Im Rahmen der Generalsanierung der Laeiszhalle wird bis zum Herbst 2026 eine neue Orgel entstehen, die dem künstlerischen, klanglichen und ästhetischen Anspruch des traditionsreichen Konzerthauses gerecht wird. Als weitgehende Rekonstruktion der bei der Eröffnung 1908 eingebauten Walcker-Orgel, die nach dem Zweiten Weltkrieg abgebaut und durch ein neues Instrument ersetzt worden war, schließt sie zudem eine Leerstelle in der Orgellandschaft Hamburgs. Das Projekt wurde europaweit ausgeschrieben. Unter den Angeboten renommierter Orgelbaufirmen wurde die Bietergemeinschaft der auf Walcker-Orgeln spezialisierten Firma Orgelbau Lenter und der Orgelbaufirma Klais ausgewählt und mit der Ausführung der Arbeiten beauftragt.
Eine mit renommierten Orgelexperten besetzte Fachkommission hat sich seit 2017 mit der Orgel-Situation in der Laeiszhalle befasst. Das 1951 nach den klangästhetischen Vorstellungen der Nachkriegsjahre erbaute Instrument der auf Kirchenorgeln spezialisierten Firma Beckerath konnte seine Stärken im Konzertsaal nur selten ausspielen. Nicht nur beim Zusammenspiel mit großen Orchestern hat sich das Klangvolumen oft als nicht ausreichend erwiesen. Die Orgel kam zuletzt kaum noch zum Einsatz.
Die Fachkommission war daher nach intensiver Beratung zu der Einschätzung gekommen, dass die Beckerath-Orgel nur mit erheblichen Eingriffen den Anforderungen des Konzertsaals annähernd gerecht werden könnte. Daher wurde beschlossen, die Orgel an die Evang.-luth. Dekanatskirche Peter und Paul im fränkischen Münchberg zu verkaufen. Zugleich kam die Kommission zu dem Schluss, dass die erste Orgel der Laeiszhalle, die 1908 von der Ludwigsburger Orgelbauwerkstatt E. F. Walcker als Herzstück des Großen Saals errichtet worden war, die „Idealbesetzung“ für die Laeiszhalle gewesen ist. Obwohl voll funktionsfähig, wurde sie in der Aufbruchstimmung nach dem Zweiten Weltkrieg abgebaut. Teile des Instruments sind heute noch in Köln erhalten. Ebenso stammen die sichtbaren Prospektpfeifen der derzeitigen Orgel noch von der alten Walcker-Orgel und werden auch in das neue Instrument integriert.
Die in Ludwigsburg in Baden-Württemberg ansässige Orgelbaufirma E. F. Walcker war im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert eine der international renommiertesten Orgelbaufirmen, die weltweit Instrumente für bedeutende Kirchen und Konzertsäle baute.
Bei der europaweiten Ausschreibung für den Neubau der Laeiszhalle-Orgel wurde insbesondere die Erstellung eines Rekonstruktionskonzeptes anhand der glücklicherweise erhaltenen Walcker’schen Planunterlagen gefordert. Unter den acht hochrenommierten Orgelbauwerkstätten aus dem In- und Ausland, die sich an der Ausschreibung beteiligt haben, konnte sich die Bietergemeinschaft von Orgelbau Lenter GmbH (Sachsenheim) und Johannes Klais Orgelbau GmbH & Co. KG (Bonn) mit einem sehr überzeugend und detailliert ausgearbeiteten Rekonstruktionskonzept durchsetzen.
Die Bietergemeinschaft verbindet in ihrer Kooperation den sehr spezifischen Walcker-Erfahrungsschatz der Firma Lenter mit der enormen Konzertsaalexpertise und der Leistungsfähigkeit der Firma Klais. Nach der Auflösung der Firma Walcker erhält die Orgelbauwerkstatt Lenter heute in zweiter Generation das seinerzeit noch durch die Mitarbeit bei Walcker erworbene Wissen und verfügt über eine reiche Detailkenntnis vieler Walcker’scher Konstruktionen, Klangspezifikationen und Bauweisen.
Orgelbau Klais macht weltweit durch aufsehenerregende Orgelbauten in Kirchen und Konzertsälen auf sich aufmerksam und steht dabei für handwerkliche und künstlerische Ausführung höchster Güte. Die Leistungsfähigkeit des Unternehmens ist zugleich Garant für die fristgerechte Fertigstellung und den vorgesehenen Einbau der Orgel in den Sommerspielpausen 2025 und 2026. Der Bau der Orgel wird rund 3,38 Millionen Euro kosten.
Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien: „Ich freue mich, dass in der Laeiszhalle nun ein Instrument wiederersteht, das sich in seiner Klangästhetik ideal mit dem historischen Gebäude verbindet. Dank der Zusammenarbeit der Firma Lenter, die wie keine andere die Seele der alten Walcker-Orgel kennt, und der Firma Klais, die mehrfach bewiesen hat, dass sie Orgeln höchster Qualität baut, können wir uns auf eine außerordentliche Orgel für die Laeiszhalle freuen. Mit diesem Instrument wird die Laeiszhalle wieder für alle klassischen Konzerte zu einer Top-Adresse und die Orgelstadt Hamburg wird mit diesem Projekt einen bedeutenden Akzent in der Orgelwelt setzen.“
Christoph Lieben-Seutter, Generalintendant Elbphilharmonie und Laeiszhalle: „Die Walcker-Orgel wurde vor über 100 Jahren eigens für die Laeiszhalle konzipiert. Ich bin sehr glücklich, dass sich mit Orgelbau Lenter und Johannes Klais Orgelbau jetzt Experten der Rekonstruktion annehmen, die Respekt vor dem traditionellen Handwerk mit Innovationsfreude verbinden. Die Laeiszhalle verdient eine Orgel, die sich in diesen großartigen Saal einfügt und das Konzerterlebnis bereichert. Für unser Publikum und für die Künstler wird die Orgel ein Gewinn sein und neue künstlerische Möglichkeiten eröffnen.“
Martin Görge, Geschäftsführer Sprinkenhof GmbH: „Die Sanierung der städtischen Kultureinrichtungen ist erforderlich, um der Bedeutung der Einrichtungen für die Kulturmetropole Hamburg gerecht zu werden. Wir freuen uns daher, mit dem Ergebnis der Ausschreibung für diese vorgezogene Maßnahme eine erfahrene Arbeitsgemeinschaft ausgewählt zu haben, die die nötige fachliche Expertise und Leistungsfähigkeit für dieses anspruchsvolle Rekonstruktionsprojekt unter Beteiligung namhafter Orgelexpertinnen und -experten zusammenbringt. Mit der neuen Walcker-Orgel wird eine weitere Voraussetzung für die Laeiszhalle geschaffen, die das Konzerthaus von internationalem Rang weiter zukunftsfähig aufstellt und gleichsam ihre besondere denkmalgeschützte Qualität stabilisiert. Als nächstes wird im Sommer 2023 der Ausbau der alten Orgel erfolgen. Wir freuen uns bei diesem besonderen Vorhaben auf eine gute und konstruktive Zusammenarbeit.“
Markus Lenter: „Mit dem Neubau einer Konzertsaalorgel in der Laeiszhalle auf Basis der ursprünglichen Walcker-Orgel können wir wieder in eine Zeit der Orgelbaukunst eintauchen, als die Orgel ab 1900 mit den damalig aufregend neuen Möglichkeiten einer elektrischen Traktur als Partner zu Orchestern und Chören sich verband. Der Spieltisch war nicht mehr mit einer ortsabhängigen Mechanik oder Pneumatik gebunden, Orgeltechnik und Orgelarchitektur veränderten sich rasant. Nach vielen wegweisenden Neubauten an Konzertsaalorgeln der jüngeren Vergangenheit dürfen wir wieder als neugierige Orgelbauer in Technik und Klanggestalt eine Türe unserer Vorväter öffnen, welche in klanglichen aber auch rein dogmatischen Gründen lange fast undenkbar blieb. Der Schritt der verantwortlichen Gremien ist auch von Orgelbauerseite mehr als zu begrüßen, im breiten Gesamtkunstwerk ‚Orgellandschaft Hamburg‘ diese Facette der reinen spätromantischen Orgelbaukunst als einen weiteren Baustein in der Laeiszhalle rekonstruieren zu dürfen. Raum und Klang der Ideale von 1908 werden wieder zusammenfinden.“