Anlässlich des 200. Todestages des Namensgebers wurde das Bach-Archiv Leipzig am 20. November 1950 gegründet. Ziel war es, die über die Stadt Leipzig verteilten Quellen und Dokumente zum Leben und Schaffen des Thomaskantors zusammenzuführen und für die Zukunft zu bewahren. In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich die Institution zu einem weltweit renommierten Forschungszentrum, das sich auch als Veranstalter der 1999 im Namen der Stadt Leipzig eingeführten jährlichen Bachfeste erfolgreich etabliert hat.

In seiner frisch sanierten Heimstatt, dem historischen Bosehaus gegenüber der Leipziger Thomaskirche, beherbergt das Bach-Archiv Leipzig neben einem Forschungsinstitut mit Bibliothek auch ein Museum aktuellen Standards mit 500 qm Ausstellungsfläche. Drei große Kabinettausstellungen pro Jahr und zahlreiche museumspädagogische Angebote werden hier ebenso realisiert wie eine eigene Kammermusikreihe im barocken Sommersaal des Hauses. Zudem werden der internationale Bach-Wettbewerb und seit 1999 das jährlich stattfindende Bachfest Leipzig vom Bach-Archiv Leipzig ausgerichtet.

Der Initiator und langjährige Direktor der Institution, Werner Neumann, hatte die Gründung des Archivs an der Hauptwirkungsstätte Bachs seinerzeit angeregt und bei der Stadt Leipzig und dem damaligen Land Sachsen erfolgreich durchzusetzen vermocht. Unter den widrigen Bedingungen der Nachkriegszeit wurde das Archiv zuerst im Alten Rathaus und dann ab 1951 im Gohliser Schlösschen beherbergt. Im Jahr 1985 erfolgte der Umzug ins historische Bosehaus im Thomaskirchhof, und ein Jahr später übernahm der Leipziger Bachforscher Prof. Hans-Joachim Schulze die Leitung des Bach-Archivs, das zwischenzeitlich als Institution in die „Nationale Forschungs- und Gedenkstätten J.S. Bach der DDR“ eigegliedert wurde und somit seine Eigenständigkeit verlor.

Neben der ursprünglich intendierten Sammlung und Verwahrung der Quellen zum Leben und Schaffen des Thomaskantors wurde zeitnah auch die Realisation einer Neuen Bach-Gesamtausgabe in Angriff genommen. In Folge kam es zu einer ebenso engen wie in diesen Zeiten außergewöhnlichen wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit dem Johann-Sebastian-Bach-Institut Göttingen, die über die Zeiten des kalten Krieges hinweg nach der Wiedervereinigung mit der Edition des 103. Bandes im Jahr 2007 einen erfolgreichen Abschluss fand.

Mittlerweile werden in Kooperation mit dem Packard Humanities Institut in Kalifornien, der Sächsischen Akademie der Wissenschaften und der Deutschen Forschungsgemeinschaft zudem die Opera der Bachsöhne Wilhelm Friedemann und Carl Philipp Emanuel ediert und die Originalhandschriften Johann Sebastian Bachs im Rahmen des Projekts „Bach Digital“ gescannt und dem Musikfreund via Netz zugänglich gemacht.

Insbesondere seit der Überführung in die Rechtsform einer Stiftung im Jahr 1998 gab es zahlreiche offensichtliche Neuerungen und Weiterentwicklungen. So wurde im Folgejahr das erste durch das Bach-Archiv organisierte Bachfest Leipzig veranstaltet, das Archiv wurde zum An-Institut der Universität Leipzig erkoren inklusive dem Engagement, adäquaten wissenschaftlichen Nachwuchs auszubilden, und nach der umfassenden Renovierung und Erweiterung des Bosehauses wurde im März 2010 unter weltweiter Beobachtung das Bach-Museum Leipzig durch den Bundespräsidenten Horst Köhler wiedereröffnet. Heute findet der interessierte Besucher im Komplex des Bach-Archivs Leipzig ein umfassendes Angebot an Information rund um den berühmten Komponisten nach Gusto. Während Sir Roger Norrington sich in der Bibliothek mit autographen Quellen befasst und im museumspädagogischen Bereich Kindergartengruppen basteln, stöbern zeitgleich interessierte Touristen im Shop des Bach-Museums nach musikalisch inspirierten Souvenirs.

Seit dem Jahr 2001 steht der Bachforscher Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph Wolff der Stiftung als Direktor vor. Der Musikwissenschaftler spürte seinerzeit zahlreiche als verschollen geltende Bach-Quellen auf und veröffentlichte 2000 die bis dato umfassendste moderne Bach-Biografie, die inzwischen in mehr als zehn Sprachen vorliegt. Christoph Wolff bekleidet im Hauptamt eine Professur an der Harvard University in Cambridge, Massachusetts. Ihm zur Seite stehen der Geschäftsführer Dr. Dettloff Schwerdtfeger, die Künstlerischen Direktoren des Bachfests Leipzig, Thomaskantor Prof. Georg Christoph Biller und der Intendant der Tonhalle-Gesellschaft Zürich, Dr. Elmar Weingarten, sowie 30 feste und zirka 15 freie, bzw. projektbezogene Mitarbeiter.

Würdig begangen wird der 60. Geburtstag des Bach-Archivs Leipzig mittels einer Konferenz zu Wilhelm Friedemann Bach, die in Kooperation mit dem Mitteldeutschen Barockmusik e.V. am 19. und 20. November 2010 in den Räumlichkeiten des Bach-Archivs stattfinden wird. Eine öffentliche Podiumsdiskussion zum Thema „Johann Sebastian Bachs letztes Lebensjahr“ inklusive einer Diskussion aktueller Forschungsfragen mit Mitarbeitern unter Leitung von Prof. Wolff schließt sich am Samstag, dem 20. November, ab 15 Uhr im historischen Sommersaal des Bosehauses an. Ihren Abschluss finden die Feierlichkeiten nach einer internen Festveranstaltung ab 20 Uhr mittels eines Konzerts der Reihe „Bachische Abend-Musick“ im Festsaal des Alten Rathauses Leipzig, Markt 1. Das Neue Bachische Collegium Musicum spielt Werke des Bachsohnes Wilhelm Friedemann.

Das Bach-Archiv Leipzig befindet sich in Leipzig, Thomaskirchhof 15/16, gegenüber der Thomaskirche. Nähere Informationen erhalten Sie via E-Mail unter info@bach-leipzig.de oder unter http://www.bach-leipzig.de.