Kann man von einer Hochschule sagen, sie sei ‚mittleren Alters’? Oder ist sie gar schon eine ‚Oma’? Die Mannheimer Musikhochschule ist verwurzelt in Tradition seit 255 Jahren als unter Förderung des kurfürstlichen Hofs am Seminarium musicum des Jesuiten-Kollegs „arme pfälzische Studenten“ in der Vokal- bzw. Instrumentalmusik unterrichtet wurden. Die Mannheimer „Tonschule“ der 1770er diente der professionellen Ausbildung von Berufsmusikern und wird als früher Vorläufer der heutigen Musikhochschulen angesehen, die Academie de Danse glänzte schon im 18. Jahrhundert mit Höchstleistungen. Trotz der langen Geschichte ist ihre staatliche Trägerschaft ein recht modernes Phänomen: vor 40 Jahren, also 1971, schlossen sich die „Städtische Hochschule für Musik und Theater Mannheim“ und die „Staatlich anerkannte Hochschule für Musik und Theater Heidelberg“ zur „Staatlichen Hochschule für Musik Heidelberg-Mannheim“ zusammen, aus der die heutige Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim hervorging.

Eine Hochschule, viele Standorte

Die Präsenz der Hochschule in gleich zwei Städten sorgte für administrative Doppelungen, sodass der Zusammenschluss aller Bereiche im Campus Mannheim angestrebt wurde. Der Weg dorthin war lang. „Es gab in Mannheim von A1 bis R7 kaum ein Quadrat, in dem die Hochschule nicht einmal zeitweise vertreten war, nicht selten in Räumen mit reinem Behelfscharakter. Als die Akademie des Tanzes in der Keplerstraße untergebracht war, konnten z.B. keine Hebefiguren einstudiert werden – die Deckenhöhe gab es nicht her“ verrät Professor Rudolf Meister, Präsident der Hochschule. In Heidelberg war eine ausgeklügelte Unterrichtsdisposition nötig, da die Wände nicht schalldicht waren.

Nachdem die Hochschule ab den 70ern das Hochhaus im Quadrat L15 am Mannheimer Hauptbahnhof genutzt hatte, verbesserte sich die Situation mit dem Umzug ins alte Siemens-Haus im N 7 im Jahr 1991. Die Gründung des Ausbildungsbereichs Jazz und Popularmusik ergänzte bald darauf ihr Angebot im Bereich der U-Musik, und alle Studieneinrichtungen wurden schließlich 2000 mit der Errichtung des ans Siemens-Haus angrenzenden Neubaus in Mannheim unter einem Dach vereinigt.

Die Hochschule heute und morgen

Derzeit zählt die Hochschule über 600 Studierende, die in Mannheim zu Orchester- und Ensemblemusikern, Solisten, Lehrern oder Tänzern ausgebildet werden. Auch hier hat die Bologna-Reform Einzug gehalten, jüngst wurde die Abteilung Jazz und Popularmusik akkreditiert und der Lehre ein hoher Stellenwert bescheinigt. Internationale Kontakte florieren und sorgen für regen Austausch von Lehrenden und Studierenden.

Dass die Hochschule sich nach wie vor an zeitgenössischen Anforderungen orientiert, zeigt die neu eingerichtete Professur für künstlerische Medienpraxis. Auch die neue Professur für Musikermedizin wird dazu beitragen, Mannheim als attraktive Ausbildungs-Adresse zu festigen. Der neue Studiengang Musikforschung, der sich aus den Disziplinen Musikwissenschaft, -theorie und Medienpraxis speist, bereitet die Studierenden auf den Arbeitsmarkt vor.

„Nach wie vor fehlt der Hochschule aber ein eigener Konzert- und Theatersaal, der die Präsentation großer Bühnenwerke ermöglicht, vor allem aber zur Qualitätssicherung der Ausbildung dienen soll. Dieser Handlungsbedarf ist seit Jahrzehnten bekannt und soll anlässlich des Jubiläums wieder in den Mittelpunkt rücken. Wir wollen, dass Mannheim auch zukünftig eine erstklassige und wettbewerbsfähige Ausbildungsstätte bleibt“, erläutert Rudolf Meister. Somit soll das Jubiläum als Auftakt einer Fundraising-Kampagne dienen unter dem Motto „Spielraum für die Stars von morgen“.