Das Brahms-Institut an der Musikhochschule Lübeck übergibt sein bisher größtes Forschungsprojekt der Öffentlichkeit: 10.800 Briefe von und an den großen Komponisten Johannes Brahms können ab dem 17. März über eine Internetdatenbank (http://www.brahms-institut.de) recherchiert werden.

Die Korrespondenz wurde von einem Forscherteam über drei Jahre weltweit ermittelt und im „Brahms-Briefwechsel-Verzeichnis“ (BBV) erfasst. Das BBV ist ein Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), die Anschubfinanzierung übernahm die Possehl-Stiftung Lübeck. Dazu Prof. Dr. Wolfgang Sandberger, Projektleiter und Leiter des Brahms-Instituts an der Musikhochschule Lübeck: „Erstmals sind alle Briefe von und an Brahms in einem chronologisch-systematischen Verzeichnis gelistet, was die Forschung sehr erleichtert. Im BBV sehe ich zugleich eine hervorragende Grundlage für die dringend notwendige neue Edition des gesamten Brahms-Briefwechsels.“

Das Projektteam mit Dr. Christiane Wiesenfeldt, Dr. des. Fabian Bergener, Dr. Peter Schmitz und Andreas Hund, M.A., hat dem Namenspatron des Lübecker Instituts intensiv „in die Post geschaut“: Jeder Brief wurde mit einem Datensatz verzeichnet, der neben dem Verfasser unter anderem den Empfänger, das Datum und den Briefbeginn umfasst und Auskunft über den Fundort gibt. Von den 10.800 verzeichneten Briefen stammen 6.840 von Brahms und 3.960 von seinen Briefpartnern. Immerhin sind davon 3.476 Schreiben noch unveröffentlicht. Dazu Wolfgang Sandberger: „Das BBV ist ein ‚work in progress’. Das heißt, neu ermittelte Briefe werden weiterhin ständig in die Datenbank eingepflegt.“ Ein Großteil der bis dato unbekannten Briefe erreichte das Brahms-Institut nach Aufrufen in den Medien aus Privatbesitz. So schenkte etwa der Urenkel des berühmten Dirigenten und Brahms-Zeitgenossen Hans Richter dem Institut 15 bislang unbekannte Originalbriefe aus Brahms’ Feder.

Wolfgang Sandberger über die Forschungsergebnisse: „Das Brahms Briefwechsel Verzeichnis stellt einige Klischees der Brahms-Forschung in Frage. Schon Robert Schumann nannte den jungen Brahms einen ‚Schreibefaulpelz’, was angesichts des umfangreichen Briefwechsels kaum haltbar ist.“ Der Brief war für Brahms die zentrale Kommunikationsform: Meistens reagierte der Komponist zeitnah in der Korrespondenz mit seinen über 1.000 Briefpartnern, darunter auch Clara Schumann, Joseph Joachim, Theodor Billroth und Philipp Spitta. Die Korrespondenz bietet zahlreiche Informationen über Brahms’ Werke, ihre Rezeption, Veröffentlichung und Wiedergabe. Sie liefert weiterhin substantielle Äußerungen zur Werkdeutung und -interpretation.

Am 17. März 2010 präsentiert das Brahms-Institut das neue „Brahms-Briefwechsel- Verzeichnis“ (BBV) im Rahmen einer Veranstaltung mit geladenen Gästen in der Villa Eschenburg. Projektleiter Prof. Dr. Wolfgang Sandberger und seine Projektmitarbeiter stellen dann das neue Verzeichnis vor. Dr. Claudia Althaus vertritt die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG). Die Geigerin Teresa Krahnert und die Pianistin Ninon Gloger spielen Sonaten von Johannes Brahms.