Anlässlich des Rechtstreits zwischen dem Suhrkamp Verlag und dem Residenztheater in München über die Aufführung des Brecht-Werks „Baal“ hält der Deutsche Bühnenverein eine Reform des Urheberrechts für mehr als überfällig. „Seit Jahren weigert sich der Gesetzgeber, die für die Theater drängenden Fragen des geltenden Urheberrechts anzugehen. Das kann so nicht weitergehen“, äußerte Rolf Bolwin, der Direktor des Bühnenvereins, heute in Köln. Der Rechtsstreit zeige, wie sehr das Urheberrecht mittlerweile die Freiheit der Kunst behindert. Aus Sicht des Bühnenvereins entspricht ein in Stein gemeißeltes Urheberrecht der heutigen Aufführungspraxis in keiner Weise. Es sei unrealistisch, von einem Regisseur zu verlangen, auf Fremdtexte in der Inszenierung eines Stückes zu verzichten, um einen Urheber wie Brecht zu schützen, der fast 60 Jahre tot ist. Ziel der Aufführung eines seit Jahrzehnten existierenden Werkes müsse es sein, es mit der heutigen Sicht eines Regisseurs auf die Welt zu konfrontieren. Wenn es dazu zusätzlicher Texte bedürfe, sollten die Erben nicht aufgrund des Urheberrechts einen Verzicht einfordern können. Das werde der in Artikel 5 Abs. 3 Satz 1 Grundgesetz geschützten Freiheit der Kunst, auf die sich der Regisseur berufen könne, nicht gerecht.

Auch darüber hinaus ist das Urheberrecht aus Sicht des Bühnenvereins dringend reformbedürftig. So ist beispielsweise der Livestream einer Aufführung nach wie vor mit erheblichen urheberrechtlichen Problemen behaftet, auch wenn alle an der Aufführung Beteiligten angemessen bezahlt worden sind. Nur durch komplizierte vertragliche Vereinbarungen mit allen Beteiligten sei es möglich, Ausschnitte im Internet zu zeigen, um für die Aufführung zu werben. „Das Urheberrechtsgesetz befindet sich in dieser Hinsicht noch auf einem Stand der grauen Vorzeit heutiger moderner Informationsmedien“, so Rolf Bolwin.