Mit ›Buber-Korrespondenzen Digital‹ und der ›Erich Wolfgang Korngold Werkausgabe‹ wurden der Akademie der Wissenschaften und der Literatur / Mainz Langzeitvorhaben im Rahmen des gemeinsam von Bund und Ländern geförderten Akademienprogramms bewilligt, die das Werk zweier bedeutender jüdischer Größen der Geistes- und Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts bewahren und aufarbeiten.

Buber-Korrespondenzen Digital: Das Dialogische Prinzip in Martin Bubers Gelehrten- und Intellektuellennetzwerken im 20. Jahrhundert (BKD)

Gegenstand des Vorhabens ist die Erstellung einer digitalen (teil)kommentierten Edition der Korrespondenzen von Martin Buber (1878-1965), der zu den bedeutendsten und einflussreichsten Denkern der jüngeren deutsch-jüdischen Kultur- und Geisteswelt gehört. Seine Korrespondenzen, die ein dichtes Gelehrten- und ­Intellektuellen­netzwerk bilden, sind von der Forschung zum größten Teil unbearbeitet. Zu den Briefpartnern zählten Vertreter der Philosophie wie der Literatur, Theologie und Religionswissenschaft oder der Kunst: u.a. Lou Andreas-Salomé, Leo Baeck, Rudolf Borchardt, Max Brod, Albert Einstein, Theodor Herzl, Hermann Hesse, Else Lasker-Schüler, Franz Rosenzweig, Gershom Scholem und Karl Wolfskehl, um nur einige Namen zu nennen. Nach dem Abschluss der Buber-Werkausgabe wird die Edition der Korrespondenzen neue Erkenntnisse über die von Bubers Denken ausgehenden Impulse bis in die Diskurse der Gegenwart hinein liefern.

Der überwiegende Teil der rund 40.000 Briefe liegt im Jerusalemer Nachlass von Martin Buber in der National Library of Israel (NLI). Die digitale Edition ist zugleich ein Baustein in der internationalen Forschung zur deutsch-jüdischen Geistes-, Kultur- und Intellektuellengeschichte, der programmatisch für eine Internationalisierung in den Digitalen Geisteswissenschaften in diesem Forschungsfeld steht und auf eine intensive Zusammenarbeit mit Forscherinnen und Forschern vor allem in Israel und in den USA zielt. In diesem und anderen Briefnachlässen wird das Erbe einer durch den Nationalsozialismus und die Shoah zerstörten und teilweise ins Exil geretteten deutsch-jüdischen Kultur, Geisteswelt und Beziehungsgeschichte erschlossen und bewahrt. Die im Jerusalemer Nachlass und in anderen Archiven in Europa, Israel und den USA aufbewahrten Briefwechsel werden als historisch-kritische Open Source Edition einschließlich einer digitalen Netzwerkanalyse verfügbar gemacht. Die Gesamterschließung sieht zunächst die Faksimilierung der Briefe und deren Erschließung durch Metadaten und ggf. Briefregesten vor. In einer zweiten Stufe werden ausgewählte Quellen transkribiert und mit einem historisch-kritischen Kommentar versehen.

Das Projekt ist auf eine Gesamtdauer von 24 Jahren ausgerichtet und hat ein Fördervolumen von 383.000 € pro Jahr, mit Arbeitsstellen an der Goethe-Universität Frankfurt am Main und der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Die Projektleitung liegt bei Prof. Dr. Christian Wiese (Goethe-Universität Frankfurt) und Prof. Dr. Martin Leiner (Friedrich-Schiller-Universität Jena), in Kooperation mit Prof. Dr. Abigail Gilman (Boston University).

Erich Wolfgang Korngold Werkausgabe (EWK-WA)

Erich Wolfgang Korngold (1897–1957) zählt zu den herausragenden Größen der Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts. Dass seine Werke vom Rand des Repertoires in dessen Mitte vorgerückt sind, ist umso bemerkenswerter, als der jüdische Künstler nach dem Aufführungsverbot 1933 und der Emigration in die USA 1938 beinahe dem Vergessen anheimgefallen wäre. Dabei besticht Korngolds Œuvre nicht nur durch eindrucksvolles handwerkliches Können: Seine Werke, ihre Rezeption und die Biographie des Komponisten lassen die zentralen musik­historischen Entwicklungen der Moderne und Postmoderne wie unter einem Brennglas sichtbar werden.

In den 1920er Jahren – spätestens nach der Uraufführung der Oper »Die tote Stadt« (1920) – zu einem der meistgespielten Komponisten aufgestiegen, sah sich Korngold durch das Festhalten an der Tonalität schon bald in die Rolle einer Gegenfigur zur musikalischen Avantgarde gedrängt. Der ästhetischen Kontroverse folgte der biographische Bruch . Aufgrund seiner jüdischen Herkunft wurde Korngold in die Emigration gezwungen. Schon seit 1934 hatte er zeitweise in Hollywood für den Film gearbeitet und maßgeblich das Idiom dessen geprägt, was bis heute als typischer »Hollywood-Sound« gilt. Paradoxerweise war es ausgerechnet diese bahnbrechende Arbeit für den Film, die Korngold nach dem Zweiten Weltkrieg zum Schaden gereichte. Sein Versuch, sich in Europa wieder mit Werken für die Opernbühne und den Konzertsaal zu etablieren, scheiterte just an der Stigmatisierung als Filmmusikkomponist. Erst in den letzten Jahren erfuhr er auf den Opern- und Konzertbühnen eine Renaissance; die editionsphilologische Aufarbeitung seiner Werke steht indessen noch aus. In der EWK-WA werden sämtliche musikalische Werke – mit Ausnahme der Operettenbearbeitungen – ediert. Vor allem die Edition der Filmmusiken, die erst philologisch erschlossen werden müssen, zielt innerhalb des geplanten Vorhabens auf die Schaffung methodischer Grundlagen für dieses Genre.

Das Ziel der EWK-WA ist es, die Werke Erich Wolfgang Korngolds in einer kritischen Ausgabe mit gedruckten Bänden und digitalen, internetbasierten Komponenten zugänglich zu machen.

Die ›Korngold Werkausgabe‹ ist neben der Ausgabe der ›Sämtlichen Werke‹ von Arnold-Schönberg und der ›Bernd Alois Zimmermann-Gesamtausgabe‹ das dritte musikwissenschaftliche Editionsvorhaben zu einem Komponisten des 20. Jahrhunderts im Akademienprogramm, das von der Akademie der Wissenschaften und der Literatur | Mainz koordiniert wird. Das gemeinsam mit der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften durchgeführte Projekt hat eine Laufzeit von 25 Jahren und wird mit 388.000 € pro Jahr gefördert. Die drei Arbeitsstellen befinden sich an der Humboldt-Universität zu Berlin, der Hochschule für Musik und Theater Rostock, sowie der Goethe-Universität Frankfurt. Die Projektleitung liegt bei Prof. Dr. Arne Stollberg (Humboldt-Universität zu Berlin) und Prof. Dr. Friederike Wißmann (Hochschule für Musik und Theater Rostock).

Das gemeinsame Forschungsprogramm der deutschen Wissenschaftsakademien – das Akademienprogramm –  dient der Erschließung, Sicherung und Vergegenwärtigung unseres kulturellen Erbes. Es ist derzeit das größte geistes- und sozialwissenschaftliche Forschungsprogramm Deutschlands und ist international einzigartig. Seit 1979/80 wird es von Bund und Ländern gemeinsam finanziert. Innerhalb des von der Akademienunion koordinierten Akademienprogramms  bearbeiten ca. 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter insgesamt rund 150 Projekte in knapp 200 Arbeitsstellen. Mit den in den Forschungsstellen erarbeiteten Editionen, Wörterbüchern und Textcorpora schaffen die Akademien zentrale Wissensspeicher für die Zukunft, die Wissenschaft und Öffentlichkeit – zunehmend auch digital – zur Verfügung stehen.

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