In der Musikbibliothek der Augustinergemeinde Gotha wurde die zweitgrößte Sammlung autographer Partituren von Georg Anton Benda (1722–1795) identifiziert. Bislang galten diese Manuskripte als Abschriften des 19. Jahrhunderts. Während der Arbeiten am „Bach-Repertorium“ wurden die Dokumente wissenschaftlich untersucht. Das „Bach-Repertorium“ ist ein Forschungsprojekt der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, das am Bach-Archiv Leipzig angesiedelt ist.
Georg Anton Benda entstammte einer berühmten böhmischen Musikerfamilie und ist heute vor allem durch seine Melodramen wie „Ariadne“ und „Medea“ bekannt. Doch der Komponist hinterließ auch mehrere Kantatenjahrgänge, die für die Kirchenmusik in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bedeutsam sind. Carl Philipp Emanuel Bach führte nachweislich zahlreiche Kantaten Bendas in seiner Hamburger Zeit auf oder entnahm ihnen einzelne Sätze, die er den Hamburger Gegebenheiten anpasste. Zahlreiche dieser Bendaschen Kantaten sind in der Musikbibliothek der Augustinergemeinde Gotha überliefert. Bislang galten diese Manuskripte jedoch "nur" als Abschriften des 18. bzw. frühen 19. Jahrhunderts.
Bei der Sichtung durch Dr. Wolfram Enßlin, den Arbeitsstellenleiter des Projekts „Bach-Repertorium“ der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, stellte sich heraus, dass es sich bei mindestens 18 der in Gotha aufbewahrten Partituren um Autographe Bendas handelt. Damit ist nun die bislang größte autographe Sammlung der geistlichen Kantaten des Komponisten und die zweitgrößte autographe Sammlung mit Kompositionen Bendas überhaupt identifiziert worden. Dr. Wolfram Enßlin, der die Autographe verifizierte, erläutert: „Diese Kompositionsautographe, die in zahlreichen Fällen Korrekturen, Striche, Verwerfungen von ursprünglich komponierten Passagen erkennen lassen, geben Aufschluss über die Arbeitsweise Bendas und die Entstehungsprozesse einzelner Kantaten. Wir hoffen, dass der Kantatenkomponist Benda nun wieder stärker ins Bewusstsein der musikinteressierten Öffentlichkeit rückt und er auch in Kirchenkonzerten und Kantatengottesdiensten Berücksichtigung findet, wenn Editionen – basierend auf seinen Autographen – den Zugang zu seinen Kompositionen erleichtern.“
Der Komponist Georg Anton Benda kam 1742 mit seinen Eltern und Geschwistern aus Böhmen nach Potsdam, wo sein ältester Bruder Franz als erster Violinist des preußischen Königs Friedrichs II. wirkte. Im Jahr 1750 wurde er zum Kapellmeister am Hofe Sachsen-Gotha berufen und hatte diese Stelle bis 1778 inne. In dieser Zeit schuf Benda vor allem Instrumentalwerke und zahlreiche Kirchenkantaten. Von Bendas Kantaten ist heute allein der Jahrgang nach Text von Balthasar Münter vollständig überliefert. Durch diesen Fund sind nun erstmals Autographe aus diesem Jahrgang bekannt.
Das Forschungsprojekt „Bach-Repertorium“ der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig hat zum Ziel, die nachweisbaren musikalischen Werke aller Mitglieder der weitverzweigten Musikerfamilie Bach in Werkverzeichnissen zu erschließen, Dokumente zur Lebens- und Wirkungsgeschichte der Mitglieder der Familie zu erfassen sowie ausgewählte Werke in wissenschaftlichen Ausgaben vorzulegen. Seinen Sitz hat das Projekt am Bach-Archiv Leipzig.
Absätze
Quelle
http://www.saw-leipzig.de