt statt. Ausgezeichnet werden Künstlerinnen und Künstler, deren Arbeit wegweisend für das deutsche Theater ist. DER FAUST ist ein nationaler, undotierter Theaterpreis, der auf die Leistungskraft und künstlerische Ausstrahlung der Theater aufmerksam macht und diese würdigt. Er wird vom Deutschen Bühnenverein gemeinsam mit den Bundesländern, der Kulturstiftung der Länder und der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste vergeben. Mitveranstalter und Förderer 2012 ist der Freistaat Thüringen. Zum zweiten Mal nach 2011 ist die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen Partner und Förderer der Veranstaltung.

Die Nominierten in den acht Kategorien:

Regie Schauspiel:
Martin Kušej, „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“, Bayerisches Staatsschauspiel;

Sebastian Nübling, „Three Kingdoms“, Münchner Kammerspiele, Koproduktion mit dem Theater NO99 Tallinn und dem Lyric Hammersmith Theatre London;

Rüdiger Pape, „Wolke 9“, Theater im Bauturm Köln


Darstellerin/Darsteller Schauspiel:
Fabian Hinrichs in „Kill your Darlings! Streets of Berladelphia”, Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz Berlin, Gefördert im Fonds Wanderlust der Kulturstiftung des Bundes;

Burghart Klaußner, Willy Loman in „Tod eines Handlungsreisenden“, St.
Pauli Theater Hamburg;

Jana Schulz, Viola/Sebastian in „Was ihr wollt“, Schauspielhaus Bochum


Regie Musiktheater:
Lorenzo Fioroni, „Carmen“, Theater Augsburg;

Lydia Steier, „Saul“, Oldenburgisches Staatstheater;

Jossi Wieler / Sergio Morabito, „Die glückliche Hand/Schicksal (Osud)“, Oper Stuttgart


Sängerdarstellerin/Sängerdarsteller Musiktheater:
Nicole Chevalier, Violetta Valéry in „La traviata”, Oper Hannover;

Ana Durlovski, Amina in „Die Nachtwandlerin“, Oper Stuttgart;

Bo Skovhus, Lear in „Lear”, Hamburgische Staatsoper


Choreografie:
Mei Hong Lin, „Romeo und Julia“, Staatstheater Darmstadt;

Nanine Linning, „Voice Over“, Theater Osnabrück;

Martin Schläpfer, „b.09 - Ein Deutsches Requiem“, Ballett am Rhein Düsseldorf Duisburg


Darstellerin/Darsteller Tanz:
Jackson Carroll in „Violakonzert“ im Rahmen des dreiteiligen Ballettabends b.11, Ballett am Rhein Düsseldorf Duisburg;

William Moore, Olivier Brusson in „Das Fräulein von S.“, Stuttgarter Ballett;

Jörg Weinöhl in „Nicht ich - Über das Marionettentheater von Kleist“, Eine Produktion von Isabel Mundry und Jörg Weinöhl in Rüsselsheim


Regie Kinder- und Jugendtheater:
Barbara Bürk, „Alice im Wunderland“, Deutsches Schauspielhaus Hamburg;

Jan Gehler, „Tschick“, Staatsschauspiel Dresden;

Tobias Ribitzki, „Freunde!“, Junge Oper Hannover


Bühne/Kostüm;
Victoria Behr, „Emilia Galotti“, Theater Oberhausen;

Barbara Ehnes / Chris Kondek, „Quijote. Trip zwischen Welten“, Thalia Theater Hamburg;

Paul Zoller, „Le Grand Macabre“, Staatstheater Mainz

Die Mitglieder der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste wählen aus diesen Nominierten die Preisträger aus, die am Abend der Verleihung bekannt gegeben werden.


Die Preisträger für das Lebenswerk und den Preis des Präsidenten stehen bereits fest:

Den Preis für das Lebenswerk erhält der Dramatiker, Schriftsteller und Regisseur Tankred Dorst gemeinsam mit seiner Ehefrau und Co-Autorin Ursula Ehler.

Der aus Oberlind bei Sonneberg (Thüringen) stammende Autor und Regisseur studierte an der Universität Bamberg Germanistik und Kunstgeschichte, mit einem Studium der Theaterwissenschaft in München setzte er seine Ausbildung fort. Seine ersten Theaterstücke (u.a. „Die Kurve“, „Gesellschaft im Herbst“, „Freiheit für Clemens“) kamen 1960 in Lübeck und Mannheim mit Erfolg auf die Bühne. 1961 folgte in Lübeck die Uraufführung seiner „Großen Schmährede an der Mauer“. Daran knüpfte er bis heute mit einer Vielzahl von Bühnenwerken, Prosa und einigen Verfilmungen vor internationalem Publikum an. 1963 wurde er als Mitglied in die Bayerische Akademie der Schönen Künste aufgenommen. Seine Ehefrau Ursula Ehler begleitet ihn seit Anfang der 70er Jahre als Assistentin und Co-Autorin. Gemeinsam schrieben sie zahlreiche Dramen, daneben auch Bühnenadaptionen, Filmskripte, Fernsehspiele, Erzählungen und Libretti.
Auch im Ausland fand Tankred Dorst Beachtung. So erhielt er u.a. 1973 Gastprofessuren in Australien und Neuseeland. 1978 wurde er zum Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt berufen und 1983 in die Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz aufgenommen. 1990 wurde er mit dem „Georg-Büchner-Preis“ ausgezeichnet.
1992 war er Mitbegründer der „Bonner Biennale“. Seitdem ist er auch Teil der künstlerischen Leitung dieses Theaterfestivals, das seit 2004 unter dem Namen „Neue Stücke aus Europa“ vorwiegend am Staatstheater Wiesbaden stattfindet. 2003/2004 hielt er als Gastprofessor Poetikvorlesungen an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. 2006 bekam er den „Samuel-Bogumil-Linde-Preis“, der sich an eine Reihe anderer wichtiger Auszeichnungen anschloss. Im selben Jahr inszenierte Dorst bei den Richard-Wagner-Festspielen in Bayreuth den „Ring des Nibelungen“.

Tankred Dorst ist einer der wichtigsten deutschsprachigen Dramatiker der letzten Jahrzehnte. In der intensiven Zusammenarbeit mit seiner Frau Ursula Ehler gehört er zu den bekanntesten und produktivsten Theaterautoren Deutschlands. Aber auch in anderen Funktionen ist er ein außerordentlich engagierter Theatermensch. So hat er sich als Mitbegründer des Festivals Neue Stücke in Europa immer auch für andere Dramatiker eingesetzt. Er ist ein stets offener und neugieriger Beteiligter an Entwicklungen im Theater und interessiert sich über die Spartengrenzen hinaus auch für Puppentheater und Oper. So hat er kurzfristig den Bayreuther Festspielen durch seine Regie des „Ring des Nibelungen“ geholfen. Auch die jahrzehntewährende Teamarbeit mit seiner Frau Ursula Ehler unterstreicht das diskursive Denken Dorsts, einen unverzichtbaren Teil moderner Theaterschöpfung.


Der Preis des Präsidenten geht an den Dramaturgen und Intendanten Matthias Lilienthal.

Matthias Lilienthal, 1959 in Berlin geboren, studierte Theaterwissenschaft, Geschichte und Germanistik und war von 1988 bis 1991 Dramaturg am Theater Basel. Im Anschluss wechselte er an die Berliner Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz und war dort bis 1998 Chefdramaturg und stellvertretender Intendant. Für das Festival „Theater der Welt“ 2002 wurde er zum Programmdirektor ernannt. Von 2003 bis 2012 war er künstlerischer Leiter und Geschäftsführer des Hebbel am Ufer 1, 2 und 3 in Berlin. Er ist zudem der Initiator des mittlerweile international aufgeführten Projekts „X Wohnungen“. Ab Herbst 2012 wird Lilienthal mit jungen Künstlern in Beirut arbeiten. Anschließend folgt eine Gastprofessur in Peking und 2014 die Leitung des Festivals „Theater der Welt“ in Mannheim.

Der uneitle Formatentwickler Matthias Lilienthal hat die deutsche Theaterlandschaft in den letzten Jahren entscheidend verändert. Er begann seine Arbeit als Dramaturg am Theater Basel, bevor der gebürtige West-Berliner an der Berliner Volksbühne Frank Castorfs große Ära in den 1990er Jahren prägte. Durch seine Kuratierung des Festivals „Theater der Welt“ 2002 in Bonn, Köln, Düsseldorf und Duisburg konfrontierte er die deutsche Theaterwelt mit extrem fremden Theaterwelten. Auch sind seitdem Inszenierungen in theaterfernen Orten, etwa Privatwohnungen, fester Bestandteil der Theaterkultur. Lilienthal war anschließend bis 2012 Intendant des Berliner HAU, wo er freie Theaterarbeit mit der Arbeit an einem festen Haus verband, dort gezielt migrantische Stoffe ans Theater holte und sie genreübergreifend erfahrbar machte, indem er Stilrichtungen wie Tanztheater, Oper und Bildende Kunst miteinander verknüpfte. Nun hat er seine Theatererforschung durch eine Gastdozentur in Beirut und anschließend in Peking noch weiter globalisiert.