In diesem Jahr tritt auch in Deutschland das Unesco-Übereinkommen zur Erhaltung immateriellen Weltkulturerbes in Kraft. Aufgrund dessen muss Deutschland nun zunächst eine Liste des hierzulande gepflegten immateriellen Kulturerbes erstellen. Langfristig, so schreibt die deutsche Unesco-Kommission, soll diese Liste die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen in Deutschland sichtbar machen. Zu diesen Ausdrucksformen gehören laut Unesco-Kommission unter anderem Tanz, Theater und Musik.

Der Deutsche Bühnenverein hat sich deshalb entschlossen, die aus der Tradition der kurfürstlichen und königlichen Theater sowie der später gegründeten Stadttheater entstandene deutsche Theater- und Orchesterlandschaft für diese Liste vorzuschlagen. Dabei geht es – es handelt sich ja um immaterielles Kulturerbe – nicht um die Gebäude. Es geht auch nicht um den Schutz und die Verfestigung von Strukturen oder darum, jede Reduzierung von Zuschüssen auszuschließen. Im Gegenteil - eine fruchtbare Theater- und Orchesterlandschaft braucht Entwicklung und Veränderung. Im Mittelpunkt des Vorschlags soll vielmehr die künstlerische Vielfalt stehen. Die deutsche Theater- und Orchesterlandschaft wird besonders geprägt vom öffentlich finanzierten Ensemble- und Repertoiresystem. Dafür erfährt sie auch international hohe Anerkennung. Denn es erlaubt Schauspielern, Sängern und Tänzern sowie Musikern ein künstlerisches Schaffen, das in dieser Ausprägung und Größenordnung in anderen Ländern der Welt nicht existiert, und ermöglicht eine Verwirklichung der künstlerischen Freiheit ohnegleichen. Über 5.000 Inszenierungen mit ca. 50.000 Vorstellungen sind in jeder Spielzeit allein in den Stadt- und Staatstheatern sowie Landesbühnen zu sehen, davon bis zu 3.000 Neuinszenierungen. Hinzu kommen zahlreiche Produktionen von Privattheatern und der freien Szene. All das führt zu einer ständigen Weiterentwicklung künstlerischer Ausdrucksformen und setzt immer wieder neue Impulse in Tanz, Schauspiel und Musiktheater. Diese künstlerische Vielfalt und ihre künstlerischen Freiräume gilt es durch die Aufnahme der deutschen Theater- und Orchesterlandschaft in die Liste des erhaltungsbedürftigen immateriellen Kulturerbes zu schützen.

Mit der Initiative des Bühnenvereins soll auch einem möglichen Wettbewerb zwischen den einzelnen Theatern und Orchestern vorgebeugt werden. Es ist aus Sicht des Bühnenvereins zu vermeiden, dass einzelne Theater- oder Orchester durch eigene Bewerbungen in die Liste des erhaltungsbedürftigen immateriellen Kulturerbes aufgenommen werden, andere hingegen nicht.

In den nächsten Monaten wird der Bühnenverein in Zusammenarbeit mit dem Land Nordrhein-Westfalen einen Vorschlag für die Kultusministerkonferenz erarbeiten. Einzelheiten zum Unesco-Verfahren finden Sie unter www.unesco.de/immaterielles-kulturerbe.html‎.