Drei Länder und zehn Konzerte in 24 Tagen: das vom Deutschen Musikrat getragene Bundesjugendorchester hat seine diesjährige Sommertournee erfolgreich beendet. Unter der Leitung von Mario Venzago gaben die jungen Musiker fünf Konzerte in China, drei in Italien und zwei in Deutschland (Tübingen und Berlin), bei denen Werke von Gustav Mahler, Maurice Ravel und Johann Strauss erklangen. Solist war das ehemalige Orchestermitglied Nicolas Altstaedt, der gemeinsam mit seinen jungen Nachfolgern Robert Schumanns Cellokonzert präsentierte. Höhepunkt und Abschluss der Chinareise bildeten zwei gemeinsame Konzerte mit dem Macao Youth Orchestra, in denen nicht nur musikalisch eine Brücke zwischen den beiden so unterschiedlichen Kulturnationen geschlagen wurde. Projektleiter Sönke Lentz: „Die großzügige Unterstützung des Auswärtigen Amtes und die Schirmherrschaft des Bundestagspräsidenten haben wir als kulturpolitischen Auftrag verstanden und konnten in den wichtigsten Sälen des Landes zeigen, was die musikalische Bildung in Deutschland zu leisten im Stande ist. Durch unsere musikalische Arbeit und die vielen persönlichen Begegnungen konnten wir das positive Deutschlandbild verstärken und auf der anderen Seite viele neue Einflüsse mit nach Hause nehmen."

Beeindruckend waren für die jungen Musiker die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und China, aber auch innerhalb Chinas: „Das fängt natürlich bei dem Essen mit Stäbchen an, auch das Zuhörerverhalten in den Konzerten ist ein ganz anderes. Es ist viel unruhiger als bei uns in Deutschland“, sagt Miriam Gruhle. „Dazu dann die unterschiedlichen Stadtbilder, die wir kennengelernt haben: Das neue Shanghai, in dem scheinbar viel Geld steckt, das eher ärmere Zhengzhou, was auf gewisse Weise aber irgendwie realer schien. Und dann zum Abschluss die Glücksspiel-Stadt Macao, die architektonisch an Las Vegas erinnert und recht offen wirkt. So viele Gegensätze in einem Land, Wahnsinn.“ Was den Musikern jedoch überall auffiel, war die große Höflichkeit und das Interesse der Chinesen an ihnen: „Ständig wollte man sich mit uns fotografieren lassen, wollte wissen wer wir sind und was wir tun“, sagt Henry Orlovsky. „Das kennen wir aus Deutschland in dieser Form nicht“.

Neben den teils sehr gut besuchten Konzerten in den großen Konzerthallen vor Ort wird den Musikern diese Reise wohl auch aufgrund der erlebten Wetterkapriolen in Erinnerung bleiben: Während des Aufenthalts des Bundesjugendorchesters in Peking regnet es, wie seit 60 Jahren nicht mehr. Bei ihrer Reise nach Macao wenige Tage später spürten sie die Nachwirkungen des Taifuns Vincente, der zunächst in die Taifun-Kategorie 4 eingestuft worden war und große Schäden anrichtete. „Obwohl wir nicht direkt betroffen waren, blieb es immer spannend, wie wir weiterreisen würden und ob überhaupt. Schließlich konnten wir doch unseren Flug nehmen, aber auf der Straße war ein Fortkommen am Tag darauf nach wie vor schwierig. Es war unglaublich, wie viel Wasser sich angesammelt hatte. Wir mussten mit unserem Bus beispielsweise durch einen aufgestauten Straßenabschnitt fahren. Die Reifen des Busses waren total unter Wasser und unser Gepäck, das unten im Kofferraum war, wurde nass, so mussten wir vor dem nächsten Konzert erst einmal unsere Kleidung föhnen“, berichtet Theresa Reustle. So oder so: Für die jungen Musiker war China „megainteressant“, sagt Theresa weiter: „So unterschiedliche Städte, tolle Konzerte und die Arbeit mit Mario Venzago hat viel Spaß gemacht. China ist für uns eine fremde Kultur, aber es ist interessant zu sehen, wie die Leute hier leben.“ Und Fjodor Selzer, der seit drei Jahren im BJO spielt und elf Dirigenten erlebt hat, meint: „Es ist toll, eine solche Reise mit dem Bundesjugendorchester unternehmen zu können. Wir sammeln hier Erfahrungen, die wir sonst nirgends so sammeln könnten. Sowohl musikalisch als auch menschlich. Im BJO sind meine besten Freunde und hier kann ich die beste Musik machen, die ich kann.“ Das BJO sei eben, darin sind sich die Musiker einig, wie eine große starke Familie.