Für die Leipziger Musikbibliothek Peters, die u.a. wertvolle Originalhandschriften von Johann Sebastian Bach und Felix Mendelsohn-Bartholdy enthält, durfte der Freistaat Sachsen ein Verfahren zur Eintragung in das Verzeichnis national wertvoller Kulturgüter nach dem Kulturgutschutzgesetz mit der Folge eines absoluten Ausfuhrverbots einleiten. Dies hat die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Dresden mit einem den Beteiligten im Januar 2009 zugestellten Urteil vom 5. November 2008 (Az.: 5 K 1837/05) entschieden.
Zur qualitativ und quantitativ bedeutsamen Musikbibliothek Peters mit ca. 24.000 Einzelstücken gehören u. a. wertvolle Originalhandschriften bedeutender Musiker wie Johann Sebastian Bach und Felix Mendelssohn-Bartholdy, die in Pressemeldungen als »das Tafelsilber der Musikstadt Leipzig« bezeichnet wurden. Die Sammlung gehörte seit dem Ende des 19. Jahrhunderts jüdischen Eigentümern, die aufgrund ihrer Verdienste um die Musikbibliothek mit der Ehrendoktorwürde der Universität Leipzig ausgezeichnet wurden. Die Musikbibliothek wurde 1938/39 von den Nationalsozialisten enteignet und befand sich seitdem im Besitz der Stadt Leipzig. Zahlreiche Familienmitglieder der Eigentümerfamilie wurden in der Folgezeit ermordet. 1993 wurde das Eigentum an der Musikbibliothek durch das Sächsische Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen an die Erben der jüdischen Enteignungsopfer zurückübertragen. Diese schlossen zunächst unentgeltliche Leih- und Verwahrungsverträge mit der Stadtbibliothek Leipzig und dem Bach-Archiv Leipzig ab. Nach Teilkündigung der Verträge wurden wertvolle Stücke zur deutschen Abteilung eines internationalen Auktionshauses in Berlin verbracht. In diesem Zusammenhang leitete das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst das Verfahren nach dem Kulturgutschutzgesetz ein.
Hiergegen klagten die jüdischen Eigentümer. Da bereits die Einleitung des Eintragungsverfahrens nach dem Kulturgutschutzgesetz zu einem absoluten Ausfuhrverbot bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Eintragung führt, sahen sich die in den Vereinigten Staaten von Amerika, in Großbritannien und in Kanada lebenden Kläger an der Inbesitznahme ihres Eigentums und an einer Veräußerung zu Weltmarktpreisen gehindert.
Demgegenüber vertraten die Richter des Verwaltungsgerichts Dresden nunmehr die Auffassung, dass die Einleitung des Verfahrens zur Eintragung der Musikbibliothek Peters in das Verzeichnis national wertvoller Kulturgüter nach dem Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung - Kulturgutschutzgesetz - rechtlich nicht zu beanstanden sei. Die Anwendbarkeit des Kulturgutschutzgesetzes werde durch die erfolgte Eigentumsrückübertragung an jüdische Alteigentümer nach dem Vermögensgesetz nicht ausgeschlossen. Ein solcher Ausschluss ergebe sich weder aus internationalen Vereinbarungen noch aus völkerrechtlichen Verträgen im Zusammenhang mit der Herstellung der Einheit Deutschlands. Das rückübertragene Eigentum an Kulturgütern unterliege nach dem Grundgesetz wie jedes andere Eigentum einer Sozialbindung, die durch das Kulturgutschutzgesetz konkretisiert werde. Eine Verfügung innerhalb der Bundesrepublik Deutschland bleibe den Eigentümern während des Eintragungsverfahrens und nach einer Eintragung in das Verzeichnis national wertvoller Kulturgüter möglich. Die Verfahrenseinleitung sei schließlich nicht rechtsmissbräuchlich, da sie offensichtlich dem Schutz wertvoller Kulturgüter gegen Abwanderung diene. Die Stadt Leipzig werde allerdings im Hinblick auf den Standort der Musiksammlung durch das Kulturgutschutzgesetz nicht geschützt. Sie sei vielmehr darauf angewiesen, die Musiksammlung etwa mit Unterstützung von Bund, Ländern und Sponsoren im Rahmen laufender Einigungsbemühungen mit den Eigentümern zu erwerben.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, das Gericht hat die - inzwischen eingelegte - Berufung zum Sächsischen Oberverwaltungsgericht zugelassen.
Absätze
Quelle
http://www.justiz.sachsen.de