Deutscher Harmonika-Verband e.V. und Deutscher Akkordeonlehrer-Verband e.V. sehen nach dem Beschluss des Gemeinderats der Stadt Trossingen für einen Aufnahmestopp eine ernsthafte Gefahr für das Hohner-Konservatorium und die gesamte Akkordeon- und Harmonikaszene. Mit einem gemeinsamen Konzept wenden sich die beiden Verbände an die Stadt, den Landkreis und die Hohner Musikinstrumente GmbH. Sie plädieren darin für eine gemeinsame Konzeption und sagen ihre breite fachliche, organisatorische, mediale und finanzielle Unterstützung zu.

Das Hohner-Konservatorium Trossingen steht seit 92 Jahren für Tradition und Qualität. Über diese Zeit wurden dort eine unvergleichbare Expertise für Akkordeon- und Harmonikainstrumente etabliert und wichtige Impulse für Spielpraxis, Literatur und musikalische Qualität gesetzt. An keinem anderen Ausbildungsinstitut findet man eine derartige fachliche Bündelung und Reaktionsfähigkeit auf die Anforderungen der Akkordeon- und Harmonikamusizierenden. Die Ausbildung an der Berufsfachschule ist musikalisch-fachlich, methodisch und pädagogisch erstklassig und kann mit flexiblen wie auch modernen Fächergruppierungen ideal auf den individuellen Bedarf der Studierenden eingehen. Dieses Profil, die Einbindung aktueller Trends sowie die Orientierung an den Berufsbildern der Absolventinnen und Absolventen machen das Institut enorm praxisnah und zielgruppengerecht. All dies führt dazu, dass Musikschulen und Orchester dessen Absolventinnen und Absolventen bevorzugt einstellen. Denn nur das Hohner-Konservatorium bildet, im Gegensatz zu Musikhochschulen, wirklich passgenau für den Unterricht am Akkordeon und die Leitung von Orchestern aus.

Doch seit kurzem besteht Grund zur Sorge um das renommierte Ausbildungsinstitut. Der beabsichtigte Aufnahmestopp könnte das Aus für die Akkordeonlehrkräfte-Ausbildung in Trossingen bedeuten, was für Orchester und Musikschulen und damit für die Grundlagenarbeit am Akkordeon einen eklatanten Verlust und eine große Gefahr für die Zukunft darstellen würde. DHV-Präsident Jochen Haußmann MdL fasst die Lage wie folgt zusammen: »Unsere Mitglieder und Fachleute bringen uns ihre breite Sorge in zahlreichen Gesprächen zum Ausdruck. Ein Verlust der Berufsausbildung am Hohner-Konservatorium würde die Zukunftsfähigkeit der Akkordeon- und Harmonikaszene ernsthaft bedrohen.« Denn ohne die praxisnahe und fundierte Ausbildung am Hohner-Konservatorium könnten Musikschulen und Orchester aber auch Musikhochschulen ihren ohnehin hohen Bedarf an Lehrkräften und Dirigierenden künftig deutlich schwieriger decken. Darüber hinaus würden viele Schlüsselpositionen in Führungs- und Fachgremien sowie in Auswahlorchestern nicht mehr besetzt werden können und somit wichtige Impulse für die Akkordeon- und Harmonika- sowie Orchester-Szene ausbleiben. Eine Schließung des Hohner-Konservatoriums würde für die Akkordeon- und Harmonika-Szene im gesamten deutschsprachigen Raum den Verlust ihrer pädagogisch-fachlichen Basis für den Dirigierenden- und Lehrkräfte-Nachwuchs der kommenden Jahrzehnte bedeuten. Darüber hinaus würde die Stadt Trossingen ein wichtiges Aushängeschild und Fachinstitut verlieren, mit dem sie bald ein ganzes Jahrhundert verbunden ist.

Ein Aufnahmestopp am Hohner-Konservatorium wäre nach Ansicht des Deutschen Harmonika-Verbands (DHV) und des Deutschen Akkordeonlehrer-Verbands (DALV) das falsche Signal zum falschen Zeitpunkt. Denn einerseits werden gerade jetzt, nach Ende der Corona-Pandemie, gut ausgebildete Fachkräfte für die Unterstützung der Orchester gebraucht und andererseits konnten nach dem Geschäftsführerwechsel am Hohner-Konservatorium zahlreiche Kooperationen wieder bzw. neu aufgenommen werden und das Institut befindet sich in einem spürbaren Aufwind. Bereits 15 künftige Studierende haben ihr Interesse an einer Ausbildung am Hohner-Konservatorium in den kommenden beiden Jahren angezeigt und das obwohl weder offiziell ausgeschrieben, noch für das neue Semester geworben wurde. Damit ist man dem Zwischenziel von 50 Studierenden bereits im kommenden Jahr deutlich näher, als noch in den vergangenen Jahren.

Von Seiten der beiden Verbände konnten seit November 2022 einige neue Kooperationen und Maßnahmen zur Stärkung des Hohner-Konservatoriums und der Szene auf den Weg gebracht werden. Der Deutsche Harmonika-Verband unterbreitete am 20. Februar 2023 in einem persönlichen Gespräch gegenüber Bürgermeisterin Susanne Irion das Angebot zur Unterstützung des Hohner-Konservatoriums. Nun legen DHV und DALV der Stadt und den Gesellschaftern ein gemeinsames Konzept vor, welches zahlreiche Maßnahmen zur Stärkung des Hohner-Konservatoriums und zur Unterstützung in der Akquise vorsieht. So bieten die beiden Verbände unter anderem Stipendien für Neustudierende an und wollen gemeinsame Weiterbildungen deutschlandweit etablieren. Außerdem haben sie zusammen mit dem Hohner-Konservatorium bereits ein Talent Scouting etabliert, bei dem die Vertreterinnen und Vertreter der drei Institutionen bei Veranstaltungen, Weiterbildungen und Wettbewerben sowie in Orchestern begabte Musizierende akquirieren. Weitere Maßnahmen zur Steigerung der Bekanntheit des Hohner-Konservatoriums sollen durch gemeinsame Marketing-Maßnahmen und Kooperationen erfolgen und so die umfangreichen Netzwerke der Institutionen ideal genutzt werden. Der Deutsche Harmonika-Verband bietet zudem auf eigene Kosten eine Management-Begleitung des Hohner-Konservatoriums an, bei der etwa die Analyse der finanziellen Situation des Hohner-Konservatoriums inklusive einer Simulationsrechnung aber auch die Unterstützung bei der Produkt- und Geschäftsfeldentwicklung sowie bei den bereits eingeleiteten Konsolidierungen erfolgen könnten. Auch in der finanziellen Stärkung können sich die beiden Verbände Maßnahmen vorstellen.

Deutscher Harmonika-Verband und Deutscher Akkordeonlehrer-Verband halten das Angebot weiterhin aufrecht und stehen Bürgermeisterin Susanne Irion, dem Gemeinderat und den Gesellschaftern für eine gemeinsame Neuaufstellung des Hohner-Konservatoriums zur Verfügung. Ein wichtiger Schritt wäre aus Sicht der Verbände, dass die Gesellschafter keinen Aufnahmestopp festlegen, sondern den positiven Entwicklungen am Hohner-Konservatorium eine Chance einräumen. Stattdessen sehen DHV und DALV nun geboten, gemeinsam mit allen Partnern ein Konzept zur Zukunftssicherung und Stärkung des Hohner-Konservatoriums auszuarbeiten.

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