Einen Tag vor der Verleihung der diesjährigen ECHOs veranstaltet der Bundesverband Musikindustrie (BVMI) unter dem Titel „Musik: Angekommen in der Digitalen Zukunft?“ heute erstmals eine Kulturkonferenz in Berlin. Zur Eröffnung sprach sich Prof. Dieter Gorny, Präsident des BVMI mit Blick auf die Herausforderungen des digitalen Wandels für einen „Digital New Deal“ aus: „Mit ihren ökonomischen und kulturellen Innovationen ist die Kultur- und Kreativwirtschaft auch ein maßgeblicher Treiber technologischer Entwicklungen. Statt der häufig einseitig technikorientierten Fokussierung ist es wichtig, die Kreativwirtschaft als Teil der Digital Economy zu denken und faire Spielregeln für faires Wirtschaften im Netz zu etablieren.“ Dafür sei es erforderlich, dass alle Akteure im digitalen Raum an einem Strang ziehen, die Kultur- und Kreativbranchen, die Internetwirtschaft, die Werbeindustrie, Anbieter von Bezahlsystemen und natürlich die Politik, die zwischen den Beteiligten mit mehr Nachdruck als bisher moderieren müsse.
Gerade die Internet-Enquete habe gezeigt, wie wichtig es sei, Kultur und Netz miteinander, statt gegeneinander zu denken. Dass diese Notwendigkeit langsam durchsickere, zeige unter anderem auch die heute stattfindende Befassung des Kulturausschusses des Bundestags mit dem digitalen Vertrieb kreativer Inhalte.
Zu Beginn der Konferenz nahm Frank Briegmann, President Central Europe und Deutsche Grammophon Universal Music International, im Rahmen einer Keynote „Musikwirtschaft: Markt, Gesellschaft, Realität“ Bezug zur aktuellen Entspannung auf dem weltweiten Musikmarkt, der eine neue Dynamik erkennen lasse: „Musik ist wieder da - auch ökonomisch: Es gibt praktisch keinen Technologieanbieter oder Plattformbetreiber, der es sich leisten kann, ohne ein attraktives Musikangebot auszukommen.“ Zwar sei es zu früh, von Trendwende zu sprechen, dennoch sei durch die Zuwächse in den digitalen Geschäftsfeldern, allen voran das Musikstreaming, viel Optimismus zu verspüren: „Auch wenn Streaming aktuell noch ein Zusatzgeschäft darstellt, hat es langfristig das Potenzial, zu einer harten Währung im Markt zu werden.“ Das Streaming leite nicht nur einen Paradigmenwechsel in der Musiknutzung ein, sondern auch für Unternehmen und Künstler beginne eine neue Ära.
Zugleich wies Briegmann darauf hin, dass sich mit den neuen legalen Angeboten die grundsätzlichen Probleme der illegalen Nutzung nicht in Luft aufgelöst hätten. Nach wie vor fehle es an den notwendigen Rahmenbedingungen, die den einzelnen Branchen der Kultur- und Kreativwirtschaft Investitionssicherheit gewährleisten. Neben der Frage der Haftung von solchen Hostprovidern, deren „Geschäftsmodelle doch ganz offensichtlich auf Inhalten, die von uns produziert und finanziert wurden, aufgebaut sind“, appellierte er an die Parlamentarier, das kürzlich vom Bundes¬kabinett verabschiedete „Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ nachzu¬bessern: „Wir stimmen völlig darüber überein, dass Missstände im Bereich der Abmahnung bekämpft werden müssen, wir wehren uns aber dagegen, mit Trickbetrügern im Internet in einen Topf geworfen zu werden. Der aktuelle Gesetzentwurf weist erhebliche Mängel auf, die schlussendlich dazu führen werden, dass wir unsere Rechte nicht mehr durchsetzen können. Nur: Wenn wir unsere Rechte nicht mehr durchsetzen können, wer wird das dann für uns übernehmen?“
Um das Bewusstsein für den Wert geistigen Eigentums zu stärken sei es letztlich auch wichtig, sich selbst stärker in die Debatten einzubringen: „Als Partner der Künstler bleiben wir meistens im Hintergrund und lassen die Künstler und die Musik für sich sprechen. Das muss sich ändern: Wir und die ganze Branche wollen noch mehr über unsere Arbeit sprechen, über die Menschen, die an der Entstehung von Kultur beteiligt sind, darüber, dass Menschen davon ihren Lebensunterhalt bestreiten und es demensprechend Kultur auch nicht umsonst geben kann.“
Im weiteren Verlauf der Konferenz erörtern Vertreter der Kultur- und Kreativwirtschaft zentrale Aspekte des digitalen Wandels, darunter das heutige Rollenverständnis der Musikfirmen, Fragen der gesellschaftlichen Aufklärung sowie aktuelle Gesetzesinitiativen im Bereich des Urheberrechts in Kooperation mit dem Verein enGAGE!.
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Quelle
http://www.musikindustrie.de