Der Bundesverband Musikindustrie (BVMI) begrüßt die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, nach der ein Anschlussinhaber für Urheberrechtsverletzungen haftet, die über seinen Internetanschluss begangen worden sind – sofern er nicht nachweisen kann, dass die Rechtsverletzungen durch einen Dritten erfolgt sind. Der BGH hat diese Entscheidung gestern in einem Verfahren der führenden deutschen Tonträgerhersteller (I ZR 48/15) verkündet. Es ging hierbei um einen Anschluss, über den im Jahr 2007 insgesamt 809 Audiodateien öffentlich zugänglich gemacht worden waren. Der Anschlussinhaber hatte eine Verantwortung bisher zurückgewiesen mit dem Hinweis, sowohl seine Ehefrau als auch seine damals 15 und 17 Jahre alten Kinder hätten Zugriff auf den Internetzugang gehabt, die Täterschaft der Ehefrau konnte jedoch ausgeschlossen werden. Bereits die Vorinstanz, das OLG München, hat darauf hingewiesen, dass der Anschlussinhaber beweisen muss, die Rechtsverletzung nicht selbst begangen zu haben.
BVMI-Geschäftsführer Dr. Florian Drücke: "Die Entscheidung des BGH im eingangs beschriebenen Verfahren ist ein erfreuliches Ergebnis, weil sie an dieser Stelle die Position der Rechteinhaber im Hinblick auf die häufig schwierige Beweissituation grundsätzlich stärkt – aus unserer Sicht kann es für eine Haftungsbefreiung nicht ausreichend sein, den Zugriff Dritter lediglich als Möglichkeit in den Raum zu stellen. Dass die Bundesregierung in dieser Woche nun entschieden hat, künftig auch für private WLAN-Betreiber eine Haftungsprivilegierung einzuführen, wird bei solchen Fällen in Zukunft zu erheblichen Rechtsunsicherheiten für Kreative und ihre Partner, aber auch für die Verbraucher führen. Gerade, um das Internet als positiven Gesellschaftsraum zu gestalten, ist es wichtig, klare Verantwortlichkeiten zu benennen. Das geht weit über die hier in Rede stehenden Filesharing-Verfahren aus längst vergangenen Zeiten hinaus. Im Übrigen dürfte im Jahr 2016 bekannt sein, dass das Mittel der Wahl zur Eindämmung von Rechtsverletzungen das Vorgehen gegen illegale Plattformbetreiber ist, insbesondere auch dadurch, dass ihnen die finanziellen Mittel entzogen werden.“
"Wenig einleuchtend ist allerdings die Entscheidung in einem anderen, ebenfalls am gestrigen Donnerstag verhandelten Fall des BGH (I ZR 86/15)“, so Drücke weiter. "Für Rechtsverletzungen durch zum Beispiel Gäste im Haushalt müsse ein Anschlussinhaber nicht automatisch haften und die Gäste auch nicht "belehren“, da das für volljährige Nutzer "nicht zumutbar" sei. Im konkreten Fall hatte die Anschlussinhaberin zwar die mutmaßliche im Ausland lebende Täterin benannt und eine Haftung zurückgewiesen. Wollten die Rechteinhaber in einem solchen Fall aber auf die Durchsetzung ihrer Rechte bestehen, würde dies vermutlich weitere erhebliche Verfahrenskosten mit sich bringen. Insofern erschwert diese Entscheidung des BGH die Rechtsdurchsetzung für die Kreativen und ihre Partner.“