Bereits seit elf Monaten befindet sich die Kultur- und Veranstaltungsindustrie quasi durchgängig im harten Lockdown. Doch gerade für diesen großen, vielfältigen Wirtschaftszweig werden die von der Politik großmundig als "Bazooka“ bezeichneten Wirtschaftshilfen immer mehr zum Rohrkrepierer, was viele Betroffene vor immense Existenznöte stellt. Der DEUTSCHE EVENTVERBAND startete im Januar eine Umfrage, um einen aktuellen Überblick über die wirtschaftliche Lage in der Kultur- und Veranstaltungsindustrie zu erhalten und den Gründen für die Probleme bei den Corona Hilfen auf den Grund zu gehen.
Branche verzeichnet extreme Umsatzeinbußen
Das Ergebnis zeigt, wie stark die Branche unter den monatelangen Restriktionen leidet: Die befragten Unternehmen erzielten einen durchschnittlichen Umsatzrückgang von 77,25% im Vergleich zum Jahr 2019 vor der Pandemie. Aktuell entschieden sich 4,4 % der befragten Betriebe aufgrund der aussichtslosen Lage sogar für eine Betriebsaufgabe zum Anfang des Jahres oder spätestens bis Mai. Viele weitere bangen mit jedem Tag um ihre Existenz, versuchen aber weiterhin, sich mit Nebenjobs, dem Verkauf ihres Equipments oder durch private Rücklagen über Wasser zu halten. Diese verhältnismäßig geringe Zahl an Geschäftsaufgaben sollte die Regierung nicht in Sicherheit wiegen: Durch die Aussetzung der Insolvenzanzeigepflicht sind die Zahlen der Geschäftsaufgaben momentan nicht aussagekräftig und werden in den kommenden Monaten voraussichtlich deutlich steigen, wenn die Insolvenzanzeigepflicht wieder in Kraft tritt.
Vertrauen in die Hilfspakete schwindet
Bei den Fragen zu den wirtschaftlichen Hilfen des Staates wird deutlich, dass die Effizienz und Akzeptanz zunehmend verloren geht: Während am Anfang der Pandemie noch 84,1 % der Befragten die Corona Soforthilfe beantragt haben und diese mit immerhin 39,19% als sehr gut oder gut hilfreich bewertet haben, nahmen die Anträge bei der Soforthilfe I und II deutlich ab. So wurde die Überbrückungshilfe I noch von 54,8% der befragten Unternehmen beantragt, die Überbrückungshilfe II sogar nur noch von 49,3 % der Unternehmen. Die Unzufriedenheit über die Hilfsmaßnahmen nahm hier deutlich zu: 67,11 bzw. 68,21 % der Unternehmenbewerteten die Überbrückungshilfe I und II als "nicht gut“ (Note 4) bis "schlecht“ (Note 5). Bei der November- und Dezemberhilfe lag die Unzufriedenheit entsprechend bei 51,09 bis 56,64 %. Die Gründe hierfür sind vielschichtig: Während sich für einige Unternehmen und insbesondere für die Soloselbständigen die aufwendige Antragstellung aufgrund geringer Fixkosten gar nicht erst lohnte oder sie gar nicht antragsberechtigt waren, scheinen für andere die Hürden und die komplexen Anforderungen einfach zu hoch. Einige Betriebe verfügten über keinen Steuerberater, der für sie die Beantragung übernehmen wollte, einige Steuerberater verweigerten sogar die Antragstellung aus Angst, selbst für mögliche Fehler in Haftung gezogen zu werden. Zudem gab es viele Unsicherheiten und Verwirrungen durch mehrmalige nachträgliche Änderungen des Kleingedruckten, der FAQ.
Borhen Azzouz, Vorstandsvorsitzender DEUTSCHER EVENTVERBAND: "Wenn selbst Steuerbüros mit den Anträgen und vielen nachträglichen Änderungen teilweise überfordert sind, dann läuft hier etwas ganz Grundsätzliches schief. Wir fordern seit vielen Monaten ein vereinfachtes, gerechteres Antragsverfahren für die Hilfsprogramme – leider laufen wir hier immer wieder mit unseren Bemühungen gegen eine Wand!“
Auszahlung der Hilfsgelder nach wie vor schleppend
Ein weiterer Kritikpunkt aus der Umfrage ist die langsame Auszahlung der Gelder. Beispiel Novemberhilfe: Hier haben aktuell 31,9 % der befragten Unternehmen noch gar keine Zahlung erhalten, 54% haben bisher nur eine Abschlagszahlung erhalten und warten nun dringend auf die Auszahlung des vollen Betrages, um ihre Kosten weiter decken zu können. Bei der Dezemberhilfe sieht es entsprechend noch schlechter aus: Hier haben noch 83,3 % der befragten Unternehmen nichts und lediglich 9,6 % erste Abschlagszahlungen erhalten. Ein Hauptproblem bei den November- und Dezemberhilfen ist für die Kultur- und Veranstaltungsindustrie, dass ein Großteil der Branche nach wie vor gar nicht erst antragsberechtigt ist.
Der DEUTSCHE EVENTVERBAND fühlt sich in seinen bisherigen Forderungen bestätigt:
- Die Überbrückungshilfen müssen schneller ausgezahlt werden und endlich fairer, unbürokratischer und vereinfacht werden, damit sie bei den tausenden Betroffenen auch wirklich ankommen!
- Unternehmer haben bis dato nur in wenigen Bundesländern einen Unternehmerlohn erhalten. Viele Unternehmen verschulden sich von Monat zu Monat mehr und haben selber keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld oder Grundsicherung, somit also kein Geld, um Ihre Lebenshaltungskosten zu decken. Deshalb fordert der DEUTSCHE EVENTVERBAND weiterhin einen einheitlichen, bundesweiten Unternehmerlohn - das ist unerlässlich für das Überleben vieler Selbstständige!
- Der DEUTSCHE EVENTVERBAND bleibt vorsichtig optimistisch, ob die angekündigte Überbrückungshilfe III wirkliche Verbesserungen für die Branche bereithält. Gut gemeint ist jedoch nicht immer auch gut gemacht: Soloselbstständige sollen zukünftig eine Neustarthilfe in max. Höhe von 7.500€ erhalten; diese hätte aus Sicht des Verbandes jedoch rückwirkend zum März 2020 gezahlt werden müssen. Viele Soloselbstständige haben bisher überhaupt keine Hilfen erhalten und die Überbrückungshilfe III bezieht sich nur auf die sechs Monate Januar bis Juni 2021 und beträgt somit bis zu 1.250€ pro Monat. Wenn man die Neustarthilfe anteilig auf die bereits verstrichenen "Lockdown“ Monate seit März 2020 umrechnet, sind das im Höchstfall 470€ pro Monat. Der DEUTSCHE EVENTVERBAND hält das für inakzeptabel.
An der Blitzumfrage des Deutschen Eventverbandes zu den aktuellen Hilfsprogrammen und zu der wirtschaftlichen Lage der Kultur- und Veranstaltungsindustrie im Januar beteiligten sich knapp 600 Unternehmen.