CDU/CSU und SPD haben am 11.11.2005 mit Abschluss des Koalitionsvertrags „Gemeinsam für Deutschland mit Mut und Menschlichkeit“ die Bildung einer Großen Koalition abgeschlossen. Der Koalitionsvertrag wurde von den drei beteiligten Parteien am 14.11.2005 angenommen.

Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, hat heute in Berlin eine erste Bewertung des Koalitionsvertrags vorgenommen. Wirkung auf den Kulturbereich hat nicht nur der reine Koalitionsvertrag sondern auch die als Anlage 2 dem Koalitionsvertrag beigefügten Ergebnisse der Koalitionsarbeitsgruppe zur Föderalismusreform und das Eckpunktepapier für die Systematisierung der Kulturförderung von Bund und Ländern vom 23.06.2003 auf das in der Anlage 2 (Art. 104 b GG neu Begründung) verwiesen wird. Welche Auswirkungen der Koalitionsvertrag für den Kulturbereich hat, ist nur nach der gemeinsamen Bewertung der drei Dokumente möglich.

Als positiv bewertet der Deutsche Kulturrat im Koalitionsvertrag:


  • die Klarstellung, dass Kultur eine Investition und keine Subvention ist,

  • die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur in den Bereichen Förderung des bürgerschaftlichen Engagements, Stärkung der Rechtsstellung der Urheber, Einbeziehung besonderer Belange des Kulturbereiches bei der Gesetzgebung, Berücksichtigung der besonderen Situation der Künstler bei Hartz IV,

  • die Betonung der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik als dritter Säule der Außenpolitik und daraus folgend eine sachgerechte Mittelausstattung,

  • die geplante Stärkung der Künstlersozialversicherung,

  • die Berücksichtigung des besonderen Charakters von Kulturgütern bei den GATS-Verhandlungen und der EU-Dienstleistungsrichtlinie.

Der Deutsche Kulturrat bedauert, dass im Koalitionsvertrag folgende Punkte, die die Kulturpolitiker von Union und SPD vorgeschlagen hatten, nicht enthalten sind:

  • die Verankerung des Staatsziels Kultur im Grundgesetz,

  • die Wiedereinsetzung der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags „Kultur in Deutschland“.

Der Deutsche Kulturrat fordert, dass das Staatsziel Kultur trotzdem noch in dieser Legislaturperiode in das Grundgesetz aufgenommen und die Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ vom Deutschen Bundestag so schnell wie möglich wieder eingesetzt wird.

Der Deutsche Kulturrat hält folgende Punkte der Anlage 2 (Föderalismusreform) des Koalitionsvertrags für den Kulturbereich für ungeeignet. In den „Ergebnissen der Koalitionsarbeitsgruppe zur Föderalismusreform“ wird u.a. festgelegt, dass in der Zukunft:

  • ein Ländervertreter die deutsche Delegation im EU-Kulturministerrat leitet. Der künftige Kulturstaatsminister wird nicht mehr Delegationsleiter sein,

  • die gemeinsame Bildungsplanung von Bund und Ländern sowie die Förderung von Modellprojekten – auch im Bereich der kulturellen Bildung – aufgegeben wird,

  • das Eckpunktepapier zur Systematisierung der Kulturförderung von Bund und Ländern vom Juni 2003 Grundlage der künftigen Kulturförderung des Bundes wird, d.h. im Klartext, dass neue Fördermaßnahmen des Bundes nur nach Genehmigung durch die Länder erlaubt sind.

Der Deutsche Kulturrat bedauert, dass im Koalitionsvertrag keine vollständige Klarheit bei der Frage des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für Kulturgüter geschaffen wurde. Den nun im Koalitionsvertrag aufgenommenen Satz „Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7% bleibt zur Wahrung der sozialen Balance unverändert.“ interpretiert der Deutsche Kulturrat so, dass der ermäßigte Mehrwertsteuersatz für Kulturgüter uneingeschränkt erhalten bleibt.

Aus Sicht des Deutschen Kulturrates wurde der positive Versuch unternommen besonders im Kulturteil des Koalitionsvertrags, den Status quo in der Kulturpolitik zu sichern. Leider wurde diese positive Grundhaltung in der Anlage 2 zum Koalitionsvertrag zur Föderalismusreform nicht fortgesetzt. Sollte die Föderalismusreform, wie im Koalitionsvertrag beschrieben, umgesetzt werden, verliert der Bund entscheidenden Gestaltungsspielraum in der Kulturpolitik.
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